Verbreitertes Angebot für Abtreibungen in Tirol gestartet

Eine Frau mit Schwangerschaftstest.
Bisher führte nur ein Gynäkologe Abbrüche durch. Nun haben zwei weitere Kolleginnen die Arbeit aufgenommen.

Bereits 2014 hat die damalige grüne Soziallandesrätin Christine Baur die Versorgungslage in Tirol für Frauen, die sich für den Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft entscheiden, als prekär bezeichnet. Zuvor hatten zwei von bis dahin drei Arztpraxen, die Abtreibungen durchführten, ihr Angebot eingestellt.

Die neue schwarz-rote Landesregierung hat sich nun nach den Wahlen vor einem Jahr darauf verständigt, „bedarfsgerechten, niederschwelligen, medizinisch qualitätsvollen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen.“

Dass Soziallandesrätin Eva Pawlata (SPÖ) kurz nach Amtstritt die Devise ausgegeben hatte, dass Abtreibungen „flächendeckend an allen öffentlichen Krankenhäusern“ möglich sein sollen, rief Abtreibungsgegner und die Kirche auf den Plan. Die ÖVP blockte das Vorhaben ab. Im Sommer fanden beide Parteien schließlich einen Minimalkompromiss.

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TIROL-LANDTAGSWAHL: GEMEINSAME PK ÖVP UND SPÖ: PAWLATA

SPÖ-Soziallandesrätin Eva Pawlata

Statt bislang nur ein privater Arzt in Innsbruck sollen künftig zwei weitere Ärztinnen im niedergelassenen Bereich Schwangerschaftsabbrüche durchführen, hieß es – keine Rede mehr von Krankenhäusern. Unklar war zunächst, ob das verbreiterte Angebot im Herbst oder erst im Frühjahr starten kann.

Wie Soziallandesrätin Pawlata nun auf Anfrage mitteilt, haben die zwei neuen Ärztinnen bereits im September ihre Arbeit aufgenommen – wenn auch noch nicht in den Räumlichkeiten, in denen sie künftig tätig sein werden.

„Mutige Frauen“ gefunden

Eine Website gibt es derzeit noch nicht, auch die Namen der Medizinerinnen wurden noch nicht genannt. „Sie haben die berechtigte Befürchtung, dass sie vor der eigenen Tür mit Demos zu kämpfen haben. Allein daran sieht man schon, wie schwierig die Situation ist“, erklärt Pawlata. Aber sie ist froh, dass sich „so mutige Frauen“ gefunden haben.

„Wir haben uns bereits ausgetauscht“, sagt Hans Joachim Wolf, der bis vor Kurzem der einzige verbliebene Arzt in Tirol war, bei dem Schwangerschaftsabbrüche möglich waren. Dass sich immer wieder Abtreibungsgegner vor dem Haus einfinden, in dem seine Praxis ist, sieht er gelassen und hat sich daran gewöhnt.

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Es würde auch keine Probleme geben. Frauen, die den Weg zu ihm suchen, dürften und würden auch nicht von den Demonstranten angesprochen. Zudem hätten die Abtreibungsgegner, denen er ihre Weltsicht zugesteht, Abstand von der Praxis zu halten, erklärt Wolf.

Dass er nun nicht mehr allein auf weiter Flur ist, begrüßt er: „Ich habe immer ohne Netz gearbeitet, durfte nicht ausfallen.“ Ungeachtet dessen sagt er aber auch: „Wir hatten kein Versorgungsproblem. Das war kein Notstand.“

Noch nicht im Pensionsalter

Pro Jahr gäbe es etwa 900 Kontaktanfragen. Im Durchschnitt würden dann in seiner Praxis nach ausführlichen Besprechungen mit den Betroffenen 750 Schwangerschaftsabbrüche – operativ oder medikamentös – erfolgen. Wolf versichert: „Wir wenden viel Zeit auf, um die Frauen zu betreuen und zu beraten.“ An Pension denkt der 60-Jährige noch nicht. Bis dahin habe er noch fünf Jahre.

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