Salzburg setzt statt Straßentunnel auf die Öffis
„Der Gitzentunnel ist nicht versenkt“, sagte Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) bei der Präsentation des Budgets für 2019. Ob der in den vergangenen Wochen heiß diskutierte Umfahrungstunnel für Bergheim im Norden Salzburgs aber jemals gebaut wird, steht in den Sternen. Zumindest für die kommenden fünf Jahre liegt er nun einmal auf Eis.
Das war die meistbeachtete Entscheidung, die die Landesregierung bei der Budgeterstellung traf, und sie ist richtungsweisend. Salzburg verabschiedet sich vorerst von einem 150 Millionen Euro teuren Straßentunnelprojekt und investiert stattdessen in den öffentlichen Verkehr. So bekommt der Norden Salzburgs einen Ausbau der Lokalbahn.
Takt wird verkürzt
Sie wird streckenweise zweispurig ausgebaut, um eine Taktverdichtung von 30 auf 15 Minuten zu ermöglichen. „Zusätzlich erweitern wir Bus-Takte in allen Bezirken und die Taktung der S-Bahnlinie 3 in Richtung Süden. Es geht mir dabei vor allem darum, auch am Abend Busse und verstärkten Bahnverkehr anbieten zu können“, sagte Verkehrslandesrat Stefan Schnöll ( ÖVP).
Auch bei den Tickets wird investiert. Für das gesamte Bundesland soll es eine Jahreskarte um 595 Euro geben – fast 1000 Euro billiger als bisher. Dazu sind neben dem bereits existierenden Stadt-Jahresticket regionale Jahreskarten Nord und Süd um ebenfalls 365 Euro geplant. In die Straßen wird aber auch ohne Gitzentunnel investiert. Die Mittel für Sanierungen werden auf 17 Millionen Euro fast verdoppelt. Insgesamt setzt das Budget aber einen klaren Schwerpunkt auf den öffentlichen Verkehr. Damit zieht Salzburg etwa im Vergleich mit Tirol nach.
Ausbaupläne anderswo
In Innsbruck hat es fast zwei Jahrzehnte von der Entscheidung bis zur Inbetriebnahme der Regionalbahn gedauert. Am 29. Jänner geht die Trasse quer durch Innsbruck mit zwei neuen Straßenbahnlinien in Betrieb. Fast 400 Millionen Euro hat das Stadt (2/3) und Land (1/3) gekostet – 140 davon für neue Tramfahrzeuge. Das Mammutvorhaben war auch immer wieder Inhalt politischer Debatten.
Die Straßenbahn soll vor allem die Kapazitäten in der Beförderung steigern. Die Planungen für zwei Äste an den Enden der bald fertigen Strecken sind schon in Gang. Dort werden in weiterer Folge noch die Gemeinden Rum und Völs angebunden. Womit die Tram erst zu einer echten Regionalbahn wird.
In Linz soll die zweite Schienenachse das völlig ausgelastete Straßenbahnnetz entlasten. Dazu wäre geplant, die Mühlkreisbahn bis zum zentralen Hauptbahnhof zu führen. Die Stadt Linz will diese Kombibahn zu einem großen Teil als U-Bahn führen. Das Land, das dabei mitzahlen muss, ist skeptisch. Im Moment stocken die Planungen für die zweite Schienenachse aber, weil der Landesrechnungshof prüft, ob eine unterirdische Führung zweckmäßig und finanzierbar ist.
Geld kommt aus zu vielen Töpfen
VCÖ-Verkehrsexperte Markus Gansterer erklärt im Interview, warum es eine Finanzierungsreform braucht
Wie beurteilen Sie die Absage eines
Straßentunnels zugunsten des öffentlichen Verkehrs vonseiten der Salzburger Landesregierung?
Markus Gansterer: Grundsätzlich ist diese Richtung sehr zu begrüßen. Es ist klar, dass gerade in Ballungsräumen die Straße den Zuwachs an Verkehr nicht mehr auffangen kann. Die Frage ist, ob man extrem große Summen für Straßenprojekte in die Hand nimmt und dazu noch Auswirkungen auf Luft und Lärm hat – oder ob man stattdessen in den sehr viel effizienteren öffentlichen Verkehr investiert.
Warum dauert in Österreich bei vielen Projekten im öffentlichen Verkehr allein die Entscheidungsfindung oft jahrelang?
Ein wesentlicher Punkt ist die zersplitterte Finanzierung im Verkehrssystem. Wir haben die verschiedensten Töpfe für die Bestellung von Bussen und Zügen. Historisch wurde aus der Schülerfreifahrt viel finanziert. Es ist wichtig, dass die Finanzierung für die Ballungsräume ähnlich der Schweiz vereinheitlicht wird. Dort wird eine Prioritätenliste abgearbeitet.
Verkehrsminister Hofer möchte öffentliche Verkehrsprojekte in Ballungsräumen ab 2020 verstärkt fördern. Was halten Sie davon?
Wenn es in dem Sinne passiert, dass nicht nur eine Wunschliste abgearbeitet wird, sondern nach klaren Kriterien die wichtigsten Projekte finanziert werden, dann ist das sehr zu begrüßen. Allerdings nur, wenn es zusätzliches Geld gibt, weil sonst fehlt es woanders.
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