Ruf nach Gleichstellung: Homosexueller durfte Freund kein Blut spenden
Anfang des Jahres erkrankte ein homosexuelles Paar an dem Coronavirus. Während einer der Männer wieder gesund wurde, kämpfte sein Partner auf der Intensivstation ums Leben. Die eigentlich benötigten Blutplasma-Infusionen mit Covid-Antikörpern waren damals knappes Gut. Der verzweifelte Lebensgefährte wollte helfen – und Plasma spenden. Aufgrund der geltenden Regelung, die homosexuelle Männer von einer Blutspende ausschließt, war das aber nicht erlaubt. Der Intensivpatient starb.
Der Überlebende ist ein Mitarbeiter der Raiffeisen Bank International AG (RBI), das Unternehmen startet jetzt eine Initiative. „Wir fordern eine diskriminierungsfreie Blutspendepraxis. Sie soll sich am Risikoverhalten der Spenderin bzw. des Spenders orientieren, nicht aber an deren sexueller Orientierung“, sagt RBI-CEO Johann Strobl. Daher präsentierte er mit weiteren führenden Unternehmen in Österreich – darunter Ikea, Microsoft, PWC-Österreich und Telekom Austria – eine Petition. Sie soll bald an Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) übergeben werden soll. Darin wird das Ende von „pauschalen Ausschlussregelungen für homo- und bisexuelle Männer und transidente Personen“ gefordert.
Spendenbereitschaft
Aktuell sieht die österreichische Blutspenderverordnung vor, dass Männer, die in den vergangenen zwölf Monaten Sex mit anderen Männern hatten, für ein weiteres Jahr für die Spende gesperrt werden. Diese Frist soll künftig auf vier Monate verkürzt werden. Das Thema wurde wieder präsent, als durch die Pandemie die Spendenbereitschaft zurückgegangen ist. Länder wie Großbritannien haben daher ihre Regelungen geändert. Homosexuelle Männer werden dort seit Jänner 2021 nicht mehr anders behandelt als heterosexuelle.
In Österreich ist das Rote Kreuz der größte Blutspendedienst. Dort verweist man darauf, dass die Sicherheit von Blutkonserven oberste Priorität habe. „Lockerungen sind generell vorstellbar, wenn diese Sicherheit und dadurch der hohe Schutz für schwerkranke Patientinnen und Patienten gewährleistet bleiben“, sagt Ursula Kreil, Transfusionsmedizinerin beim Roten Kreuz. Männer, die Sex mit Männern haben, würden laut Rotes Kreuz jedoch ein deutlich erhöhtes Risiko einer HIV-Infektion aufweisen. „In Österreich betreffen mehr als 50 Prozent, also jede zweite HIV-Neuinfektion, diese Gruppe. Die Wahrscheinlichkeit, sich mit HIV zu infizieren, ist damit für diese Gruppe um ein Vielfaches höher als für den Rest der Gesellschaft.“
Andrea Brunner von der Aids Hilfe Wien ist hingegen sicher, dass Regelungen anderer Länder zeigen würden, dass Sicherheit auch ohne pauschale Rückstellung von dadurch diskriminierten Personengruppen erreicht werden könne.
Vom Gesundheitsministerium heißt es, dass man „eine Gesundheitsfolgenabschätzung in Auftrag gegeben“ habe. Diese beschäftigt sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen geänderter Befragungen von Spendern. Nachdem der Endbericht erschienen ist, der für Herbst 2021 erwartet wird, sollen weitere Schritte folgen: „Fachlich muss zur Gewährleistung der Sicherheit von Blut und Blutprodukten auch das Risiko der Übertragung von HIV und Hepatitis B berücksichtigt und entsprechend getestet werden, um das Risiko einer Übertragung von HIV, Hepatitis B und Hepatitis C auf Patient:innen weiterhin gering zu halten.“
Die Neos und SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner unterstützen die Initiative.
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