Unfälle: Die unterschätzte Gefahr in der Freizeit

Nach dem tragischen Unfall Sonntagmittag war der Wakeboard-Lift am Montag wieder in Betrieb.
Die Menschen betreiben immer mehr Sport, achten aber oft nicht genug auf ihre Sicherheit und riskieren zu viel.

Am Tag nach dem verheerenden Unfall herrscht am Wakeboard-Lift an der Neuen Donau in Wien Normalbetrieb. Die Wakeboarder ziehen ihre Runden übers Wasser und lassen sich, wie es scheint, weder vom Nieselregen noch von dem tragischen Unfall am Sonntag abschrecken.

Wie berichtet, wurde einer 41-jährigen Ärztin aus Wien Sonntagmittag bei der Fahrt mit dem Wakeboard-Lift der rechte Unterarm zwischen Ellbogen und Handgelenk abgetrennt. Die Frau liegt schwer verletzt im AKH.

Seit Montagfrüh überprüfen Sachverständige der zuständigen MA 45 die Liftanlage. Diese wurde zuletzt zu Saisonbeginn behördlich überprüft. Laut Polizei liegt gegen den Betreiber des Liftes eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung vor. „Gegen ihn gibt es derzeit aber keine Verdachtsmomente“, sagt Polizei-Sprecher Thomas Keiblinger.
Gefährliches TurnenDer Unfall auf der Neuen Donau ist einer von Tausenden Sport- und Freizeitunfällen, die jährlich in Österreich passieren. 2014 kam es laut der Freizeitunfall-Statistik des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) zu 199.100 Sportunfällen, die im Spital endeten (siehe Grafik unten).

Erstaunlich dabei: Mehr als zwei Drittel, nämlich 142.200 Unfälle, betreffen mittlerweile den Sommersport. Während die Zahl der Unfälle beim Schwimmen, Tauchen und Springen aber zurückgeht (von 2010 bis 2014 um 10,8 Prozent), steigt jene der Turn- und Gymnastik-Unfälle an – um 35,7 Prozent. Das ist der höchste Wert in der Statistik des KfV. Gleich danach folgen die Unfälle beim Wandern und Bergsteigen. Die Zahl ist im Vergleich mit dem Jahr 2010 um 34,7 Prozent gestiegen.

Auch Skateboarden ist nicht ungefährlich. 2014 gab es um 15,3 Prozent mehr Unfälle als 2010. Gefährlichster Ballsport ist noch immer Fußball mit 37.200 Unfällen im vergangenen Jahr. Unfälle bei sogenannten „anderen Sportarten“, also jene, die nicht in die angeführten Rubriken fallen, sind von 2010 bis 2014 um 10,8 Prozent gestiegen.
Alexander Meznik, Unfallchirurg am UKH Meidling, ist immer wieder mit Patienten konfrontiert, die bei Trendsportarten schwer verunglücken. So schwere Verletzungen wie jene der 41-Jährigen aus Wien seien aber „extrem selten“.

Unachtsamkeit

Dass die Zahl der Freizeitunfälle im Vergleich zu Arbeits- und Verkehrsunfällen steigt, erklärt Meznik so: „Dort passt man weniger auf. In der Arbeit gibt es das Arbeitsinspektorat, im Auto Gurt und Airbag, die für Sicherheit sorgen“, sagt Meznik. Und: „Es besteht zunehmend Interesse der Menschen, sich in ihrer Freizeit sportlich zu betätigen.“ Das sieht auch der Sportsoziologe Otmar Weiß so (siehe Interview unten). Hinzu komme der Boom an Trendsportarten wie Kiten, Surfen oder Wakeboarden. Gemein sei diesen das Risiko, das ihre Ausübung mit sich bringt: „Das sind gefährliche Sportarten“, sagt Weiß.

Laut einer internen Erhebung der Uniqa-Versicherung aus dem Jahr 2014 sind die bei Unfällen am häufigsten verletzten Körperteile Beine (35 Prozent), Hände (22 Prozent) und Arme (16 Prozent).

Im Fall der 41-jährigen Ärztin aus Wien ist indes noch immer nicht klar, wie der Unfall passierte. Aufschluss darüber kann laut Polizei nur die Verletzte selbst gelben – sie ist aber noch nicht vernehmungsfähig, Zeugen gebe es bisher keine. Allerdings steht jetzt fest, dass der Liftwart an der Neuen Donau erst von einem Besucher auf den Unfall aufmerksam gemacht wurde. „Der Liftwart hat dann aber schnell reagiert und war binnen einer Minute bei der verletzten Frau“, sagt Rudolf Fußi, der die Krisen-PR für den Betreiber des Wakeboard-Liftes macht. Es gebe auch keinerlei Anzeichen für technische Mängel.

Die 41-jährige Ärztin hatte vor dem Unfall einen zweieinhalbstündigen Einführungskurs absolviert und war Besitzerin einer Monatskarte für den Wakeboard-Lift.

Unfälle: Die unterschätzte Gefahr in der Freizeit

Otmar Weiß ist Sportsoziologe und Professor am Institut für Sportwissenschaften der Universität Wien. Im Gespräch mit dem KURIER appelliert er an die Vernunft des Einzelnen.

Die Zahl an Freizeitunfällen steigt. Unfallchirurg Alexander Meznik berichtet, immer wieder Patienten zu behandeln, die schwere Verletzungen bei der Ausübung von Trendsportarten erlitten haben. Läuft da etwas schief?
Otmar Weiß: Viele Trendsportarten sind gefährlich. Auch das Wakeboarden ist in erster Linie eine Risiko-Sportart. Risiko und Gefährlichkeit dieser Sportarten werden aber allzu oft unterschätzt.

Die 41-Jährige, die beim Wakeboarden in Wien ihren Unterarm verloren hat, ist Ärztin und hat einen zweieinhalbstündigen Einführungskurs absolviert.
Das ist viel zu wenig. In zweieinhalb Stunden kann man etwa nicht intensiv genug über die verschiedenen Wind- und Wasserverhältnisse aufgeklärt werden.

An wen richtet sich Ihre Kritik? An den Liftbetreiber, die Behörden, die Sportler?
An die Sportler selbst. Das sind mündige, erwachsene Menschen. Man muss bei verschiedenen Wind- und Wasserverhältnisse trainieren und eventuell Experten zu Rate ziehen. Aber letztlich ist jeder für sich selbst verantwortlich.

Gesetzliche Regelung Die Krankenversicherung übernimmt nach Freizeitunfällen die Kosten für Spitalsaufenthalte oder Medikamente. Nicht ausreichend gedeckt sind allfällige Kapital- und Rentenleistungen. Erleidet man also bei einem Freizeitunfall eine Querschnittlähmung, besteht nur ein geringer Anspruch auf Invaliditätspension.

Transportkosten Der Transfer vom Unfallort zum Spital sind bei Freizeit-, Alpin- und Touristik-Unfällen nur bis zu Kosten zwischen 894 und 1913 Euro gedeckt – und das nur bei schwereren Verletzungen.

Temperaturen bis zu 38,6 Grad hatte der Juli bisher parat. Viele suchten daher Abkühlung in den Bädern: Bereits mehr als zwei Millionen Besucher zählten die Wiener Sommerbäder in der aktuellen Saison – immerhin eine halbe Million mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Abfüller von Mineralwasser erfreut die Hitze ebenfalls: Bis Ende vergangener Woche verzeichnete etwa der Hersteller Vöslauer eine Absatzsteigerung von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Prickelndes Mineralwasser ist bei hohen Temperaturen übrigens besonders beliebt.

Auch Tourismusbetriebe profitieren: „Viele Kunden buchen ihre Urlaube immer kurzfristiger“, sagt Ulrike Rauch-Keschmann, Sprecherin der Österreich Werbung. Dank des schönen Wetters erwarte man ein Plus bei den Nächtigungen im Juli.

Die Wiener Berufsrettung sowie das Rote Kreuz verzeichneten im Juli zirka 20 Prozent mehr Einsätze. Häufig betroffen waren ältere Menschen, da diese oft weniger Durst verspüren und zu wenig trinken.

Bald könnte es wieder heiß werden: Ab dem Wochenende sind laut Christian Retitzky von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik im Osten und Südosten wieder Temperaturen um die 30 Grad möglich.

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