Tschick und Plastik: Das Müllproblem in Österreichs Natur
Österreich rühmt sich gerne seiner sauberen Umwelt und seiner unberührten Natur. Doch auch hierzulande ist achtlos weggeworfener oder liegengelassener Müll ein Problem, wie ein aktueller Report der Naturschutzorganisation Global 2000 zeigt.
Über 80.000 Abfälle mit einer Gesamt-Masse von beinahe vier Tonnen dokumentierten die Umweltschützer in dem aktuellen Bericht "Stadt-Land-Fluss - Müll in Österreichs Natur". Der Müll findet sich dabei überall: in urbanen Gebieten, auf Wiesen, Weiden und selbst in Nationalparks. Und das trotz des - wie Global 2000 betont - gut funktionierenden heimischen Abfallwirtschaftssystems.
Der Fachbegriff für diese Art von Müllentsorgung lautet Littering. Darunter versteht man das achtlose Wegwerfen und Liegenlassen von Abfällen wie Verpackungen, Zigarettenstummeln oder Papier im öffentlichen Raum - hauptsächlich aus Bequemlichkeit oder Unachtsamkeit.
Littering verursacht erhebliche Kosten. So bezifferte eine vom Schweizer Bundesamt für Umwelt im Jahr 2011 durchgeführte Studie die Kosten des zusätzlichen Reinigungsaufwands für Schweizer Gemeinden auf jährlich 131 Millionen Euro.
Und in Vorarlberg hat eine Hochrechnung des Umweltverbands ergeben, dass den Gemeinden durch Littering pro Jahr 3,6 Millionen Euro an Kosten entstehen. Im Jahr 2016 seien auf Gemeindeebene 80 Mitarbeiter Vollzeit damit beschäftigt gewesen, achtlos weggeworfenen Müll wegzuräumen, Kaugummis zu entfernen oder Scherben einzusammeln. Zusätzlich entstünden auch ÖBB und Straßenerhaltern Kosten für das mühsame Einsammeln von 100 Tonnen Abfällen entlang der Landesstraßen - am Ende des Tages auf Kosten der Allgemeinheit.
25.000 Tschickstummel
In Stück gerechnet entfällt der größte Anteil des Mülls in Österreichs Natur auf Zigarettenstummel: Über 25.000 wurden seit Start der App im Mai 2017 dokumentiert. Rechnet man diese in Masse oder Volumen um, machen sie zwar nur einen äußerst geringen Anteil des insgesamt dokumentierten Mülls aus. Nachdem es beim Littering aber nicht zuletzt um die Sichtbarkeit des Abfalls im öffentlichen Raum geht, ist die Stückzahl absolut von Bedeutung.
Mit knapp 24.000 gezählten Stück liegt der Plastikmüll knapp hinter den Tschickstummeln auf Platz zwei der Müll-Rangliste. Beim Volumen landet er dafür mit großem Vorsprung an der traurigen Spitze: Über 20.000 Liter und damit gleich 53 Prozent des Abfalls entfallen auf Plastikverpackungen.
Getränkeverpackungen egal welchen Materials (PET-Flaschen, Dosen, Glasflaschen, Kartons) spielen beim Littering ebenfalls eine große Rolle. Nach Volumen gerechnet, machen sie über 20 Prozent des dokumentierten Mülls aus.
Pfandsystem gefordert
Als Gegenmaßnahme fordert Global 2000 darum ein Pfandsystem und verpflichtende Reduktionsziele für Verpackungen: "Insgesamt kann nur eine kreislauforientierte Wirtschaft unsere Zukunft sein und Mehrweglösungen müssen forciert werden. Nur so können wir den problematischen Plastikmüll in den Griff bekommen.", sagt Lena Steger, Plastik- und Ressourcen-Expertin bei der Umweltorganisation.
Das Beispiel Deutschland zeige, dass Littering mittels Pfand erheblich reduziert werden kann, so Steger. Dort würden 95 Prozent der Getränkeverpackungen in die Rückgabeautomaten zurück gebracht.
Umwelt und Tiere leiden
Die Probleme, die Littering außer den bereits erwähnten finanziellen erzeugt, sind vielfältig. Die in Zigarettenstummel enthaltenen Giftstoffe können ins Grundwasser sickern, in Gewässer gelangen und Wasserorganismen töten. Plastik und Mikroplastik belasten nicht nur die Weltmeere, sondern auch Binnengewässer und damit heimische Fische und Vögel. Mittlerweile konnte (Mikro-)Plastik schon in allen Binnengewässern und Gletschern nachgewiesen werden.
Auch Abfälle auf Wiesen und Weiden sind für Tiere äußerst problematisch, warnt Global: Werden diese Flächen gemäht, können zerrissene Dosen oder Plastikteile im Futtergras durch unabsichtliches Fressen Nutztiere schwer verletzen und sogar töten. Eine Befragung in den Niederlanden und Flandern zeigt laut der NGO auf, dass Landwirte durch Littering eine erhebliche Zahl an verletzten oder getöteten Kühen verzeichnen.
Geografisch gesehen liegen die heimischen Abfall-Hotspots übrigens im Großraum Wien, Linz, Salzburg, Innsbruck, Graz und Vorarlberg.
"Der neue Littering-Bericht 'Stadt-Land-Fluss' zeigt, dass Müll in der Natur enorme Konsequenzen hat, aber auch dass sich viele engagierte Menschen für die Umwelt einsetzen", fasst Global-Expertin Steger die Ergebnisse zusammen.
Gesammelt wurden die Daten mit Hilfe der "DreckSpotz"-App, die 2017 zu ebendiesem Zweck ins Leben gerufen wurde: um zu dokumentieren, wo wie viel Müll hinterlassen wird. Zusätzlich können die Nutzer angeben, ob der Abfall mitgenommen und entsorgt oder nur dokumentiert wurde.
Meistens ist es ersteres: Fast 60 Prozent der dokumentierten Abfälle, das sind rund 47.000 Stück mit einem Volumen von 24.000 Litern, wurden von den Nutzern entfernt und entsorgt.
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