Wenn der Chefankläger selbst auf der Anklagebank sitzt

Wenn der Chefankläger selbst auf der Anklagebank sitzt
Dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft in Wien wird heute in Innsbruck der Prozess gemacht. Vorwurf: Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage.

Die Angelegenheit ist heikel. Ausgerechnet der Chefankläger muss sich vor Gericht verantworten. Dem leitenden Wiener Oberstaatsanwalt Johann Fuchs wird heute, Freitag, im Landesgericht Innsbruck der Prozess gemacht. Hintergrund  - ein Verfahren im Osten Österreichs wäre aus Befangenheitsgründen nicht möglich.

Fuchs wird die Verletzung des Amtsgeheimnisses und falsche Beweisaussage im Ibiza-U-Ausschuss vorgeworfen. Nur ein einziger Zeuge ist geladen: Der ehemalige Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek. Der einst mächtige Beamte ist aktuell suspendiert, ein Verfahren gegen ihn wegen Verletzung des Amtsgeheimnissen in derselben Sache endete mit einem Freispruch; nicht rechtskräftig.

Auf den Schlips getreten

Wie Pilnacek, hatte auch Fuchs seit eh und je seine Probleme mit der ihm unterstellten Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Im Dezember 2020 soll er Pilnacek verraten haben, dass die WKStA eine Anzeige gegen eine Presse-Journalistin vorbereite. Diese hatte zuvor kritisch über die Behörde berichtet, bei der WKStA fühlte man sich auf den Schlips getreten.

Pilnacek wiederum informierte eine Journalistin über die Anzeige. "Ja, mir ist das passiert", räumte er bei seinem Verfahren ein. Er sei über die Anzeige der WKStA empört gewesen. Woher er sein Wissen bezog, wollte er in seinem Prozess allerdings nicht sagen.

Schnelle Information

Allerdings war Pilnacek äußerst zeitnah im Bilde - nur kurz davor hatte die Oberstaatsanwaltschaft den Akt bekommen. In einem Interview mit dem Standard erklärte Fuchs' Anwalt Martin Riedl, dass der Austausch mit Pilnacek kein Bruch des Amtsgeheimnisses gewesen sei - innerhalb einer Behörde dürfe man mit anderen kommunizieren, die ebenfalls der Amtsverschwiegenheit unterliegen.

Der zweite Vorwurf gegen Fuchs betrifft die angebliche falsche Beweisaussage. Fuchs hatte bei seinem Auftritt im Ibiza-Untersuchungsausschuss im März 2020 erklärt, sich nicht erinnern zu können, Aktenteile in der Sache weitergegeben zu haben. "Ich kann das weder bestätigen noch ausschließen." In diesem Punkt seien die Fragen der Abgeordneten zu unkonkret gewesen, gab Fuchs-Anwalt Riedl an.

Fuchs wurde zwischenzeitlich suspendiert. Der OGH hob die Suspendierung allerdings wieder auf.

Die Verhandlung in Innsbruck ist ganztätig anberaumt.

Kommentare