Vor Schwarz-Rot in Tirol: „ÖVP sollte Demut an den Tag legen“

In der Regierung Platter I (2008 bis 2013) war Reheis (li.) Soziallandesrat, Genosse Thomas Pupp  für Wohnbau zuständig
Gerhard Reheis ist überzeugt, dass eine Neuauflage von Schwarz-Rot funktionieren kann. Der bisher letzte rote LH-Stellvertreter erwartet sich aber schwarzes Entgegenkommen

Am Freitagnachmittag hat VP-Chef Anton Mattle noch einmal eine Gesprächsrunde mit den Grünen gedreht. Eine Partnerschaft mit dem bisherigen Regierungspartner und den Neos wäre die letzte noch verbliebene Möglichkeit für den 59-Jährigen, eine Dreier-Koalition zu bilden.

Innerhalb der Tiroler Volkspartei gibt es aber massiven Druck auf den künftigen Landeshauptmann, eine Zweier-Koalition mit der SPÖ von Georg Dornauer zu schmieden. Es wäre die Neuauflage einer Partnerschaft, die in Tirol schon nach Beendigung des Proporzsystems ab 1999 gemeinsam regiert hat, bis Günther Platter 2013 einen Schlussstrich zog und die Grünen ins Boot holte.

Ein Roter, der weiß, was es heißt, mit dominanten Schwarzen zu koalieren, ist Gerhard Reheis. In der letzten gemeinsamen Legislaturperiode war der heute 67-Jährige Soziallandesrat und am Ende auch noch Landeshauptmann-Stellvertreter.

„Kann funktionieren“

Vor den wahrscheinlich bald startenden Koalitionsverhandlungen – Überraschungen nie ausgeschlossen – ist Reheis mit Blick auf die Rückkehr zu Schwarz-Rot „überzeugt, dass das schon funktionieren kann“.

Für den Polit-Pensionär ist aber mit Hinblick auf die ÖVP klar: „Wenn man zehn Prozent verliert, muss man dem Koalitionspartner wahrscheinlich entgegenkommen – vor allem inhaltlich.“

Aber nicht nur: „Es erscheint mir legitim, auch über die Anzahl der Regierungsmitglieder zu reden.“ Denn es gäbe heute „grundsätzlich ganz andere Voraussetzungen“ als noch zu seiner Zeit.

Trotz Absturz stark

Auch 2008 hatte die ÖVP wie am vergangenen Sonntag rund zehn Prozent verloren, aber immer noch knapp über 40 Prozent der Stimmen und 16 der 36 Landtagsmandate erobert. Die SPÖ kam nur auf fünf Mandate, nachdem sie sogar über zehn Prozent Minus verkraften musste.

Das Stärkeverhältnis spiegelten sich in der Zusammensetzung der Regierung wieder: Die ÖVP stellte inklusive Landeshauptmann sechs Mitglieder, die SPÖ nur zwei. Nach Regierungseintritt der Grünen blieb es bei diesem Landesräte-Verhältnis zwischen großem und kleinem Koalitionspartner.

Nun aber sind sich ÖVP und SPÖ deutlich näher gekommen. Die ÖVP hat nach ihrem massiven Stimmverlust nur noch 14 Sitze – zwei weniger als noch in der letzten schwarz-roten Regierung. Die SPÖ kommt nunmehr auf sieben Mandate – zwei mehr als damals. Die Roten werden dementsprechend auch auf einen dritten Regierungssitz drängen, wenn es zu Koalitionsverhandlungen kommt.

Die Volkspartei ist weiter die klare Nummer eins. Und zwar mit „doppelt so vielen Mandaten wie der Zweite und der Dritte“, wie Mattle seit dem Wahlabend mehrfach betont hat und somit schon Muskelspiele im Koalitionspoker betrieben hat.

Tauschhandel

Angesichts des schwarzen Minus findet jedoch Gerhard Reheis: „Die ÖVP sollte schon eine gewisse Demut an den Tag legen.“ Innerhalb der Volkspartei ist man sich der möglichen Ansprüche der SPÖ im Klaren. Statt einem zusätzlichen Regierungsposten sollen im Falle zwei Sitze im Landtagspräsidium für die Roten angeboten werden.

Ob sich die SPÖ auf so einen Tauschhandel einlassen würde, erscheint fraglich. Denn Gestaltungskraft haben vor allem Landesräte und Landesrätinnen.

Bevor jedoch überhaupt über Positionen gesprochen wird, müssten beide Parteien aber inhaltlich zusammenfinden. Ob Schwarz-Rot kommt, hängt für Reheis in erster Linie daran: „Es wird daran liegen, welches Programm die SPÖ in ein Regierungsprogramm einbringt.“ Über das Wochenende dürfte sich entscheiden, mit wem die ÖVP verhandeln will.

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