"Sieg Heil" im Railjet: Verdächtige ausgeforscht, 3 Fälle bekannt
Verstörende Durchsagen sind am Sonntag in einem ÖBB-Railjet abgespielt worden. Statt der üblichen Ansagen schallte eine Hitler-Rede mit „Heil Hitler“- und mehreren „Sieg Heil“-Rufen durch den Zug. Außerdem gab es minutenlang fehlerhafte und sinnlose Informationen.
Es war nicht der erste derartige Vorfall. Laut ÖBB wurden zwei Personen angezeigt. Sie waren via Videoauswertung ausgeforscht worden. Die Einspielungen erfolgten laut Bahn direkt im Zug über die Sprechstellen - und sorgten im Zug für blankes Entsetzen.
David Stögmüller saß am Sonntagabend, wie so oft, im Zug von Oberösterreich nach Wien. Der Grüne Nationalratsabgeordnete war im Railjet 661 in die Bundeshauptstadt unterwegs, als er zwischen St. Pölten und Wien seinen Ohren nicht mehr traute.
"Gerade wurden im Railjet 661 mehrmals "Sieg Heil"-Rufe durch das Lautsprecher-System ausgestrahlt!", schrieb er völlig entsetzt auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Er postete auch eine Videoaufnahme, auf der die "Sieg Heil"-Aussage deutlich zu hören war. Stögmüller merkte weiters an, dass die Zugbegleiterin völlig hilflos der Situation ausgesetzt gewesen sei: "Ich hoffe, es erfolgt eine Anzeige und schleunigst Aufklärung."
Fahrgäste als Verdächtige
Und die folgte direkt am Montag: Zwei Männer seien von den ÖBB angezeigt worden, sagte Roland Scherscher vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) Niederösterreich.
Die Verdächtigen seien noch nicht befragt worden. Es handle es sich um Fahrgäste, nicht um ÖBB-Personal. Ermittelt werde nach dem Verbotsgesetz, so Scherscher.
Drei Fälle sind bekannt
Insgesamt drei Fälle, in denen die Lautsprecher „gekapert“ wurden, sind bei den ÖBB bekannt. Der Vorfall am Sonntag war der erste nach dem Verbotsgesetz, der dem LVT NÖ zur Kenntnis gebracht worden sei, erklärte Scherscher.
Im Zug waren Ausschnitte aus einer historischen Aufnahme einer Hitler-Rede zu hören gewesen. Danach folgten mehrere „Sieg Heil“-Rufe. Die Verbreitung nationalsozialistischer Inhalte fällt unter Wiederbetätigung und ist strafbar.
Die ersten beiden Vorfälle gab es in der Vorwoche, immer auf der Strecke zwischen St. Pölten und Wien, sagte ein ÖBB-Sprecher. Das Duo dürfte die Sprechstellen, die es in jedem Waggon gibt, mit einem eigenen Schlüssel, den jeder Bahnmitarbeiter hat, geöffnet und dann die Aufnahmen abgespielt haben.
Dadurch werden die Notsprechstellen blockiert. „Selbst Kinderlieder abzuspielen ist kein Kavaliersdelikt“, bekräftigte der ÖBB-Sprecher. Hacker- oder Cyberangriff gab es definitiv keinen, betonte er.
ÖBB reagierten rasch auf Twitter
Direkt nach dem Vorfall am Sonntag reagierten die ÖBB rasch auf Twitter: "Leider kommt es in einzelnen Zügen zu irritierenden Durchsagen, von denen wir uns inhaltlich klar distanzieren."
Man arbeite auf Hochtouren daran, die Ursache "für diese technischen Störungen zu finden und diese schnellstmöglich zu beheben". Ein Sprecher sagte dem KURIER, dass die Personen bekannt seien, die die Durchsagen über das Lautsprechersystem abgespielt haben. Es dürfe demnach relativ einfach sein, im Zug auf das System zuzugreifen.
Dieser Vorfall am Sonntag dürfte nicht der erste gewesen sein. Auf Twitter gab es Berichte zu lesen, dass vor wenigen Tagen schon ein ähnliche Vorfall passiert sei.
Ein Bahnfahrer berichtete von einem Vorfall im Railjet Express 261. Dort seien falsche Durchsagen, Kinderlieder und Versprecher von Chris Lohner abgespielt worden.
Kommentare