Zotter-Schokolade um 11,20 Dollar? Wie Trump kleine Unternehmer trifft

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Zwei Österreicher gingen in die USA und bauten ein Millionenunternehmen für Zotter auf. Bald könnte eine Tafel Schokolade 11,20 Dollar kosten - wegen Donald Trump.
Andreas und Barbara Dolleschal waren bereits vor 26 Jahren im KURIER, weil sie das erste Paar waren, das sich in Österreich über das Internet kennen gelernt und dann geheiratet hat. 2010 gewannen der Wiener IT-Spezialist und die auf einem Bergbauernhof aufgewachsene Steirerin schließlich eine US-Greencard. Für die beiden der Start in den amerikanischen Traum, der zum Aufbau eines millionenschweren Schokolade-Unternehmens führte.
"Im Jänner 2013 sind wir mit zwei Koffern, einer Katze und 16 Umzugskartons – die per Spedition nachgereist sind – in die USA ausgewandert", erzählt Andreas. Sechs Jahre später erhielten beide die US-Staatsbürgerschaft.
"Die Zusammenarbeit mit Zotter-Schokolade begann bereits 2003 in Österreich, wo wir die Marke als IT- und Digitalmarketing-Agentur betreuten", berichtet Barbara. "Als wir in den USA ankamen, vermissten wir qualitativ hochwertige Schokolade, insbesondere Zotter."

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Die Schokolade wird in der Steiermark produziert
Inspiriert von einer CBS-TV-Show, in der jemand individuell produzierte Schokoladen präsentierte, kontaktierten sie Josef Zotter direkt. 2015 starteten die Dolleschals mit 90 Sorten, einem Kleinlager und einem Laden in in Cape Coral, Florida. "Die ersten Jahre waren bescheiden mit unter 100.000 Dollar Jahresumsatz, doch ab 2021 stieg dieser auf etwa 800.000 Dollar. 2023 explodierte das Geschäft auf 2,1 Millionen", sagt Andreas.
In einigen Wochen werden die beiden selbst in der neuen Show "Legacy Makers" (mit Model Carmen Elektra) auftreten. Dort berichten Milliardäre, Sportler und Start-up-Gründer, wie man wirtschaftlich erfolgreich wird. Eine gesamte Folge ist den Dolleschals gewidmet.
Ein Interview über den amerikanischen Traum unter Donald Trump, die Auswirkungen der Zölle, Morddrohungen und warum eine Tafel Zotter-Schokolade in den USA bald mehr als elf Dollar kosten könnte:
Sie beide sind in die USA gegangen, um den amerikanischen Traum zu leben. Wie fühlt sich das jetzt an unter Donald Trump?
Andreas Dolleschal: Der amerikanische Traum existiert nach wie vor, auch mit Trump. Was allerdings deutlich schwieriger geworden ist, ist seine Meinung öffentlich zu schreiben oder zu sagen, weil man sofort mit Boykotten oder schlimmer noch mit Drohungen bis hin zu Morddrohungen rechnen muss, wenn man kritisch gegenüber seiner Politik ist. Leider gibt es extreme auf beiden Seiten, also Republikaner und Demokraten, und die Fronten sind massiv verhärtet.
Barbara Dolleschal: Der amerikanische Traum hat uns viel ermöglicht, politisch jedoch schmerzt die Situation. Ich sehe mich in der Mitte: Progressive Ideen wie Klimaschutz oder LGBTQ-Rechte sind mir wichtig, aber auch konservative Werte wie Finanzdisziplin. Trumps Rückkehr ins Rampenlicht fühlt sich an wie ein schlimmer Traum. Viele im Freundeskreis unterstützen Trump. Aber es ist schwer, die Begeisterung für seine hetzerische Rhetorik zu verstehen. Er polarisiert gezielt, spaltet Familien und untergräbt Institutionen. Manchmal frage ich mich, ob wir gerade die Vorgeschichte zu etwas sehr Dunklem erleben.
Welche Auswirkungen haben die Zölle auf Ihr Unternehmen?
Barbara: Bisher zahlten wir sechs Prozent Zoll. Aktuell bleibt es bei sechs Prozent, oder vielleicht sind es doch zehn - das kann uns keiner genau sagen. Hinzu kommt der schwache Dollar. Sein Wert sank in zwei Monaten um zehn Prozent, was unsere Einkaufskosten zusätzlich erhöht. Noch dramatischer sind die DOGE-Einsparungen: Die FDA (Behörde zur Lebensmittelkontrolle, Anm.) ist wegen der Entlassungen personell ausgezehrt, unsere letzte Sendung wartet seit über zwei Wochen auf die Inspektion.
Andreas: Pro Tag kostet das 200 Dollar Lagergebühr plus zusätzliche 1.300 für den Transport der Schokoladen, die derzeit am Flughafen gehalten werden, weiter zur Inspektion. Bisher addiert sich das zu acht Prozent Mehrkosten – und der Betrag steigt täglich. Das größte Problem derzeit ist die Unsicherheit, der wir ausgesetzt sind, weil eine Planung damit kaum möglich ist und wir jederzeit mit einer Überraschung rechnen müssen, kurz bevor unsere Ware eintrifft. Alles in allem eine sehr angespannte Situation, weil wir als Kleinunternehmen - hier in USA wird alles unter 100 Millionen als Kleinunternehmer betrachtet - solche Schwankungen und Zusatzkosten nicht einfach kompensieren können, sondern an unsere Kunden weitergeben müssen.
Wie reagieren die Kunden in den USA?
Barbara: Die Kunden akzeptieren Preiserhöhungen nur begrenzt. Aktuell kostet eine Tafel bereits über 10 Dollar – ein Luxusprodukt. Die geplanten Zölle von 20 Prozent bedeuten eine weitere Erhöhung um 1,20 Dollar und würden die Schokolade noch teurer machen.
Barbara: Die Kunden akzeptieren Preiserhöhungen nur begrenzt. Aktuell kostet eine Tafel bereits über 10 Dollar – ein Luxusprodukt. Die geplanten Zölle von 20 Prozent bedeuten eine weitere Erhöhung um 1,20 Dollar und würden die Schokolade noch teurer machen.
Andreas: Wir wissen derzeit nicht wirklich, wie unsere Kunden reagieren würden, wenn unsere Preise um 20 Prozent angehoben werden müssen. Fakt ist, dass viele Konsumenten bereits jetzt schon Probleme haben über die Runden zu kommen und wir damit rechnen müssen, dass unsere Umsätze einbrechen, wenn wir gezwungen sind, die Preise zu erhöhen.
Trump möchte, dass Leute wie Sie in den USA produzieren...warum tun Sie das nicht?
Barbara: Drei Gründe sprechen dagegen: Zunächst die Kosten, eine Fabrik mit Zotters Qualitätsstandard aufzubauen, wäre bei unserer derzeitigen Umsatzgröße von ein bis zwei Millionen Dollar unwirtschaftlich. Zotters Rezepturen, Bio-Rohstoffe und Innovationskraft sind außerdem typisch österreichisch. Selbst wenn wir hier produzieren, müssten Kakao und andere Zutaten importiert werden. Das Problem bliebe. Drittens das Image: US-Schokolade hat trotz hervorragender Craft-Hersteller noch immer den Ruf, „zweite Wahl“ zu sein. „European made“ ist für viele Kunden ein Qualitätssiegel.
Andreas: Es ist weder für uns, noch für viele andere Unternehmen möglich, Produkte in den USA zu produzieren. Wir haben weder die erforderliche Infrastruktur, noch die erforderlichen Mitarbeiter. Als Unternehmer überlegt man sich genau, ob man Millionen hier investiert, um eine Fabrik samt erforderlicher Mannschaft zu etablieren, wenn eine Wirtschaftlichkeit kaum oder gar nicht erreichbar ist - ganz abgesehen davon, dass derartige Aufbauarbeiten Jahre dauern. Am Ende würde das vermutlich bedeuten, dass die Produkte noch teurer werden und somit der Konsument erst wieder zu anderen, billiger produzierten Produkten greift.
Von Europa aus hat man den Eindruck, es gibt relativ wenig Widerstände gegen Trump – ist das wirklich so?
Barbara: Ja, viel zu wenig! Die Proteste am 5. April waren ein kleiner Lichtblick, aber im Kongress herrscht erschreckende Passivität. Langsam formieren sich zivilgesellschaftliche Gruppen, die öffentlich Druck machen. Aber es braucht Massenproteste, um die demokratischen Institutionen zu schützen.
Barbara: Ja, viel zu wenig! Die Proteste am 5. April waren ein kleiner Lichtblick, aber im Kongress herrscht erschreckende Passivität. Langsam formieren sich zivilgesellschaftliche Gruppen, die öffentlich Druck machen. Aber es braucht Massenproteste, um die demokratischen Institutionen zu schützen.
Andreas: Seine Anhänger werden tagtäglich mit Lügen und Halbwahrheiten gefüttert und die Wahrheit hat kaum Chancen durchzukommen. Langsam aber sicher werden immer mehr Gruppen aktiv, die zu Widerstand aufrufen und ich denke es ist nur eine Frage der Zeit, bis hier eine kritische Masse erreicht wird. Spätestens zu den Midterm-Wahlen nächstes Jahr im November wird es deutliche Verluste bei den Sitzen der Republikaner geben, weil viele die derzeit im Hintergrund bleiben, wählen werden. Trump hat nur gewonnen, weil viele Demokratische Wähler auf die Partei sauer waren und deswegen nicht gewählt haben.
Glauben Sie, dass Elon Musk und seine DOGE die staatliche Effizienz tatsächlich steigern und die Bürokratie abbauen werden?
Barbara: Im Gegenteil, die aktuelle FDA-Krise zeigt, dass Einsparungen katastrophale Folgen haben. Unterbesetzung führt zu Verzögerungen, die uns Tausende Dollar kosten. DOGE träumt von einem "schlanken Staat“, aber in Wirklichkeit gefährdet es Lebensmittelsicherheit, Gesundheitswesen und viele andere Bereiche. Eine Gesellschaft braucht funktionierende Kontrollinstanzen. Das verlieren wir gerade aus den Augen.
Andreas: Ein deutliches Nein. DOGE hat bisher weder die staatliche Effizienz gesteigert, noch Kosten gespart. Wir haben bisher höhere Kosten als vor DOGE. Durch die chaotischen Kündigungen quer durch die Organisationen der Regierung sind jetzt viele davon nahezu gelähmt und das führt zu massiv weniger Effizienz. Viele der Auswirkungen können wir derzeit noch gar nicht abschätzen, etwa auf die medizinische Versorgung oder die Umwelt.
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