Tausche Sekt gegen Bombe - so arbeiten die Entschärfer der Polizei
"Sie würden sich wundern, was Menschen alles zuhause herumstehen haben", sagt Andreas Waloschek. Der Polizist ist ein so genannter SKO, ein sprengstoffkundiges Organ. Wenn Menschen beim Spazieren gehen im Wald Fliegerbomben finden und diese mit der Straßenbahn zum nächsten Wachzimmer bringen – das tun übrigens tatsächlich manche – dann wird Waloschek gerufen. Oder einer seiner rund 100 Kollegen.
200 Prozent mehr Einsätze
In Zeiten der Terrorgefahr haben die Beamten viel zu tun. Allein von 2013 bis 2017 ist die Zahl der Einsätze um 200 Prozent gestiegen. Doch nicht nur die Angst vor herrenlosen Koffern steigt, auch die Zahl der Sprengstofffreunde hat zugenommen. "Heuer hatten wir ein lustiges Silvester", berichtet er. Die Beamten mussten fast 26 Stunden durchgehend im Dienst bleiben, weil so viele Zigarettenautomaten mit Böllern gesprengt wurden.
Großeinsätze für die Entschärfer gibt es vor allem, wenn Staatsgäste wie Wladimir Putin kommen oder der Opernball stattfindet. Wenn gefährdete Politiker in der Nacht auf die Idee kommen, Spaziergänge zu unternehmen, dann muss immer ein SKO mit dabei sein, falls etwas verdächtiges gefunden wird. Eine spezielle Uniform oder Erkennung tragen die Entschärfer nicht: „Wenn wir bei einem Konzert mit einer Jacke mit der Aufschrift ,bomb squad’ durchmarschieren würde es wohl zu einer Massenpanik kommen“, meint Waloschek.
Der Briefbomber
Das Wichtigste im Beruf ist Sicherheit: "Wir gefährden keine Menschenleben", sagt der Entschärfer. Der letzte grobe Vorfall geschah 1994, als SKO Theo Kelz eine Bombe des Briefbombers Franz Fuchs zur Röntgenstraße brachte. Bei der Explosion wurden ihm beide Unterarme weggerissen.
Wegen der zunehmenden Alarmierungen wird auch die Zahl der Entschärfer weiter aufgestockt. Aktuell werden außerdem rund 40 Hunde eingesetzt, die die Inhaltsstoffe von Sprengstoffen erschnüffeln können. Gefährlich wird es dann, wenn sich das Tier passiv verhält und damit den Sprengstoffund anzeigt. Denn die Hunde sind so abgerichtet, dass sie sich ruhig verhalten, wenn sie Sprengstoff bemerken. "Es wäre blöd für uns, wenn die Hunde mit einer Bombe im Maul zu uns laufen würden", sagt Waloschek. Er betont, dass verdächtige Gegenstände nie angefasst und nie transportiert werden sollen. "Machen Sie ein Foto, markieren Sie die Fundstelle und rufen Sie den Notruf", sagt Waloschek.
"Einwegentschärfer"
Es gibt immer noch viele Fälle, bei denen Menschen falsch reagieren. Einer bot etwa einen Metallbehälter im Tausch gegen drei Flaschen Sekt im Internet an. Nachdem dieser Tausch vollzogen wurde und der neue Besitzer eines Türstoppers mit der Straßenbahn nach Hause fuhr, kam ihm etwas verdächtig vor. Die Polizei stellte fest, dass es sich um eine Fliegerbombe handelte – vielleicht kein so idealer Türstopper.
Für derart krasse Fälle gibt es in Entschärferkeisen einen Spezialausdruck: Erlebnisorientierte Einwegentschärfer.
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