Rot und Grün liebäugeln mit Unterstützung der ÖVP, um Schwarz-Blau zu verhindern

SPÖ-Landesparteichef Michael Schickhfer (re.) steht zum Grazer Kollegen Michael Ehmann
Während die Grazer SPÖ um ein neues Profil ringt, stellen die Sieger-Parteien erste Bedingungen.

Michael Ehmann gesteht ein, dass er die "politisch schlimmsten Tage" hinter sich habe: Die Grazer SPÖ flog Sonntag aus der Stadtregierung, erstmals seit 1945. Denkbar knapp, ihr fehlten 155 Stimmen. So wanderte ihr Sitz zur KPÖ, der Partei, die sich links der SPÖ als soziales Gewissen etabliert hat. Der Ex-Stadtrat wird künftig den auf fünf Leute dezimierten Gemeinderatsklub lenken.

SPÖ-Landesparteiobmann Michael Schickhofer steht auch nach dem Wahldebakel zu Ehmann, noch jedenfalls: Er tat kund, dass er sich nun eine breiter aufgestellte Partei samt "kantigerer Oppositionspolitik" erwartet. Er setze ungern Fristen, aber der Geduldigste sei er auch nicht, mahnte Schickhofer.

Bevor kommende Woche die Verhandlungen mit dem Wahlsieger ÖVP beginnen, sind damit die ersten Grenzen abgesteckt. Ehmann betonte, er habe "keinen Regierungsauftrag" erhalten. Damit erstickte er Spekulationen im Keim, wonach er auf einem ÖVP-Ticket in den Stadtsenat einziehen könnte, als Belohnung für einen schwarz-grün-roten Dreier.

Eine Unterstützung Nagls bei der Wiederwahl zum Stadtchef schloss die SPÖ aber nicht aus. Auch, weil ihn Schwarz-Blau "nicht freut", wie Ehmann betonte. Ähnlich halten das die Grünen. Sie sind fix im Stadtsenat, Tina Wirnsberger ist einem Pakt mit ÖVP-Chef Siegfried Nagl nicht abgeneigt. Schon, um ein schwarz-blaues Bündnis zu verhindern und FPÖ-Chef Mario Eustacchio den Vizebürgermeister-Titel abspenstig zu machen.

Frist bis 6. April

ÖVP und FPÖ zusammen sind die derzeit einzig denkbare fixe Zweierkoalition, nachdem Nagl mit der KPÖ unter Elke Kahr so gar nicht will. Schwarz-Blau hätten eine Mehrheit von 27 der 48 Stimmen im Gemeinderat. Das würde für die Kür des Bürgermeisters genügen, die wegen der gesetzlichen Fristen spätestens am 6. April stattfinden muss, aber auch für Budgetbeschlüsse. Schwarz-Rot-Grün käme auf 29 Stimmen.

Aber FPÖ-Stadtobmann Eustacchio schraubt den Preis hoch. Er machte gestern das Wohnungsressort zur Koalitionsbedingung. Um Gemeindewohnungen zu bekommen, soll es einen "Österreicher-Bonus" geben.

KPÖ brüskiert

Eine Ansage, die wiederum die KPÖ als Affront wertet: Die Kommunisten leiten dieses Ressort seit 1998, das macht einen großen Teil des KPÖ-Erfolges aus. Obfrau Elke Kahr warnte gestern vorsorglich vor einer "Privatisierung der Gemeindewohnungen" und Schwarz-Blau. Sollten sich Nagl und Eustacchio einig werden, kann die KPÖ als zweitstärkste Kraft im Gemeinderat eine Neuverteilung der Ressorts aber nicht beeinflussen: Dafür braucht es eine Mehrheit im Stadtsenat, ÖVP und FPÖ haben gemeinsam vier von sieben Sitzen.

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