Kinderarzt: "Für Ungeimpfte fehlt mir jedes Verständnis"

Kinderarzt: "Für Ungeimpfte fehlt mir jedes Verständnis"
Der Chef der Innsbrucker Kinderklinik ärgert sich über fehlende Impfbereitschaft

Professor Thomas Müller, Direktor der Universitätsklinik für Pädiatrie in Innsbruck, sieht die Situation für Kinder vor Schulstart kritisch.

KURIER: Wie gefährlich ist die Situation für Kinder?

Thomas Müller: Bei der vorherrschenden Delta-Variante müssen wir davon ausgehen, dass die Infektionen bei nicht geimpften Kindern ansteigen werden. Es gibt aber keinen gesicherten Hinweis, dass Delta schwerere Verläufe bei Kindern hat. Je mehr Infektionen wir bei Kindern sehen, desto mehr Hospitalisierungen könnte es geben. Das individuelle Risiko für einen schweren Verlauf bleibt aber aus meiner Sicht gering.

Nur jeder vierte Schüler von 12 bis 15 dürfte geimpft sein. Verstehen Sie die Vorsicht?

Es gibt aus meiner Sicht als Kinderarzt und Vater keinen Grund, ab 12 Jahren ein Kind nicht zu impfen. Mir fehlt für jene, die sich und ihre Kinder nicht impfen lassen, aber Angst vor der Infektion haben, das Verständnis. Wer sagt, man hat Angst um sein Kind oder sich selbst, dem kann man nur antworten, dass es millionenfache positive Erfahrungen mit der Impfung bei Kindern gibt. Wenn sich die ganze Familie nicht impft, wird diese mit hoher Wahrscheinlichkeit im Laufe der nächsten Monate infiziert werden.

Und bei chronisch kranken Kindern unter 12 Jahren?

Selbst bei unter 12-jährigen chronisch kranken Kindern kann man sehr wohl im Einzelfall erwägen, das Kind zu impfen. Das nennt sich „off label use“, außerhalb der Zulassung. Das ist nicht verboten, geimpft wird mit einer reduzierten Dosis Pfizer und nach umfassender Aufklärung und gesonderter Einwilligung der Eltern. Außerhalb der Zulassung heißt nicht, dass der impfende Arzt haftet, sondern dass er eine erhöhte Aufklärungspflicht hat. Das wäre aus meiner Sicht eine gute Option für besorgten Eltern für Kinder unter 12.

Denken Sie, die Test- und Quarantäneregeln für die Schulen klappen?

Grundsätzlich Ja. Mit etwas Sorge sehe ich jedoch, dass es keine Empfehlungen für Quarantäneregelungen in der Schule gibt. Wenn in der Klasse ein Kind positiv ist, müssen alle PCR-negativen K1 SchülerInnen dann auch 10 Tage zu Hause bleiben oder könnten sie mit Maske und negativen PCR–Tests alle 48 Stunden nicht doch weiter am Unterricht teilnehmen? BG

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