Wenn Nudeln und Reis fehlen: Die Sorge vor leeren Regalen

Mann an der Supermarktkasse
Der VinziMarkt in Graz verkauft seit 19 Jahren gespendete Lebensmittel, die viel günstiger zu erwerben sind als anderswo. Doch manche Ware wird schon knapp.

Eine Packung Reis, Toastbrot, Knabbergebäck für die Kinder, ein bisschen Obst und zwei Tafeln Schokolade hat Jakob in seinem Einkaufswagerl. Vier Euro zahlt der 42-Jährige für den Einkauf im VinziMarkt.

Anderswo hätte Jakob um das Geld nicht einmal den Reis dieser speziellen Marke bekommen, die eben gerade im Geschäft vorrätig ist, weil der Reis eine Spende war. "4,89 Euro kostet dieser Reis sonst", rechnet Marktleiterin Sigrid Wimmer vor.

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Doch der VinziMarkt ist anders, seit er vor 19 Jahren der Graz in Betrieb ging, wird maximal ein Drittel des regulären Preises für die Lebensmittel verlangt. Brot gibt es ab einem Einkauf von drei Euro kostenlos dazu, wenn die Kunden es wünschen, solange eben Gebäck verfügbar ist. Wimmer zeigt auf ein noch volles Brotregal vor der Geschäftsöffnung: "Das ist ganz schnell leer."

7.500 Menschen sind als bezugsberechtigte Kundinnen und Kunden beim VinziMarkt in der Karl-Morre-Straße registriert. Jakob, vierfacher Familienvater ist einer von ihnen, seit fast genau einem Jahr. "Zwei Verdiener, vier Kinder, circa 2.600 Euro im Monat, die Lebenshaltungskosten steigen“, begründet der Grazer schlicht, weshalb er bei dem Laden der VinziWerke nun Stammkunde ist. 

Wieso hier eingekauft wird 

"Das hat eine rechnerische Grundlage", betont Jakob. "Warum soll ich nicht dazu stehen, hier einzukaufen?“ Doch er wisse, dass es für viele "eine Hemmschwelle" gibt: "Aber ich glaube, das ist falscher Stolz. Es gibt genügend Leute, die Arbeit haben und trotzdem geht es sich mit dem Geld nicht aus."

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Berechtigt zum Einkaufen ist, wer als Einzelner nicht mehr als 1.150 Euro monatlich zur Verfügung hat, ab Jänner hebt die Sozialeinrichtung diese Grenze auf 1.244 Euro an.

Wenn Nudeln und Reis fehlen: Die Sorge vor leeren Regalen

Marktleiterin Sigrid Wimmer

Das Einkaufslimit liegt pro Woche bei 35 Euro.

Was in den Regalen fehlt

150 bis 180 Kundinnen und Kunden kommen pro Tag, wobei das Geschäft nur rund vier Stunden täglich geöffnet ist. Das Sortiment wechselt je nach Spendenaufkommen, zuweilen ist der Laden auch ausverkauft, schildert Wimmer. 

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Derzeit sind einige Regale leer: Es fehlen Grundnahrungsmittel wie Nudeln und Reis, Zucker und Salz, auch Tiefkühl-und Dosengerichte sowie Hygieneartikel. Das liege am steigenden Bedarf der Kundschaft einerseits, andererseits aber auch an punktgenaueren Warenkalkulationen der Großspender, etwa der Supermärkte, die damit weniger als früher zur Verfügung stellen können.

Warum der Markt keine Geldspenden nimmt

Geld nimmt der Markt nicht an, nur Warenspenden. "Wir kaufen nicht zu, das ist nicht unser Weg", begründet Leiterin Wimmer.

Supermärkte, Bäcker oder Landwirte stellen Produkte zur Verfügung, auch Privatpersonen spenden. Unter ihnen auch Menschen, die selbst wenig haben. "Eine Dame, die hier selbst Kundin bei uns ist, hat einen Spendenaufruf gelesen", schildert Wimmer. "Sie hat eine Zahnpaste und eine Zahnbürste gebracht, mehr kann sie sich nicht leisten, aber sie will etwas beitragen. Das geht einem schon sehr nahe."

Drei Scheiben Brot bis zum Ersten

Ebenso wie der Anruf eines Pensionisten, der bat, ob er sich ein Sackerl abgepacktes Schnittbrot vielleicht gratis holen dürfe. Dann könnte er bis zum Monatsersten jeden Tag drei Scheiben essen, bis er wieder Geld auf dem Konto habe. Wimmer und ihr Team aus 21 Ehrenamtlichen richteten ihm ein Esspaket, kostenlos, die Freude des Mannes war Bezahlung genug. "Er hat gefragt: ‚Frau Sigrid, darf ich Sie umarmen?‘", erinnert sich die Geschäftsleiterin. Er durfte. "So etwas macht mich froh", versichert Wimmer.  "Ich weiß, da haben wir etwas Gutes getan."

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