Warum das Burgenland seinen ersten Tunnel bekommt

Schnellstraße S7
Am Freitag wird das erste Teilstück der Schnellstraße S7 zwischen der Steiermark und dem Burgenland eröffnet, die im Endausbau bis zur ungarischen Grenze führt.

1998 wurden die ersten Pläne präsentiert, am Freitag - 25 Jahre später - ist es soweit: Die Schnellstraße S7 biegt in die Zielgerade, das erste Teilstück zwischen Riegersdorf in der Steiermark bis Rudersdorf im Burgenland ist fertig. 

Das wird am Freitag direkt an der neu errichteten Unterflurtrasse Speltenbach groß zelebriert: Rund 2.000 Bürgerinnen und Bürger aus der Region sind eingeladen, mitzufeiern, wenn Landespolitiker aus  der Steiermark und dem Burgenland, Vorstände der Asfinag und Bürgermeister die Eröffnung der ersten 15 Kilometer der S7 vornehmen. 

Ehrengäste aus dem von Leonore Gewessler (Grüne) geführten Infrastrukturministerium scheinen auf der Liste nicht auf.

Doch was steckt hinter dem Projekt, das im Endausbau 900 Millionen Euro kostet? - Ein Überblick. 

Wie verläuft die Strecke?

Die gesamte Schnellstraße S7 ist rund 29 Kilometer lang, gebaut wurde in zwei Abschnitten: Der erste Abschnitt  - West - mit rund 15 Kilometern führt vom steirischen Riegersdorf über Fürstenfeld bis Dobersdorf im Burgenland. Dieser Teil wird am Freitag eröffnet. Der Abschnitt Ost misst 13,5 Kilometer, führt bis Heiligenkreuz und somit bis zur Staatsgrenze von Ungarn, wo sie an die ungarische Schnellstraße M80 anschließt.  Dieser Abschnitt soll im Sommer 2025 fertig sein.

Der Knoten Riegersdorf verbindet die S7 mit der Südautobahn (A2). Errichtet werden auch eine Unterflurtrasse (Speltenbach) sowie ein knapp drei Kilometer langer Tunnel (Rudersdorf) - der erste Tunnel im Burgenland überhaupt.

Weshalb wird gebaut?

Begründet wird der Bau unter anderem mit der Entlastung der Gemeinden vom Durchzugsverkehr, speziell jenen von Lkw in Richtung Ungarn. So sollen es allein im Ort Großwilfersdorf nur noch 6.000 statt 22.000 Kfz täglich sein. "Wer die Gegebenheiten der Gemeinden von Großwilfersdorf bis Heiligenkreuz kennt, weiß genau, welche Belastung die Bewohnerinnen und Bewohner seit vielen Jahren aushalten mussten", sagt Asfinag-Geschäftsführer Alexander Walcher.

Wie hoch sind die Kosten?

Insgesamt beziffert der Straßenerhalter Asfinag die Kosten mit 900 Millionen Euro, etwa zwei Drittel davon fielen für den Abschnitt West an, der am Freitag in Betrieb gehen kann. 2015 gab es noch Kalkulationen mit Kosten von 600 bis 630 Millionen Euro. Allein die Unterflurtrasse Speltenbach kostete rund 72 Millionen Euro (inklusive unter anderem zweier Kleinbrücken und sechs Gewässerschutzanlagen). Der Tunnel Rudersdorf schlug sich mit 175 Millionen Euro zu Buche. 

Wie viel Fläche wurde verbaut?

Für den Straßenbau rund 70 Hektar. Neben Tunnel und Unterflurtrasse wurden unter anderem auch zwei Klappbrücken über die Lafnitz errichtet, was in einer Art Fertigteilbau geschah: Es wurden vor Ort fertige Träger ausgeklappt und dann mit Beton ausgefüllt.

  • 2002: Planung und Bau der S7 werden an die damalige ÖSAG ﴾Österreichische Autobahnen und Schnellstraßen AG, später Asfinag﴿ vergeben
  • 2003: Im Jänner wird mit der Erstellung des Vorprojektes ‐ der Trassenfindung ‐ begonnen, um die erforderlichen Behördenverfahren wie Naturschutz und
    Wasserrecht durchzuführen
  • 2005: Ende Mai machen Gegner des Baus der S7 im Südburgenland erstmals Ernst: Eine Protestveranstaltung blockiert den südburgenländischen
    Grenzübergang zu Ungarn, Heiligenkreuz
  • 2006: Die Detailplanungen sowie begleitende Entlastungsmaßnahmen laufen an
  • 2007: Mit der Gründung der Asfinag wird auch ein mit dem Verkehrsministerium koordiniertes Bauprogramm bis 2013 vorgestellt - darunter ist auch die S7 als Teil der Verbindung Graz ‐ Budapest
  • 2008: Im Abschnitt West ﴾Anschluss A2/Riegersdorf ‐ Dobersdorf﴿ werden detaillierte Bodenerkundungen sowie archäologische Notgrabungen in Angriff genommen. Der Baubeginn im steirischen Abschnitt ist für 2010 geplant
  • 2009:  Die Bürgerinitiative "Allianz gegen die S7“ übergibt im Rahmen des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren ﴾UVP﴿ rund 1.500 Einwendungen
  • 2011:  Die UVP für den Westabschnitt der Fürstenfelder Schnellstraße ﴾S7﴿ von Riegersdorf ﴾Anschluss an die A2﴿ bis Dobersdorf im Burgenland ist abgeschlossen
  • 2012:  Der Baubeginn für die S7 verzögert sich. Grund dafür ist ein Formalfehler, der Verwaltungsgerichtshof ﴾VwGH﴿ hob einen Bescheid auf
  • 2016:  Drei Wochen nach der Entscheidung über den Abschnitt Ost der S7 hat das Bundesverwaltungsgericht ﴾BVwG﴿  die Beschwerde gegen den UVP‐Bescheid für den Westabschnitt abgewiesen
  • 2017: Der Baustart lässt im April weiterhin auf sich warten. Der Verwaltungsgerichtshof ﴾VwGH﴿ hebt die Wasserrechtsbescheide nach drei Jahren Verfahrensdauer wegen eines Formalmangels auf
    Im August weist das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden gegen den Wasserrechtsbescheid zum Abschnitt West der Fürstenfelder
    Schnellstraße ﴾S7﴿ ab. Am18. Dezember feiern die beiden Landeshauptleute Hermann Schützenhöfer ﴾ÖVP, Steiermark﴿ und Hans Niessl ﴾SPÖ, Burgenland﴿ in Fürstenfeld
    in einer PK den Baustart

Gibt es Ausgleichsflächen?

Die Asfinag gibt die Fläche der Ausgleichsmaßnahmen mit 480 Hektar an, also mehr als das Sechsfache der durch die Straße versiegelten Fläche.  "Die S7 ist in dieser Hinsicht ein absolutes Vorzeigeprojekt", ist sich Vorstand Hartwig Hufnagl sicher. "Wir haben Wälder mit einheimischen robusten Bäumen aufgeforstet, eigene Wiesen für bedrohte Tierarten angekauft und bepflanzt, Brutstätten für seltene Vogelarten angelegt."

Zudem gäbe es auch 22 Teiche für Amphibien, einen eigenen Fledermaustunnel sowie 300 Nistkästen für Fledermäuse. Die Kosten für die Ausgleichsmaßnahmen beziffert die Asfinag mit 200 Millionen Euro. 

Weshalb dauerte die Umsetzung mehr als 20 Jahre?

Es gab immer wieder Kritik an der Sinnhaftigkeit des Projekt und Einsprüche. Zudem musste Rücksicht auf geschützte Tierarten genommen werden, etwa auf den Wiesenknopf Ameisenbläuling, einer Schmetterlingsart, für die Ausgleichsflächen angelegt werden mussten. Dadurch verzögerte sich allein Abschnitt Ost um rund ein Jahr.  

Kommentare