Tirol-Wahl: SPÖ-Chef Georg Dornauer wittert Morgenrot

Tirol-Wahl: SPÖ-Chef Georg Dornauer wittert Morgenrot
Der rote Frontmann will seine Partei unbedingt zurück in Regierung führen – allerdings nur in eine Zweierkoalition. Um das zu erreichen, ist Dornauer bemüht, Fehler und große Ansagen zu vermeiden.

Die Genossen verteilen bereits Äpfel, Flyer und Feuerzeuge, als Georg Dornauer an einer Innsbrucker Straßenkreuzung auftaucht. Kaum angekommen schäkert der Tiroler SPÖ-Chef schon mit einer Pensionistin, die mit ihrem Rollator vor dem 39-Jährigen Halt gemacht hat.

Die rüstige 93-Jährige erklärt unumwunden: „Ich bin schon mein ganzes Leben schwarz und bleibe schwarz. Aber ich gehe nicht mehr wählen.“ Bevor sie ihre Stimme gar nicht abgibt, solle sie doch bitte „in Gottes Namen“ die ÖVP wählen, entgegnet Dornauer: „Aber lieber wäre mir schon, wenn du mich wählen würdest.“

Tirol-Wahl: SPÖ-Chef Georg Dornauer wittert Morgenrot

Die Episode bringt den Spagat auf den Punkt, den der rote Frontmann vollführen muss. Er will die SPÖ wieder zurück in Regierungsverantwortung bringen, die sie 2013 in Tirol verloren hat – allerdings nur bei „deutlichen Zugewinnen“ für seine Partei. Das gesteckte Ziel ist, mehr als 20 Prozent zu schaffen, 2018 waren es 17,25 Prozent.

Koalitionsdilemma

Gleichzeitig muss Dornauer hoffen, dass die bröselnde ÖVP nicht zu schwach wird. Denn er hat sich recht früh darauf festgelegt, nur in einer „stabilen Zweier-Koalition“ regieren zu wollen. Die FPÖ, mit der sich die SPÖ in einem Rennen um Platz zwei befindet, kommt für die Roten nicht infrage. Bleibt für die Wunschvariante nur die ÖVP, die selbst bei herben Verlusten auf Platz eins bleiben dürfte.

„Ich glaube daran, dass sich alle formulierten Ziele ausgehen werden. Ich orte Zuspruch und den Wunsch nach Veränderung“, sagt Dornauer, der am Wahlkampf sichtlich Gefallen findet – etwa wenn er auf Bildern beim Ziehharmonika-Spielen bei einem Almabtriebfest zu sehen ist. „Die Quetschen ist immer im Auto“, sagt SPÖ-Landesgeschäftsführer und Dornauer-Intimus Lukas Matt.

Mit der Landbevölkerung fremdelt der rote Spitzenkandidat nicht, ist selbst Dorfbürgermeister im Sellraintal, 20 Kilometer von der Landeshauptstadt entfernt. Um Wahlen zu gewinnen, muss die SPÖ auch in urbanen Gefilden punkten. „Das ist für mich kein fremdes Terrain. Die Stadt ist für mich wie eine Lebensader“, sagt Dornauer.

Wie sehr ihm insbesondere beim städtischen Wahlpublikum noch seine schlagzeilenträchtige Serie an Fehltritten – vom „Horizontale“-Sager bis zum Jagdgewehr am Autositz – anhaftet, die er sich in seiner Anfangsphase als Parteichef geleistet hat, ist fraglich.

Innerparteilich scheint der gerne flapsig formulierende Tiroler die Wogen geglättet zu haben. Er hat ein junges Team um sich geschart. Zudem unterstützen nicht nur die früheren SPÖ-LH-Stellvertreter seinen Wahlkampf, auch Ex-Bundespräsident Heinz Fischer leistete bei einem Tirol-Besuch prominente Schützenhilfe.

Dornauer ist sichtlich darum bemüht, keine Fehler zu machen, um sich seine Regierungsoption nicht zu verbauen. In der Tagespolitik tritt er schon seit Monaten leise und hält sich mit Angriffen auf Wunschpartner ÖVP zurück.

Im Wahlkampf wird der Spitzenkandidat als „Kämpfer für den Teuerungsstopp“ und „Anwalt für leistbaren Wohnraum“ inszeniert. Was die landespolitischen Rezepte dafür betrifft, bleibt Dornauer vage. Auch hier scheint die Devise: Nur keine zu großen Hürden für eine Regierungsbeteiligung aufzubauen.

Nur eine Bedingung

Einzige Koalitionsbedingung: Ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Den wollen inzwischen aber ohnehin alle Landtagsparteien – nach einer Kehrtwende sogar die in dieser Frage in der Vergangenheit stets bremsende ÖVP. Am Wahlabend wird sich zeigen, ob sich eine Mehrheit für Schwarz-Rot ausgeht und die SPÖ „Dem Morgenrot entgegen“ blickt. Das traditionelle Arbeiterlied wird zur gleichen Melodie gesungen wie die Tiroler Landeshymne, das „Andreas-Hofer-Lied“.

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