Waffenpass-Diskussion neu entflammt

Polizisten sollen auch in der Freizeit Waffen tragen dürfen
Soll jeder Polizist das Dokument bekommen? Die Verlässlichkeit ist der springende Punkt.

Ein 23-jähriger Polizist soll mit seiner Dienstwaffe seine schwangere Freundin erschossen und den gemeinsamen Sohn erwürgt haben. Dann brachte er die Leichen auf eine Wiese in der Steiermark. Österreich ist geschockt. Und gerade jetzt ist ein Gesetzesentwurf in Begutachtung, der es Polizisten erlauben soll, auch in ihrer Freizeit Waffen zu tragen.

Rund 73.000 Österreicher besitzen aktuell einen Waffenpass. Doch sollten auch alle Polizisten Anspruch auf das Dokument haben? "Nein", ist der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz überzeugt und bringt ein anderes Beispiel: "Wollen wir wirklich Polizisten, die als alkoholisierte Amokfahrer auf dem Radweg fahren – dann auch noch bewaffnet?", spielt Pilz auf einen Fehltritt des ehemaligen blauen Sicherheitssprechers und (karenzierten) Polizisten Erich Königsberger an.

Die Disziplinarkommission veröffentlichte jüngst zwei weitere bedenkliche Fälle: Ein depressiver Polizist griff im Krankenstand bei einem privaten Streit zu seinem (Dienst-)Pfefferspray und sprühte um sich, lenkte mit 1,12 Promille ein Auto, beschimpfte einen Kollegen und tätigte EKIS-Abfragen.

Eine Revierinspektorin wiederum soll ihren ehemaligen Geliebten erpresst, verfolgt und bedroht haben. Schließlich soll sie sogar die Dienstwaffe auf den Ex gerichtet haben: "Glaubst du, dass ich dich nicht umbringen kann?"

"Auch ein Polizist muss künftig für den Waffenpass seine Verlässlichkeit beweisen. Was wegfällt, ist, dass er den Nachweis für eine Gefährdung erbringen muss", sagt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums.

Schutz

Dem obersten Polizei-Gewerkschafter, Reinhard Zimmermann, geht es beim Waffenpass vor allem um eines: den privaten Schutz von Beamten. "Als Polizisten sind wir immer eine Zielscheibe." Er selbst hat seit 35 Jahren einen Waffenpass. Wie viele Kollegen einen beantragen werden, kann er nicht abschätzen. "Ob es 5000 oder 300 sind – das werden wir erst sehen."

Und er spricht seinen Kollegen auch die Eignung dafür zu. "Jeder Polizist, der im Dienst Waffenträger ist, ist auch dazu geeignet, ohne Uniform eine Waffe mit sich zu tragen." Teil des Aufnahmeverfahrens für Polizisten ist unter anderem ein psychologischer Eignungstest.

Ob ein Polizist verlässlich ist und somit Anspruch auf den Waffenpass hat, muss schlussendlich die zuständige Bezirkshauptmannschaft, der Magistrat oder das Stadtpolizeikommissariat entscheiden. Eine Suspendierung allerdings wäre nicht automatisch ein Grund für den Verlust des Dokuments. "Das ist in einem gesonderten Verfahren zu prüfen."

In Bayern ist das Tragen von Waffen bei Polizisten in der Freizeit eingeschränkt. Sie dürfen dort bei öffentlichen Veranstaltungen wie Volksfesten und Fußballspielen oder bei Fahrten ins Ausland privat keine Waffe tragen. Ebenso im Urlaub, bei Krankheit oder wenn sie Alkohol getrunken bzw. Medikamente eingenommen haben. Sobald der Beamte in Pension geht, verfällt auch das Recht auf einen Waffenpass. All das ist in Österreich nicht geplant. "Einschränkungen sind im Entwurf nicht vorgesehen", sagt Grundböck.

Vertreter der Justizwache, des Bundesheeres und der Jägerschaft haben bereits den Wunsch nach einer Gleichstellung geäußert. Für das Innenministerium kein Thema. "Die Einzigen, die dazu verpflichtet sind, sich im Bedarfsfall auch in den Dienst zu stellen, sind Polizisten."

Zielscheibe

Für den Kriminalsoziologen Reinhard Kreissl ist die Maßnahme eine "symbolische Geschichte". "Schon im Polizeidienst gibt es sehr selten den Einsatz von Schusswaffen. Wie oft wird es der Fall sein, dass ein Polizist seine Waffe in der Freizeit einsetzt? Praktisch gar nicht." Zudem sei wohl "jeder normale Polizist" froh, wenn er nach Dienstschluss seine Waffe weglegen könne. Das glaubt auch der Grüne Peter Pilz. "Ich habe mit vielen Beamten gesprochen. Von ihnen würde damit automatisch erwartet werden, dass sie jederzeit im Dienst sind."

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