U-Haft für Eltern beantragt
Seine Eltern (25 und 26) wurden am Mittwoch festgenommen. Drei weitere Kinder des Paares – Mädchen im Alter zwischen ein und sechs Jahren, darunter die Zwillingsschwester des Buben – sind nun in der Obhut der Kinder- und Jugendhilfe. Sie sollen wohlgenährt sein, wie es heißt.
Am Donnerstag wurden die Eltern einvernommen, am Freitag beantragte die Staatsanwaltschaft Innsbruck, die U-Haft über die Verdächtigen zu verhängen.
Im Ort selbst herrscht tiefe Betroffenheit. „Es ist furchtbar. Wenn man solche Geschichten hört, kann man nicht glauben, dass das neben dem eigenen Haus passiert“, sagt ein junger Mann, der gerade die Tür zu einem der Reihenhäuschen aufsperrt. „Und so was geht ja nicht von heute auf morgen“, sagt der 27-Jährige zum Hungertod des Buben.
Die Mutter seiner zwei kleinen Kinder ist ebenfalls „erschüttert“, kennt die Familie aber nur vom Sehen. Sie hat miterlebt, wie am Montag der Bestatter die Leiche des Dreijährigen abgeholt hat, aber erst durch die Medien von den Hintergründen erfahren.
"Keine Berührungspunkte"
Dass mutmaßlich die Eltern – für sie gilt die Unschuldsvermutung – für den Tod des Buben verantwortlich sein könnten, „ist wirklich schlimm“. Über die Familie weiß sie wenig zu sagen: „Wir hatten keine Berührungspunkte.“ Die Bande in der jungen Siedlung sind noch nicht besonders eng.
Die 26-Jährige hofft, dass es vielleicht doch noch eine andere Erklärung gibt als die momentane Verdachtslage. Die legt nahe, dass die Eltern ihren Buben verhungern haben lassen. Dass sie seinen Tod „billigend in Kauf genommen“ haben könnten, wie es der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, die wegen Mordverdacht ermittelt, juristisch formuliert hat.
Auch ein junger Mann, der gerade auf seinem Balkon in jenem Haus herumwerkelt, in dem der Dreijährige wohl qualvoll gestorben ist, hofft, dass es noch eine andere Erklärung gibt. „Die waren immer sehr freundlich“, sagt er. Die Eltern seien mit ihren Kindern oft am Spielplatz gewesen. „Der Vater hat sehr viel gearbeitet, ist oft erst spät heimgekommen. Wenn er da war, hat er mit den Kindern etwas im Freien gemacht.“
"Ganze Gemeinde spricht darüber"
Das Dorf, in dem das Kleinkind sein Leben gelassen hat, hat zwar mehrere Tausend Einwohner. „Aber die ganze Gemeinde spricht darüber“, erzählt ein Familienvater aus dem Ort. Eltern, die ihre Kinder jeden Tag in den Kindergarten bringen, in den auch die älteste Schwester des verstorbenen Buben geht, würden sich nun fragen: „Hätten wir etwas bemerken müssen?“ Er beschreibt die Familie ebenfalls als unauffällig.
Ein weniger freundliches Bild der Verdächtigen zeichnet eine ältere Frau, die regelmäßig in dem Wohnhaus zu Besuch ist. Es sei immer wieder Kinderschreien zu hören gewesen. Aber das Paar hatte eben auch ein Baby. Sie glaubt zu wissen, warum der Bub gestorben ist. Wie bei ihr schießen im ganzen Ort Spekulationen ins Kraut.
Auf die Frage, wann ihr der Dreijährige das letzte Mal begegnet ist, denkt die Frau lange nach und sagt dann: „Ich habe ihn eigentlich schon ewig nicht mehr gesehen.“
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