Ansprüche im Millionen-Bereich: ÖBB mussten Rekordsumme an Passagiere zahlen

Ansprüche im Millionen-Bereich: ÖBB mussten Rekordsumme an Passagiere zahlen
120.974 Anträge mit Anspruch auf Rückerstattung sind 2023 bei den ÖBB eingegangen – so viele wie nie zuvor. Die Gründe dafür sind mannigfaltig.

Viel Geduld. Das war es, was Zugpassagiere im vergangenen Jahr mitbringen mussten. Zugausfälle, Lieferverzögerungen bei neuen Garnituren und defekte Railjets dürften so manchem Passagier die Lust am Bahnfahren geraubt haben. 

Die Probleme aus dem vergangenen Jahr spiegeln sich auch in den Ticketrückerstattungen wider: Noch nie haben so viele Menschen Geld von der Bahn zurückverlangt wie im vergangenen Jahr.

Seit 2009 bekommt man in Österreich für eine Stunde Verspätung ein Viertel des bezahlten Ticketpreises zurück, ab 120 Minuten sogar die Hälfte. Im Jahr 2023 hat dieses Angebot bei den ÖBB zu Antrags- und Auszahlungsrekorden geführt. Innerhalb von neun Jahren haben sich die Anträge mehr als verfünffacht. 120.974 Bahnreisende bekamen im vergangenen Jahr einen Teil ihres Geldes zurück.

Streiks, Wetter, Railjets

Warum die Anträge im Jahr 2023 so „geballt“ waren, habe unterschiedliche Ursachen, heißt es von einem Sprecher der ÖBB. Zum einen seien im vergangenen Jahr so viele Passagiere wie nie zuvor mit der Bahn unterwegs gewesen. Dazu komme, dass die Fahrgastrechte – also die Möglichkeit auf Rückerstattung – durch Kommunikationsoffensiven immer bekannter werden.

Zum anderen hätten aber auch die Streiks in Deutschland, die Extremwetterereignisse mit Schnee-Chaos im vergangenen Dezember und die rund einen Monat lang ausgefallenen Railjets zum Rekordwert an Anträgen und Auszahlungen geführt.

Wie viel Geld aufgrund all dieser Ursachen von den ÖBB an die Passagiere geflossen ist, ist nicht bekannt. Die Finanzzahlen werden aus Wettbewerbsgründen nicht veröffentlicht, wie es vom Sprecher heißt.

Rund zwei Millionen Euro

Noch vor 10 Jahren war das anders: Auf KURIER-Anfrage haben die ÖBB damals bekannt gegeben, dass im Jahr 2012 rund 21.000 Anträge gestellt und daraufhin 360.000 Euro ausbezahlt wurden. Im Jahr darauf waren es 34.933 Anträge und mehr als 625.000 Euro.

Rechnet man den Mittelwert der beiden Beträge auf die anspruchsberechtigten Anträge von 2023 hoch, ergibt das eine Summe von rund zwei Millionen Euro, die die ÖBB an Fahrgäste ausbezahlt haben dürften. Zur Gänze vergleichen lassen sich die Zahlen aber freilich nicht, schließlich erhält jeder Fahrgast je nach Ticketpreis und Verspätung unterschiedlich viel Geld zurück.

Schlichtungsstelle

Deutlich konkreter sind die Zahlen der Schlichtungsstelle „Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte“ (APF), die einspringt, wenn sich die Passagiere nicht direkt mit dem Bahnunternehmen einigen können. Die Anzahl der abgeschlossenen Verfahren hat im vergangenen Jahr auch hier einen Rekordwert von 978 erreicht (siehe Grafik). Und das spiegelt sich in den Auszahlungen wieder: Mussten die österreichischen Bahnunternehmen 2015 nur 20.804 Euro an die Passagiere auszahlen, waren es im vergangenen Jahr schon 103.705 Euro. Über 90 Prozent dieser Verfahren wurden gegen die ÖBB geführt.

Hauptursachen für die von der APF abgewickelten Verfahren waren 2023 Entschädigungen, sagt der Sprecher der APF. Vor allem Fahrscheine, die versehentlich gekauft und nicht zurückgegeben werden konnten, und Störungen im Nachtzugverkehr waren das Problem. „Bei der APF landen die komplexeren Fälle. Verfahren zu eindeutigen Verspätungsentschädigungen werden von den Bahnunternehmen relativ effizient abgehandelt“, sagt der Sprecher der APF.

Dafür spricht auch, dass die Bearbeitung der (zahlreichen) Anträge auf Rückerstattung bei den ÖBB mittlerweile teilautomatisiert passiert. Für die Zukunft sei sogar geplant, dafür die KI (Künstliche Intelligenz) einzusetzen, heißt es von den ÖBB. Zumindest bei der Rückerstattung ist damit keine Geduld mehr erforderlich.

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