Ischgl-Kommission soll sich an Griss ein Beispiel nehmen
Eine überraschend Wende hat es am Donnerstagmorgen rund um die Besetzung der Tiroler Ischgl-Kommission gegeben. Den Vorsitz soll nun Ronald Roher übernehmen und freie Hand bei der Besetzung eines Experten-Gremiums bekommen - nach dem Vorbild der "Griss-Kommission" zur Aufarbeitung der Vorkommnisse bei der Hypo Group Alpe Adria.
Rohrer, Ex-Vize-Präsident des Obersten Gerichtshof (OGH), war am Mittwochabend ins Spiel gekommen, nachdem der designierte Vorsitzende Josef Geisler zurückgezogen hatte. Wie berichtet, gab es heftige Debatten über seine Unabhängigkeit, da er 2018 den Wahlkampf von VP-Landeshauptmann Günther Platter unterstütz hatte.
Der Tiroler Landtag hatte am Mittwoch in seiner Sitzung ein verheerendes Bild abgegeben. Die Debatte zur Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission zur Aufarbeitung des Tiroler Krisenmanagements rund um Ischgl war von gegenseitigen Beleidigungen und Anwürfen begleitet.
Am Ende bekam das schwarz-rote Modell die Mehrheit, wonach der pensionierte Tiroler Strafrichter Geisler - gemeinsam mit dem Schweizer Krisenmanager Bruno Hersche - den Vorsitz der Ischgl-Kommission übernehmen und ein Expertenteam zusammentstellen sollte. Die grünen Koalitionspartner der VP stimmten mit Bauchweh zu.
Wie die Oppositionsparteien FPÖ, Neos und Liste Fritz stellten sie die Unabhängigkeit der Kommission in Frage, weil Geisler 2018 im Personekomitee für Platter war. Der Landtagsbeschluss war Auftrag an die Tiroler Landesregierung, die Kommission einzusetzen.
Bei einem Treffen mit Landeshauptmann Platter am Mittwochabend soll Geisler dann aber von sich aus zurückgezogen haben. "Aufgrund der ganzen Aussagen, die es da oder dort gegeben hat, hat er gesagt, dass er diese Funktion nicht annehmen wird. Ich verstehe das persönlich sehr", sagt Platter.
Die Absage Geislers hat letztlich eine Tür geöffnet, doch noch zu einer Lösung zu kommen, die von einer breiten Mehrheit getragen wird. Noch am selben Abend seien Ex-Übergangskanzlerin Brigitte Bierlein und andere um Unterstützung gebeten worden.
Daraufhin wurde Rohrer, der bereits Verfahrensrichter beim Eurofighter-U-Ausschuss im Parlament war, angefragt und sagte zu. Vor dem Start der Landtagssitzung am Donnerstag holte der Landeshauptmann dann die Klubobleute zusammen, die - mit Ausnahme der Liste Fritz - den Vorschlag gut hießen.
"Es gibt eine breite Zustimmung zu dieser Person. Ich glaube, dass es für die Reputation des Landes Tirol und der Republik Österreich, die ja mit eingebunden ist, sehr gut ist. Auch was die internationale Betrachtung betrifft."
Nach der Ausbreitung des Coronavirus von Ischgl über halb Europa blickt das Ausland mit Argusaugen auf Tirol. Die Kritik am ursprünglichen Vorschlag war vorprogrammiert. "Das war keine Sternstunde im Parlamentarismus", gesteht auch Platter ein.
Aktenzugriff bei Bund und Land
Der Vorschlag wurde auch mit VP-Bundeskanzler Sebastian Kurz und Rudolf Anschober (Grüne) abgestimmt. Das ist insofern wichtig, als zur Beleuchtung des Tiroler Krisenmanagements auch die Ebene des Bundes im Zuge der mittelbaren Verwaltung eine tragende Rolle spielt.
Die Kommission soll sowohl Zugriff auf Akten der Tiroler, als auch der Bundesbehörden bekommen. Möglichst bis Oktober soll ein Bericht vorliegen.
Zum neuen Vorsitzenden der Kommission, meint Mair: "Für das Außenbild ist es sicher besser, jemand von außerhalb Tirols zu haben."
"Jetzt ist Roher am Zug, der sicherlich jegliche Kompetenz hat", sagt Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer, der sich in den Wochen zuvor auf Geisler versteift hatte. Er hofft, "dass alle Akten offengelegt werden." Er ist aber unabhängig davon überzeugt, dass "kein Weg an einem U-Ausschuss vorbeiführt". Und zwar im Parlament.
Auch für Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger ist "Rohrer eine absolut integere Person". Er hält aber dennoch fest: "Das ist jetzt eine Kommission der Landesregierung nicht des Landtags." Das ist auch der Grund, warum die Liste Fritz ihre Zustimmung verweigert hat.
Nach all dem Gezerre steht für Neos-Parteichef Dominik Oberhofer fest: "Wir haben international keine gute Figur gemacht." Das Scherbengericht hätte man sich ersparen können, befindet er und erinnert noch einmal daran, dass die Neos Rohrer bereits Ende März als Vorsitzenden für eine unabhängige Untersuchungskommission vorgeschlagen hatten.
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