Skandal in Vorarlberg: Das Ende der Beschaulichkeit

Landeshauptmann und VP-Chef Markus Wallner muss sich keine großen Sorgen machen
Ein „Unternehmertreff mit Sebastian Kurz“ in Vorarlberg im August 2019 – ausgerichtet und im Wesentlichen bezahlt vom Wirtschaftsbund, dessen Finanzgebarung inzwischen zum Skandal geraten ist. Die Nationalrats- und die Landtagswahlen standen damals vor der Tür.
Nicht nur Kurz rührte bei der Veranstaltung die Werbetrommel in eigener Sache, sondern auch Landeshauptmann Markus Wallner, der in einem Videointerview bei dem Event die kurzen Entscheidungswege im Ländle rühmte: „Diese Kleinheit hat sehr, sehr viele Vorteile.“.
Diese Kleinheit bringt es mit sich, dass die Überschneidungen von politischen, wirtschaftlichen und medialen Machtzirkeln groß sind. In diesem Biotop hat sich ein VP-Sumpf gebildet, der nun droht, den Landeshauptmann in den Abgrund zu ziehen.
Ein neuer Ton
Am Freitag forderte die Opposition – SPÖ, FPÖ und Neos – geschlossen den Rücktritt von Wallner. Und das in einem Bundesland, in dem der Ton in der Landespolitik nur selten rau wird und der Umgang untereinander von Pragmatismus geprägt ist.
Auslöser: Laut einem Bericht der Vorarlberger Nachrichten vom Freitag soll Wallner bei einem Betriebsbesuch selbst um Inserate in der Wirtschaftsbund-Zeitung geworben und dafür politisches Entgegenkommen versprochen haben. „Ich bin doch kein Inseratenkeiler“, stellte Wallner dies in Abrede.
Mit diesen Vorwürfen ist die Inseratenaffäre direkt beim Landeshauptmann angelangt. Spitzenfunktionäre machen ihm vorerst die Mauer. Doch es ist zweifellos Wallners größte Krise, seit er 2011 ins Amt gekommen ist.
"Derzeit gilt Aufklären, nicht Zurücktreten", sagt Vorarlbergs VP-Bauernbundobmann Josef Moosbrugger zum KURIER. Es gelte "Fakten offenlegen, Transparenz". Und dabei sieht er auch den Landeshauptmann gefordert, wie er auf Nachfrage sagt.
Was Wallner stützt, ist die Tatsache, dass ausgerechnet der mit schweren Vorwürfen konfrontierte Wirtschaftsbund das Machtzentrum der Vorarlberger Volkspartei ist. Ein Nachfolger aus dieser Ecke müsste also glaubhaft versichern können, keine Berührungspunkte zu der Affäre zu haben. Das gälte auch für Finanzminister Magnus Brunner, der aus dem Wirtschaftsbund kommt.
In Vorarlberg selbst werden andere Kandidaten an der Gerüchtebörse gehandelt. So etwa Tourismus-Landesrat Christian Gantner (Bauernbund). Auch der Name von Ex-Landesrätin Andrea Kaufmann fällt. Sie ist seit 2013 Bürgermeisterin von Dornbirn – wirtschaftliches Zentrum und bevölkerungsreichste Gemeinde des Bundeslandes.
Außenseiterchancen hätte Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher, der aber die Machtbasis in der Partei fehlt.
Noch ist es zu früh, um Wallner abzuschreiben. Für seine schwarz-grüne Koalition ist die Affäre aber jedenfalls eine Zerreißprobe. Ironie der Geschichte: Es waren die Grünen, die schon seit über einem Jahrzehnt immer wieder die Inseratengeschäfte beim Wirtschaftsbund kritisiert haben.
Mediale Aufregung löste das in Vorarlberg nicht aus. Die VN, das Flaggschiff des dortigen Quasi-Medienmonopolisten Russmedia und gewichtige Stimme im Ländle, hat erst jetzt in den Aufdeckermodus gewechselt.
Möglicher Hemmschuh: Das Verlagshaus und der inzwischen zurückgetretene Wirtschaftsbunddirektor Jürgen Kessler waren über eine Firma verbunden, bei der ebenfalls mit Inseratengeschäften – etwa in der Zeitung der Wirtschaftskammer – Geld verdient wurde.
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