Die Episode bringt den Spagat auf den Punkt, den der rote Frontmann vollführen muss. Er will die SPÖ wieder zurück in Regierungsverantwortung bringen, die sie 2013 in Tirol verloren hat – allerdings nur bei „deutlichen Zugewinnen“ für seine Partei. Das gesteckte Ziel ist, mehr als 20 Prozent zu schaffen, 2018 waren es 17,25 Prozent.
Gleichzeitig muss Dornauer hoffen, dass die bröselnde ÖVP nicht zu schwach wird. Denn er hat sich recht früh darauf festgelegt, nur in einer „stabilen Zweier-Koalition“ regieren zu wollen. Die FPÖ, mit der sich die SPÖ in einem Rennen um Platz zwei befindet, kommt für die Roten nicht infrage. Bleibt für die Wunschvariante nur die ÖVP, die selbst bei herben Verlusten auf Platz eins bleiben dürfte.
„Ich glaube daran, dass sich alle formulierten Ziele ausgehen werden. Ich orte Zuspruch und den Wunsch nach Veränderung“, sagt Dornauer, der am Wahlkampf sichtlich Gefallen findet – etwa wenn er auf Bildern beim Ziehharmonika-Spielen bei einem Almabtriebfest zu sehen ist. „Die Quetschen ist immer im Auto“, sagt SPÖ-Landesgeschäftsführer und Dornauer-Intimus Lukas Matt.
Mit der Landbevölkerung fremdelt der rote Spitzenkandidat nicht, ist selbst Dorfbürgermeister im Sellraintal, 20 Kilometer von der Landeshauptstadt entfernt. Um Wahlen zu gewinnen, muss die SPÖ auch in urbanen Gefilden punkten. „Das ist für mich kein fremdes Terrain. Die Stadt ist für mich wie eine Lebensader“, sagt Dornauer.
Wie sehr ihm insbesondere beim städtischen Wahlpublikum noch seine schlagzeilenträchtige Serie an Fehltritten – vom „Horizontale“-Sager bis zum Jagdgewehr am Autositz – anhaftet, die er sich in seiner Anfangsphase als Parteichef geleistet hat, ist fraglich.
Innerparteilich scheint der gerne flapsig formulierende Tiroler die Wogen geglättet zu haben. Er hat ein junges Team um sich geschart. Zudem unterstützen nicht nur die früheren SPÖ-LH-Stellvertreter seinen Wahlkampf, auch Ex-Bundespräsident Heinz Fischer leistete bei einem Tirol-Besuch prominente Schützenhilfe.
Dornauer ist sichtlich darum bemüht, keine Fehler zu machen, um sich seine Regierungsoption nicht zu verbauen. In der Tagespolitik tritt er schon seit Monaten leise und hält sich mit Angriffen auf Wunschpartner ÖVP zurück.
Im Wahlkampf wird der Spitzenkandidat als „Kämpfer für den Teuerungsstopp“ und „Anwalt für leistbaren Wohnraum“ inszeniert. Was die landespolitischen Rezepte dafür betrifft, bleibt Dornauer vage. Auch hier scheint die Devise: Nur keine zu großen Hürden für eine Regierungsbeteiligung aufzubauen.
Einzige Koalitionsbedingung: Ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Den wollen inzwischen aber ohnehin alle Landtagsparteien – nach einer Kehrtwende sogar die in dieser Frage in der Vergangenheit stets bremsende ÖVP. Am Wahlabend wird sich zeigen, ob sich eine Mehrheit für Schwarz-Rot ausgeht und die SPÖ „Dem Morgenrot entgegen“ blickt. Das traditionelle Arbeiterlied wird zur gleichen Melodie gesungen wie die Tiroler Landeshymne, das „Andreas-Hofer-Lied“.
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