Vierte Welle: Warum der Corona-Herbst trotz Impfung brenzlig wird

Vierte Welle: Warum der Corona-Herbst trotz Impfung brenzlig wird
Die Intensivstationen sind so stark belegt, wie 2020 erst Ende Oktober – kurz vor dem „Lockdown light“. Angespannt ist die Lage in Oberösterreich

Die Pandemie hat gezeigt: Ist das Infektionsgeschehen erst einmal richtig in Fahrt, hilft nur noch die harte Bremse. Aber einen Lockdown will niemand mehr: Anders als noch vor einem Jahr, verzichtete die Bundesregierung bisher auf weitreichende Beschränkungen, um die Kurve abzuflachen.

Gleichzeitig ist jener Wert, der letztlich die Notwendigkeit des Gegensteuerns der Politik bestimmt, schon bedenklich hoch: die Belegung der Intensivstationen mit Covid-Patienten. 149 Menschen liegen dort bereits.

Wie vor dem "Lockdown light"

Das entspricht etwa jenem Niveau, das in der ersten Herbstwelle der Covid-Krise im Jahr 2020 erst am 21. Oktober (147 Fälle) erreicht wurde – wenige Tage, bevor am 3. November der „Lockdown light“ in Kraft trat, dem bald darauf der zweite harte folgte.

„Das will ich mir gar nicht ausmalen“, sagt Kärntens Intensivbetten-Koordinator Rudolf Likar auf die Frage, wie die Lage ohne die Impfung – 58,5 Prozent der Menschen in Österreich sind vollimmunisiert– wäre. In Kärnten lagen am Freitag acht an Covid-19 Erkrankte auf der Intensivstation.

„Wir hatten zehn Patienten, aber zwei sind leider gestorben“, bedauert der Mediziner. „Ungeimpfte Menschen, 50 und 55 Jahre alt. Es ist die Erkrankung der Ungeimpften geworden.“

Vierte Welle: Warum der Corona-Herbst trotz Impfung brenzlig wird

Corona-Intensivstation

Das System trage die Belastung noch, aber: „Ein Covid-Patient liegt bis zu drei Wochen auf der Intensivstation, das ist das Problem. Ein Herzpatient ist nach einem Tag wieder draußen, wenn’s gut geht.“ Von den nunmehr acht Intensivpatienten in Kärnten sind sechs nicht geimpft, zwei schon.

„Natürlich kann es Impfdurchbrüche geben“, erläutert Likar. „Aber diese Fälle bei uns sind Risikopatienten mit Vorerkrankungen. Und sie überleben dank der Impfung.“

„Systemgefährdend“

Die neueste Einschätzung der Ampelkommission ist eindeutig: Demnach könne „eine systemgefährdende vierte Epidemiewelle“ nur dann verhindert werden, wenn es zu „einer raschen Erhöhung der Durchimpfungsrate auf zumindest 70 Prozent“ komme.

Zudem müssten „verstärkte Schutzmaßnahmen“ ergriffen werden.

Das Covid-Prognose-Konsortium rechnet damit, dass bis Mitte September bereits wieder mehr als 200 Covid-Intensivpatienten in Österreich behandelt werden müssen. In Vorarlberg und Oberösterreich könnte bis dahin sogar die systemkritische 33-Prozent-Grenze beim Belag überschritten werden.

In Oberösterreich hat sich die Zahl der Intensivpatienten zuletzt innerhalb von zwei Wochen fast vervierfacht – im Bundesgebiet im selben Zeitraum dagegen etwas mehr als verdoppelt. Das Bundesland hat die niedrigste Impfquote (53,9 Prozent).

„Der Grund der steigenden Zahlen in Oberösterreich liegt, wie auch in den anderen Bundesländern, vorwiegend daran, dass durch die hohe Infektiosität der urbane Bereich deutlich mehr betroffen ist“, sagt Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander (ÖVP).

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VP-Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander

Und Oberösterreich habe im Zentralraum eine hohe Bevölkerungsdichte mit entsprechenden besseren Verbreitungsmöglichkeit für ein sich zwischen den Menschen verbreitendes Virus.

80 Prozent Rückkehrer

Wels hat (gefolgt von Linz) aktuell die höchste 7-Tages-Inzidenz Österreichs. FPÖ-Bürgermeister Andreas Rabl erklärt die Lage in seiner Stadt so: „Mehr als 80 Prozent der Infizierten sind Reiserückkehrer.“ Der Wert sei im Vergleich zu anderen Städten eklatant hoch. Eklatant niedrig ist im Städtevergleich hingegen die Impfquote in Wels – nämlich gerade einmal 50,8 Prozent.

Wie viel größer das Risiko, schwer zu erkranken, für Ungeimpfte im Vergleich zu Geimpften ist, zeigt sich in den Spitälern. In Oberösterreich sind 25 von 28 Menschen, die derzeit eine Intensivpflege benötigen, ohne vollständigen Impfschutz. Aus Wien heißt es, dass in den vergangenen drei Wochen „im Durchschnitt 96,9 Prozent der Intensivpatienten nicht vollständig immunisiert“ waren.

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