Traditionelles Handwerk: Die Hutmacher am Schutzenbichl

Traditionelles Handwerk: Die Hutmacher am Schutzenbichl
Zu Ostern wird Tracht getragen. Die Kopfbedeckung dazu wird im Hause Bittner gefertigt. Welche Rolle dabei ein Sandsack spielt.

Kordeln in den verschiedensten Blau- und Grüntönen stapeln sich in einem alten Holzregal, das etwas schief an der Wand lehnt. Wer vom Land kommt und mit Trachtenmusikkapellen etwas – Vorsicht: Hinweis – am Hut hat, erkennt diese Kordeln sofort. Sie zieren die Kopfbedeckungen vieler Musiker und Musikerinnen, die heuer während der Osterfesttage wieder mit ihren Instrumenten in Reih’ und Glied ausmarschieren.

Traditionelles Handwerk: Die Hutmacher am Schutzenbichl

Typische Kordeln, die man von den Hüten der Trachtenmusikkapellen kennt.

Hutmacher Bittner in Bad Ischl fertigt für zahlreiche dieser Vereine die traditionellen Hüte. Bis die Kordel daran angebracht werden kann, braucht es jedoch viele Handgriffe.

In einer Hintergasse am sogenannten Schutzenbichl versteckt sich die Manufaktur von Hutmacher Franz Bittner, der das Geschäft in fünfter Generation führt. Nur die Inschrift „Original Ischler Hut – Huterzeugung seit 1862“ lässt erahnen, was in dem unscheinbaren Gebäude geschieht. Erst einmal betreten, erkennt man sofort: In den Innenräumen steckt viel Geschichte.

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Heuer feiert der Original Ischler Hut 160 Jahre.

Hasenhaar und Wolle

Alte Holzregale, Werkbänke, zusammengeschweißte Maschinen, die der Laie nicht kennt, sowie Holz- und Metallformen in allen möglichen Größen füllen den Raum im Erdgeschoß. Inmitten des „Herzstücks“ der Produktion steht Herr Bittner. Er ist zurzeit der Einzige, der die Hüte in Form bringt.

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Mit diesen Geräten werden die Hüte unter anderem in Form gebracht.

Dafür kauft er sogenannte Stumpen, ein kegelförmiger Filz aus Hasen-, Kaninchenhaar oder Schafwolle, vorwiegend aus Italien. Dieser Stumpen zunächst nass gemacht und über Dampf erhitzt. Erst dann lässt sich der ursprünglich relativ steife Stumpen per Hand auf die Form aufziehen.

Unterschieden wird bei der Produktion prinzipiell zwischen der deutschen und der englischen „Zuricht“. „Ursprünglich wurde die deutsche Zuricht für Damenhüte und die englische Zuricht für Herrenhüte verwendet. Mittlerweile verschwimmt das alles.“ Bei der englischen Variante benötige man um die 60 Handgriffe mehr. Dafür könne man die Formen – für Krempe und Hutkrone – variieren und erhalte dadurch mehrere Modelle, erzählt Bittner über sein komplexes Handwerk, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

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Hutmacher Franz Bittner.

Zwischendurch trocknen

Doch zurück zum Hut: Ist er einmal aufgezogen, wird er erstmals getrocknet und gebügelt. Zum Randformen beschwert Bittner den Hut dann mit einem Sandsack: „Die feinen Körner passen sich jeder Form an.“ Danach wird das gute Stück nochmals auf einem der alten Holzregale mit kleinen Metallhaken getrocknet, bevor es dann in den oberen Stock zum Garnieren geht. Und zwar in jenen Raum, wo auch das Regal mit den Kordeln steht. An einem kleinen Tisch näht eine Mitarbeiterin gerade konzentriert an der Krempe eines weinroten Hutes.

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Bevor der Hut garniert werden kann, braucht es viele Arbeitsschritte.

60 bis 70 verschiedene Hüte hat Bittner in der aktuellen Kollektion, die zwei Mal im Jahr erneuert wird. Die Ideen dazu sind ein Gemeinschaftsprojekt. Da der Sommer ansteht, finden sich derzeit auch jede Menge Strohhüte im Sortiment. Einige davon sind mit Bändern verziert, auf die aufwendige Blumen gestickt wurden.

„Jeder dieser Hüte ist ein Unikat“, ist Frau Bittner sichtlich stolz. Sie verkauft die Hüte im hauseigenen Laden mitten in Bad Ischl und weiß, worauf es beim Hutkauf ankommt: „Immer so kaufen, dass der Hut etwas lockerer sitzt. Das Material lebt und zieht sich meist mit der Zeit etwas zusammen.“ Fast täglich kommt sie schon vor den Öffnungszeiten in die Produktion.

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Tochter Kathi Bittner (re.) soll die Manufaktur einmal von ihren Eltern übernehmen.

"Liebe zum Detail"

So wie Tochter Kathi, die gerade mit einer Kiste auf dem Arm den Raum betritt. Wie ihr Vater ist auch sie Hutmacherin und die potenzielle sechste Generation. Bereits jetzt hat sie ihre eigene Linie: „Jung und schlicht mit viel Liebe zum Detail“, beschreibt sie diese. Ein Hut solle nicht nur zu einem Outfit passen, sondern zu allem getragen werden können.

Natürlich arbeitet Tochter Kathi aber auch bei der Kollektion ihrer Eltern mit. Klassiker wie der Ausseer Hut – schwarz mit breitem grünen Seidenband – sind Dauerrenner. Traditionell geschmückt werden die Hüte im Salzkammergut zudem meist mit sogenannten Pins, etwa in Form von einer Säge, eines Vogels oder einer Gams.

Letztere ist vor allem beliebt bei den Jägern, eine der Hauptkundschaften – so wie eben auch viele Musikvereine, die von den Bittner Hutmachern mit einem „Original Ischler“ ausgestattet werden.

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Pins gibt es in den verschiedensten Formen und Farben.

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