Tiroler Sozialbetrieb als Kandidat bei "2 Minuten, 2 Millionen"

 GW-Chef Klaus Mair will mit den Getreidemühlen auch zeigen, was seine Mitarbeiter können.
Die Geschützten Werkstätten in Vomp wollen mit ihren Produkten überzeugen. Eine Getreidemühle soll nun Investoren überzeugen.

Von der Inntalautobahn blickt man bei Vomp im Vorbeifahren auf ein großes Firmenareal, das Logo „GW“ auf einem der Dächer ist eigentlich unübersehbar. Rund 300 Mitarbeiter – 85 Prozent davon mit einer Behinderung – sind hier und an einem weiteren Standort beschäftigt. Und doch ist es einer breiten Öffentlichkeit nicht bekannt, was hinter den Kulissen der „Geschützten Werkstätten Tirol“ passiert. Dabei ist das durchaus bemerkenswert.

„Es wird oft unterschätzt, was wir können. Das wollen wir aufbrechen“, sagt Geschäftsführer Klaus Mair bei einer Führung durch das Unternehmen, das unter anderem in der Metall-, Holz- und Textilverarbeitung tätig ist. „Mich interessiert, was jemand kann, nicht, was er nicht kann“, sagt Mair und öffnet die Tür zu einer riesigen Halle, die sich „als eine der größten Industrietischlereien Tirols“ entpuppt und in der jährlich 5.000 Kubikmeter Holz verarbeitet werden.

Mittendrin sitzt Andreas Klausner, der seit 19 Jahren bei den GW tätig ist und an seinem Arbeitsplatz gerade im Werk gefertigte Einzelteile eines Holzgehäuses mit Dübel und Leim zusammensetzt. In diesem Fall entsteht ein Getreideflocker – das neueste Produkt einer von GW vor sechs Jahren ins Leben gerufenen Serie, bei der sich alles ums Korn dreht.

Mit der Eigenmarke „Werkstück“ wurde in dem integrativen Betrieb, der für international tätige Firmen produziert, ein neuer Weg eingeschlagen. „Es war der Wunsch der Mitarbeiter, dass wir in die Öffentlichkeit bringen, was wir machen“, erklärt Mair. Und dieser Wunsch geht spätestens am kommenden Dienstag in Erfüllung.

Tiroler Sozialbetrieb als Kandidat bei "2 Minuten, 2 Millionen"

Andreas Klausner ist einer von 300 Mitarbeitern von GW. Die Gehäuse für Mühlen und Flocker werden in der Industrietischlerei des Unternehmens gefertigt.

Denn da werden der GW-Chef und Montageleiter Gerhard Rafelsberger bei der beliebten Start-up-Show „2 Minuten, 2 Millionen“ auf Puls4 (ab 20.15 Uhr) besagten Getreideflocker namens „Futuria“ und ein weiteres im Haus entwickeltes „Werkstück“ präsentieren: eine digital bedienbare und elektrisch angetriebene Getreidemühle für den Haushalt namens „Millenia“.

Ergebnis darf noch nicht verraten werden

Wie die Investoren bei der bereits aufgezeichneten Sendung reagiert haben, durfte Mair im Vorfeld der Ausstrahlung nicht verraten. Aber das Ziel, einen Scheinwerfer auf die Leistungen der GW-Mitarbeiter zu richten, ist jedenfalls erreicht. „Bei uns kommt alles aus einer Hand. Das ist unser großer Schatz“, erklärt Mair in der Tischlerei mit enormem Maschinenpark, in dem gefräst, geschnitten, geleimt und eben auch zusammengebaut wird.

Zwei Drittel der Getreidemühlen stammen aus Vomp

Seit mehr als 40 Jahren ist das Unternehmen, das Menschen mit Beeinträchtigungen für den ersten Arbeitsmarkt qualifiziert – oder wenn sie dort keinen Platz finden, Stellen bietet – vor allem verlängerte Werkbank für Gewerbe- und Industriebetriebe. Dass man nun in Eigenregie ausgerechnet auf Getreidemühlen setzt, kommt nicht von ungefähr. Es wird nämlich bereits seit Jahrzehnten für namhafte Marken produziert. Und so werden derzeit rund zwei Drittel aller weltweit gefertigten Mühlen in Vomp hergestellt. Entsprechend groß ist das Know-how.

Tiroler Sozialbetrieb als Kandidat bei "2 Minuten, 2 Millionen"

Alles aus einer Hand: Das ist das Motto des Sozialbetriebs. Von der Herstellung der Teile bis zum Zusammenbau erfolgt auch für die „Werkstücke“ alles unter einem Dach.

Das Unternehmen: 1980 werden die „Geschützten Werkstätten Tirol“ (GW) in Vomp bei Schwaz gegründet. Es beginnt mit 30 Mitarbeitern, heute sind es 300 – 85 Prozent davon mit einer Behinderung.

Das Ziel: In zwei hochmodernen Produktionsstätten (u. a. für Metall-, Holz- und Textilverarbeitung) sollen Menschen mit Beeinträchtigungen einen Arbeitsplatz finden bzw. für den ersten Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Zur Lohnfertigung kommt nun auch die Herstellung von Produkten für die Eigenmarke „Werkstück“ dazu.

Die GW wollte jedoch keine Kopie, sondern sich von den bisher am Markt gängigen Mühlen klar absetzen. „Wir wollten in die Formgebung eingreifen. Ziel ist es, dass unsere Getreidemühle und der Flocker in eine moderne Küche passen und man sie auch stehen lässt“, so Mair. Also ging es weg vom klassischen Holzgehäuse mit aufgesetztem Trichter, hin zu einem eleganten Korpus.

Getreideflocker wird bei Fachmesse in Deutschland präsentiert

Die „Millenia“, die es in verschiedenen Ausführungen gibt, kam schon vor einem Jahr auf den Markt. Den Getreideflocker wird der GW-Chef kommende Woche auf der „Biofach“ in Nürnberg vorstellen, der weltweit größten Messe für ökologische Konsumgüter. „Die Produkte passen in den Zeitgeist“, ist Mair überzeugt, dass man auf das richtige Pferd setzt.

Tatsächlich gibt es einige Trends, die das stützen. Da wäre zum einen jener zum selbst Brot- und Kuchenbacken, der in der Pandemie noch mehr Fahrt aufgenommen hat. Mehl selbst zu mahlen passt da ins Muster. Dass immer mehr Menschen auf gesunde Ernährung achten und deshalb etwa auf Müslis und neuerdings auch Porridge setzen, spielt „Werkstück“ ebenfalls in die Karten, können mit den Geräten eben auch Körner zu Flocken verarbeitet werden.

Hoffen auf Werbeeffekt

Was der Auftritt bei „2 Minuten, 2 Millionen“ auslösen wird, wagt Mair noch nicht abzuschätzen. 

Die passenden Werbeplakate für zwei von GW betriebene moderne Shops, in denen ebenfalls die Produkte des Sozialbetriebs in Szene gesetzt sind, liegen jedenfalls schon in seinem Büro bereit. 

Und das nächste Projekt mit Außenwirkung ist bereits in der Pipeline. Aber da will der 46-Jährige noch nicht zu viel verraten.

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