Dicke Luft im Nichtraucherbereich

Schutz vor Zigarettenrauch in Lokalen praktisch nicht existent. Rauchsheriff plant "Aktion scharf".

Nichtrauchern wird in der Gastronomie eine Sicherheit vorgespielt, die nicht vorhanden ist. Das österreichische Tabakgesetz ist eine Augenauswischerei“, erklärte am Mittwoch der Leiter der Präventivmedizin an der Uni-Wien, Manfred Neuberger.

Dem Umweltmediziner gelang erstmals der Nachweis, dass die Trennung in Nichtraucher- und Raucherbereichen beinahe wirkungslos ist. In der Studie wurde die Luft von 134 Gasträumen (Kaffeehäuser, Bars, Pubs, Restaurants, Discos) auf Ultra-Feinstaub-Partikel (die im Zigarettenrauch enthalten sind) getestet. (Details zur Studie und zum Tabakgesetz lesen Sie hier).

Dicke Luft im Nichtraucherbereich
Tabakkonsum, Grafik

So sind Nichtraucherräume in unmittelbarer Nähe zu Raucherbereichen mit rund 26.000 Partikel/Kubikzentimeter noch immer stark kontaminiert. Zum Vergleich: In Lokalen wo Zigarettenqualm tabu ist wurden 7400 Partikel/Kubikzentimeter in der Luft gemessen. Raucherräume zeigten eine Konzentration von 66.000 Ultra-Feinstaub-Partikel.

Dicke Luft im Nichtraucherbereich
Ultra-Feinstaub greift die Lunge in den tiefsten Regionen an und gelangt direkt ins Blut. Organschäden und Herz-Kreislauf-Defizite werden dadurch eingeleitet, so das Statement der Studienautoren. „Eine Schande für Österreich, wenn man bedenkt, dass sogar der Kosovo oder die Türkei ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie eingeführt haben“, erklärt Neuberger.

Mit dem Studien-Ergebnis konfrontiert, reagierte Gesundheitsminister Alois Stöger resignierend: „Als Gesundheitsminister war ich immer für eine strengere Lösung. Im Parlament aber gibt es keine Mehrheit. Nach den Nationalratswahlen werden die Karten neu gemischt.“ Stöger selbst wurde vor Jahren zum Nichtraucher. Aktuell plädieren im Parlament nur die Grünen für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie.

Dicke Luft im Nichtraucherbereich
APA2786787-2 - 30082010 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA 155 CI - Ernst H., der langjährige Freund von Natascha Kampuschs Entführer, Wolfgang Priklopil, hat sich am Montag, 30. August 2010, im Wiener Straflandesgericht in seinem Prozess wegen Begünstigung "nicht schuldig" bekannt. Im Bild: Ernst H. (links) und sein Anwalt Manfred Ainedter. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH

Die Raucher des Landes können sich mit der Forderung eines Qualm-Verbotes naturgemäß nicht anfreunden. Promi-Anwalt Manfred Ainedter, laut Eigendefinition Genussraucher, zeigt sich zum Thema immer gesprächsbereit: „Man darf sich von den Nikotin-Taliban nicht beeindrucken lassen. Das Tabakgesetz funktioniert. Warum wohl blüht der Tourismus? Weil ein vernünftiges Miteinander in unserem Land noch möglich ist.“

Dass die Luft für Raucher in der kommenden Legislaturperiode dünn werden könnte, zeigte die Forderung der Ärzteschaft nach einem Rauchverbot im Auto, wenn Kinder dabei sind. Ärztekammer-Präsident Arthur Wechselberger: „Der Schutz unserer Kinder vor dem Passivrauchen hat Priorität. Ich kann mir ein neues Gesetz vorstellen. Aus medizinischer Sicht gibt es keinerlei Zweifel.“

Österreichs aktivster Rauchsheriff, Dietmar Erlacher, kündigt bis zum Welt-Nichtrauchertag am 31. Mai eine weitere Anzeigen-Offensive an: „Wir werden Gastronomiebetriebe in Wien und NÖ verstärkt kontrollieren. Wirte, die trotz Gesetz, keine Nichtraucher-Räume haben oder die Türen zu diesen Bereichen offen lassen, werden angezeigt.“

Um breite Aufmerksamkeit zu erreichen, greifen Erlacher und Unterstützer zu drastischen Mitteln – ganz nach US-Vorbild. Denn bis 31. Mai sollen die säumigen Betriebe im Internet unter www.rauchsheriff.at veröffentlicht werden. Österreichs Nichtraucher zeigten seit in Kraft treten des Tabakgesetzes 2009 bereits 18.500 Wirte bei den Behörden an.

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