Dass Paketaustragen sein Beruf werden würde, war Walter Nirschl nicht klar, als er 1994 als UEK begonnen hat: Urlaubsersatzkraft. Der gelernte Mechaniker ist „hängen geblieben.“ Er mag vieles an dem Job. Die Leute freuen sich, wenn sie ihn sehen, denn er bringt, im Gegensatz zum Kollegen mit den Briefen, ausschließlich gute Nachrichten.
Sein Rayon liegt in Ober St. Veit im 13. Wiener Gemeindebezirk. „Es ist wie im Dorf. Man kennt jeden. Hallo da, hallo dort.“ Nachteil: Die vielen alten Häuser ohne Aufzug. Paketaustragen ist Leistungssport. Laut Schrittzähler hat Herr Nirschl am Vortag 28.000 Schritte getätigt. Viele davon mehrere Stockwerke aufwärts. Und keine Mittagspause gemacht. Macht er nie, es ist ihm schade um die Zeit. Nur manchmal nimmt er sich eine Viertelstunde, um mit den Älteren, die Ansprache brauchen, zu plaudern.„Ham S’ heut was für mi?“ „Nein, heute nicht, hätt’ ja sein können, gell?“
Einmal hat er sich die Schulter verrissen, konnte keine Packerln austragen. Man hat ihm einen Job im Büro angeboten, genau eine Woche hat er’s ausgehalten. Nein, dafür ist Walter Nirschl, 46, definitiv zu jung.
Ein Paketzusteller blickt hinter viele Kulissen. Schaut in Wohnungen und sieht deren Bewohner, die um elf Uhr vormittags noch Schlafrock und Pyjama tragen. Er weiß, dass gerade die weniger Betuchten Trinkgeld geben, und er weiß, wer mit wem verwandt ist und wem man zur Not die Packerln geben kann, damit sich die Leute den Weg aufs Postamt ersparen: „Servas, du, i hätt’ was für Tür sechs, darf ich das bei dir lassen?“ Wer einen gelben Zettel im Postkastel findet, ärgert sich. Ganz vermeiden lässt sich’s aber nicht.
Der Mann mit den Paketen weiß Dinge, bevor sie andere wissen. Wenn er wo anläutet, und der Nachbar macht auf. Er denkt sich seinen Teil. Ebenso bei der Frau, der er jede Woche 15 Zalando-Packerln bringt.
Herr Walter ist immer freundlich und diskret. Und fast niemand weiß, dass er dieser Tage täglich mehr als elf Stunden arbeitet.
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