Nun hat auch der damalige Chefermittler Ernst Geiger seine Erinnerungen niedergeschrieben und lässt es am Ende offen, was Robert M. tatsächlich angetrieben hat.
Die Szene ist packend als sich die Ermittler und der Dieb gegenüber sitzen. M. bietet an, den Ort zu verraten, wo die Saliera vergraben ist, wenn seine Version der Geschichte als die wahre präsentiert wird.
Schnitzeljagd und Wasserwerke
Auch wenn Geiger (aus rechtlichen Gründen) betont, dass manches Fiktion sei, so ist doch praktisch alles so passiert, wie auch Zeitzeugen bestätigen. Spannend ist die Schnitzeljagd, wenn die Ermittler die Übergabe durchführen und M. den schwer kranken Kripobeamten auf dem Fahrrad durch halb Wien dirigiert. Robert M. aber entdeckt bei seinem in der Muthgasse geparkten Auto zwei weiße Lieferwagen.
Er glaubt, dass es sich um verdeckte Ermittler handelt und bricht die Aktion ab, obwohl er die echten Verfolger des Boten abgeschüttelt hat. Erbost stürmt er in einen Handyshop auf der Mariahilfer Straße, um sich ein – damals noch anonym erhältliches – Wertkartenhandy, um den Ermittlern eine bitterböse SMS-Nachricht zu schicken. Dabei übersieht er, dass in dem Geschäft eine Überwachungskamera installiert ist. „Die beiden Fahrzeuge waren von den Wasserwerken“, erinnert sich ein damals involvierter Beamter im KURIER-Gespräch. Wie so oft stolpern die großen Kriminellen über die kleinen Dinge.
Doch nicht nur Kleinigkeiten erfährt man in Geigers Buch über den angehenden Polizeikrieg, der Ermittlungen gegen die zwei Favoriten für den Posten des Wiener Polizeipräsidenten auslösen wird. Einer davon ist Chefermittler Geiger, der andere sein damaliger Vorgesetzter Roland H., der im Buch als Robert Dachs auftritt. Dabei werden H., pardon: Dachs unsaubere Ermittlungsmethoden und noch vieles mehr vorgeworfen. Glaubt man Insidern, so soll dabei der Fiktionsanteil eher gering sein. Und Geiger behauptet auch, ohne „Dachs“-Anweisungen wäre die Saliera schneller wieder aufgetaucht.
Doch die Rolle so mancher Beteiligter ist eigenartig. Ein Versicherungsboss, der das Erpresserschreiben zurückhält. Oder die Reise von Seipel (alias Direktor Blum) in die Toskana, bei der ihm ein Kleinkrimineller 20.000 Euro für die angebliche Saliera-Vermittlung abknöpft.
Die Ermittler wollten das Überwachungsfoto jedenfalls geheim halten. Als zwei Zeitungen darüber berichten wollen, veröffentlichen sie es schließlich doch. Ms. Tochter erkennt ihren Vater, worauf sich dieser im Sicherheitsbüro (dem heutigen Landeskriminalamt) meldet, um alles auszuräumen. Doch der Saliera-Dieb (im Buch Nick Roßmann) verwickelt sich in Widersprüche.
Das Gericht folgt jedenfalls Ms „besoffener Geschichte“ mit 1,5 Promille, bei der er erst später auf die Idee mit der Erpressung kam, und verurteilt ihn zu fünf Jahren Haft, von denen er wegen guter Führung nur etwas mehr als die Hälfte absitzen muss. Fest steht allerdings, dass eine spätere Rekonstruktion ergab, dass der Diebstahl sich nicht so abgespielt haben kann, wie es der Täter beschrieben hat.
Ernst Geiger:
„Goldraub“
Verlag: edition a.
432 Seiten.
22 Euro
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