Rothschild-Erbe: „Es geht mir nicht um Profit“
So unterschiedlich kann ein Empfangskomitee sein: Während die Stadt Wien im Streit um die Stiftung für die Nervenheilanstalt am Rosenhügel Geoffrey R. Hoguet (69) nicht einmal Akteneinsicht gibt, freut sich die Vereinsführung des Fußballklubs Vienna umso mehr über die Wien-Visite des Rothschild-Enkels.
Denn sein Urgroßvater Nathaniel Anselm von Rothschild, in dessen Namen 1907 die Stiftung gegründet hat, gilt auch als der Gründervater des Vienna Fußballklubs. Mit blau-gelbem Fußball-Shirt (die Farben des Rothschilds-Wappens) und Lederball rückt die Vienna-Vereinsführung zum Termin mit Hoguet an.
Doch das kurze Intermezzo mit dem runden Leder ist nicht der eigentliche Grund, warum Hoguet aus New York anreiste: Heute findet am Bezirksgericht in Hietzing die erste Auseinandersetzung vor Gericht im Kampf um die Zukunft der Rothschild’schen Stiftung statt. Vor mehr als 100 Jahren stiftete Nathaniel Freiherr von Rothschild die Nervenheilanstalt auf dem Wiener Rosenhügel. 1939 lösten die Nazis die Stiftung auf, 1956 wurde sie von der Stadt wiederhergestellt.
Parkinson erkrankt
Nun befürchtet der Rotschild-Erbe, dass sich die Stadt Wien das 80 Millionen-Euro-Vermögen der Stiftung am Rosenhügel komplett unter den Nagel reißen will. Für ihn ist Gefahr in Verzug. „Es geht mir nicht um Profit.“
Die Intention, warum Hoguet in den Clinch mit der Stadt Wien geht, definiert er so: „Ich möchte mit der Stiftung dazu beitragen, dass Österreich wieder, wie zur Zeit meiner Vorfahren, eine führende Position bei der Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Behandlungen bekommt.“
1907 – Gründung
Nathaniel Freiherr von Rothschild gründet eine Stiftung, um am Rosenhügel und im Maria-Theresien-Schlössel Nervenkliniken zu betreiben
1939 – Auflösung
Unter den Nationalsozialisten wird die Stiftung aufgelöst, das Vermögen der Stadt Wien übergeben
1956 – Neustart
Die „Rothschild’sche Stiftung“ wird in ihrer Rechtspersönlichkeit wieder hergestellt. Vertreten ist darin nur noch der Magistrat
1997 – Neuverwendung
Vom Magistrat wird mitgeteilt, dass das Neurologische Spital Maria-Theresien-Schlössel aufgelöst wird. Seit 2002 beherbergt es nun die Lauder Business School
2020 – Verhandlung
Geoffrey R. Hoguet fordert, dass die Rothschild’sche Stiftung in ihre ursprüngliche Form zurückgeführt wird
Dieses Motiv des Rothschild-Erben ist mehr als glaubhaft, leidet Hoguet doch selbst an Parkinson. Seine linke Hand zittert, es kostet ihn sichtbar viel Konzentration, die Kontrolle zu behalten.
Im Oktober des Vorjahres sei ihm zu Ohren gekommen, dass die Stadt Wien offenbar aus den Krankenhaus Rosenhügel Kapital schlagen will, erzählt er. „Dann habe ich zu recherchieren begonnen“, so Hoguet. Und siehe da: Mehrere Bauplätze sowie eine Stellungnahme der Bezirksvorstehung zur Entfernung von 172 Bäumen auf dem Areal des Krankenhauses seien beantragt worden.
Weiters wäre die Nervenheilanstalt nun in das Spital Hietzing eingegliedert worden. „Werden die Patienten abgesiedelt, wird das Objekt nicht mehr für den Stiftungszweck gebraucht und die Stiftung kann aufgelöst werden “, erklärt Anwalt Wulf Hauser. Ähnliches ist schon 1997 passiert: Auch das Maria-Theresien-Schlössel in Döbling, wo ebenfalls eine Nervenheilanstalt untergebracht war, war Teil der Stiftung. Im Dezember 2001 verkaufte die vom Magistrat verwaltete Stiftung das Schlössel an die Stadt Wien um vergleichsweise günstige 92 Millionen Schilling.
Hoguet will nun, dass der Stifterwillen seines Urgroßvaters wieder hergestellt wird. In einem ersten Schritt soll das unabhängige zwölfköpfige Kuratorium unter Vorsitz der Familie Rothschild für die Verwaltung der Stiftung wieder eingesetzt werden. „Wir wollen anerkannte Mediziner, Gesundheitsmanager in dieses Kuratorium setzen. Diese Experten sollen über die Zukunft des Krankenhauses entscheiden. Vorsitzende des Kuratoriums soll ein Mitglied der Familie Rothschild sein“, sagt Hoguet. Und dann gibt es noch einen Wunsch: Der Familienname Rothschild soll im Zusammenhang mit dem neurologischen Zentrum am Rosenhügel wieder aufscheinen. Dieser wird derzeit ziemlich verschwiegen. „Nicht einmal ein Schild gibt es irgendwo“.
Keine Transparenz
Vollkommen unverständlich ist Houget die Reaktion der Stadt Wien. Statt das Gespräch zu suchen, stelle SPÖ-Stadtrat Peter Hacker auf stur. „Es gibt für uns keine Akteneinsicht und die Stadt bestreitet sogar, dass mein Mandant Hoguet legitimiert sei, als Kläger aufzutreten. Das ist unverständlich“, kritisiert Anwalt Hauser. Die Stadt Wien mache „Insichgeschäfte“ und Magistratsbeamte verwalten die Stiftung. „Das ist illegal“, erklärt er.
Kommentare