Wenn Schwimmbäder auf dem Trockenen sitzen
Im Keller des Schwimmbads von Axams bei Innsbruck nagt der Rost an Hebeln und Schrauben der Technikanlage. Über Jahrzehnte hinweg hat sich aus einem offenen Überlaufbecken entweichendes, chlorhaltiges Wasser auch in den Beton des Schwimmbads gefressen.
Die riesige Wanne wird mit provisorisch eingebauten zusätzlichen Pfeilern gestützt, damit sie nicht womöglich eines Tages herunterbricht.
Für Badegäste besteht in diesem 1976 eröffneten Hallenbad aber keine Gefahr. Im vergangenen Herbst hat die Gemeinde die Reißleine gezogen und den Badebetrieb eingestellt, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. „Wir sind von einer Reparatur in die nächste gestolpert“, sagt Bürgermeister Thomas Suitner, der im ausgelassenen Becken steht.
Mit Wasser wird es nie mehr wieder gefüllt. So marode und veraltet die ganze Anlage ist, macht aus Sicht des Ortschefs nur noch ein Neubau Sinn, der auf 30 Millionen Euro kommt. Eine Totalsanierung hätte 20 Millionen Euro gekostet. „Aber wir würden die neue Technik nicht mal in den alten Keller bekommen.“
Lücken in der Versorgung
In einer vergangene Woche von der Tiroler Landesregierung präsentierten Bäderstudie wird Axams als ein Standort ausgewiesen, der für die Grundversorgung der Bevölkerung mit Schwimmflächen Priorität hat. Um das ausgegebene Ziel, dass jedes Kind im Bundesland schwimmen lernen soll, zu erreichen, würde es auch neue Hallenbäder im Unter- und im Oberland brauchen.
Ein mit 75 Millionen Euro dotierter „Bäderfonds“ soll die notwendigen Mittel bereitstellen. Es bestehen aber erhebliche Zweifel, dass das Geld reicht. Der Investitionsbedarf in Standortgemeinden – sei es für Neubauten oder Sanierungen ist enorm. Die Kommunen knabbern aber schon schwer an den Abgängen, die laut Suitner zwischen 300.000 bis 500.000 Euro jährlich betragen.
„Es gibt kein Bundesland, in dem es diese Herausforderungen nicht gäbe“, sagt Kurt Staska von der Sparte Bäder bei der Wirtschaftskammer Österreich, Ex-Bürgermeister von Baden (NÖ). In den 1970er-Jahren gab es quer durchs Land einen regelrechten Bäderbauboom. „Da war noch Geld da und im Sinne des Kirchturmdenkens hat jeder Bürgermeister gesagt: Ich brauche ein Hallen- oder ein Freibad.“
Wie in Axams sind viele dieser Anlagen in die Jahre gekommen. Gleichzeitig wird das Geld in den Gemeindekassen immer knapper. Allein in Tirol wurden in den vergangenen Jahren über 60 Bäder geschlossen. Nicht nur in diesem Bundesland fehlt es zunehmend an Schwimmflächen. „Wir wissen, dass die Hälfte der Volksschulkinder nicht über ausreichend gute Schwimmkenntnisse verfügt. Es gibt aber sehr oft sehr weite Anfahrten für Schulklassen, um überhaupt den vorgeschriebenen Schwimmunterricht absolvieren zu können“, sagt Staska.
Jenseits des Kirchturms
Aus seiner Sicht braucht es Gemeindekooperationen, mit denen Regionalbäder finanziert werden müssten – ein Modell, das nun auch in Tirol forciert werden soll. Dass es nicht nur darum geht, Raum für ein beliebtes Freizeitvergnügen zu schaffen, zeigt die aktuelle Schwimmstudie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. Acht Prozent der Österreicher können demnach nicht schwimmen. Jedes sechste Kind, das kann, hat Schwimmen in der Schule erlernt. Entsprechend wichtig ist der Zugang zu Wasserflächen.
Gezerre um den Geldtopf hat begonnen
50 Millionen Euro kommen vom Land und sind für Neubauten und Sanierungen reserviert. 25 Millionen Euro steuern Gemeindeverband und Tourismus bei, die für den laufenden Betrieb von Hallenbädern dienen sollen. Das sind die Eckpfeiler des von der Tiroler Landesregierung präsentierten Modells eines „Bäderfonds“, der Fortführung und Neubau von notwendigen Bädern sichern soll.
Aus Sicht der Wirtschaftskammer hätte es doppelt so viele Mittel benötigt. Für den Neubau des für die Grundversorgung mit Schwimmflächen notwendigen Hallenbads in Axams (siehe links) bräuchte es laut Bürgermeister Thomas Suitner alleine 20 Millionen Euro vom Land sowie weitere 10 Millionen Euro von Umlandgemeinden, seiner eigenen Gemeinde und vom regionalen Tourismusverband.
Kaum war das neue Finanzierungsmodell präsentiert, meldete zuallererst die Gemeinde Ehrwald bzw. deren Bürgermeister und der Obmann des regionalen Tourismusverbands Ansprüche auf Unterstützung an. Sie wollen das geschlossene Hallenbad im Ort reaktivieren. Investitionsvolumen 9,5 Millionen Euro. In der Bäderstudie ist das Bad aber nicht prioritär gelistet.
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