Verdacht auf Amtsmissbrauch: Anzeige gegen WKStA
"Verdächtige: Mitarbeiter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen (Verdacht des) Amtsmissbrauchs und Verletzung des Amtsgeheimnisses" - So steht es in einer Sachverhaltsdarstellung, die dem KURIER vorliegt. Darin aufgelistet sind brisante Verdachtsmomente gegen die WKStA. Gerichtet ist das Schreiben an die Oberstaatsanwaltschaft Wien, Verfasser ist der ehemalige Nachrichtendienst-Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) beziehungsweise sein renommierter Anwalt Otto Dietrich.
Der einstige Spitzenbeamte P., der als ÖVP-nahe gilt, wurde im Vorjahr wegen Amtsmissbrauchs angeklagt. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, als Spionagechef mutmaßliche nordkoreanische Agenten „ausspioniert“ zu haben. Das Verfahren endete schließlich mit einem Freispruch. P. muss dennoch seither von der Mindestsicherung leben.
In dem zehnseitigen Dokument beschreibt P. jetzt Merkwürdigkeiten bei den Ermittlungen gegen ihn:
So wurde der ermittelnde Chefinspektor B. der WKStA dienstzugeteilt und unterstellt. Besagter Polizist habe sogar auf dem Briefpapier der WKStA Amtsvermerke erstellt und eine eigene @justiz.gv.at-Mailadresse gehabt. Ein ungewöhnlicher Vorgang, weil die Zuteilung von Chefinspektor B. zur WKStA „der verfassungsrechtlichen vorgegebenen Aufgabenteilung zwischen Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft widersprochen“ habe und somit „klar gesetz- und verfassungswidrig“ sei, wie ausgeführt wird.
Dazu komme, dass der Ermittler gegen den früheren BVT-ler P. „mehrere strafrechtliche Vorwürfe erhoben“ habe. Aus diesem Grund ersuchte P. damals den Ermittler B., die Vorwürfe zu konkretisieren. Er stellte dazu auch einen Antrag auf Akteneinsicht an die WKStA. Doch es antwortete überraschenderweise nicht die WKStA, heißt es weiter, sondern der prominente Anwalt Meinhard Novak als Rechtsvertreter des Beamten B.
Detail am Rande: Novak war interessanterweise im parlamentarischen Untersuchungsausschuss auch die Vertrauensperson von Staatsanwältin Ursula Schmudermayer, die in der WKStA just für diesen BVT-Akt zuständig ist.
Beweise sind im Akt?
In Novaks Schreiben sollen auch geheime Informationen auftauchen, die eigentlich nur der WKStA selbst bekannt sein dürften. „Bei den in den Briefen von Anwalt Novak enthaltenen Informationen muss es sich folglich um Umstände handeln, die dem Amtsgeheimnis unterliegen“, heißt es in der Anzeige.
„Die von ihnen angesprochenen Vorwürfe sollten Ihnen bekannt sein, (…) befinden sich doch entsprechende Beweise seit 2018 im Akt“, schrieb Anwalt Novak an P.. "Der Beweis zur Causa 'Passrohlinge' erliegt ebenfalls seit Dezember 2018 im Akt."
Verschlussakt
P. wirft der WKStA weiters vor, einen Antrag auf Akteneinsicht an Anwalt Novak „als verlängerten Arm der WKStA ausgelagert“ zu haben, obwohl es sich dabei um eine „Verschlusssache“ handelt.
Anwalt Dietrich sieht noch ein Problem: Staatsanwälte, Richter oder sonstige Mitarbeiter können im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit „keine anwaltliche Hilfe holen, schon gar nicht, wenn bei der anwaltlichen Beratung zwangsläufig Amtsgeheimnisse offengelegt werden müssen“. Brisant ist es deshalb, weil die WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda im Fall der Rechtsschutzbeauftragten der Justiz, Gabriela Aicher, genau mit dieser Argumentation kritisierte, dass diese einen Anwalt zwecks Beratung beigezogen hatte. Eine Amtstätigkeit und anwaltliche Beratung bzw. Vertretung wurden sinngemäß als nicht vereinbar hingestellt.
Die Vorwürfe werden zurückgewiesen. Anwalt Meinhard Novak sagt zum KURIER: „Jeder hat das Recht, sich anwaltlich vertreten zu lassen, Chefinspektor B. hat mir keine Amtsgeheimnisse verraten.“
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