Graz: Wahlsieger Nagl steht ohne Wunschpartner da

Nagl (Mitte) hat viele Partner - theoretisch
Integration ist Streitthema mit der FPÖ. Altbürgermeister Stingl mahnt SPÖ zur Volksnähe.

"Das freie Spiel der Kräfte kostet nur Kraft", seufzte Siegfried Nagl vor dem Wahltag und hoffte auf eine bequemere, fixe Zweierkoalition danach. Am liebsten mit der SPÖ. Oder mit den Grünen. Beide Varianten erlebte der Obmann der Stadt-ÖVP in seinen 13 Jahren als Grazer Bürgermeister schon. Dabei fühlte er sich deutlich wohler als zuletzt ohne sichere Mehrheit im Gemeinderat, abhängig von KPÖ oder FPÖ.

Aber weder die Wiederholung von Schwarz-Rot noch Schwarz-Grün geht sich künftig aus. Die Juniorpartner sind zu schwach, Nagl steht ohne einen Wunsch-Partner da. Daran änderten auch die Briefwahlstimmen nichts mehr. Blamabel ist das vor allem für die SPÖ, die seit 1945 stets in der (Proporz-) Regierung saß.

Nagls roter Förderer

Bevor die SPÖ 2003 von der ÖVP geschlagen wurde, war Alfred Stingl mit einer Amtszeit von 18 Jahren der längst dienende Bürgermeister. Er forderte gestern seinen Nachfolger Michael Ehmann indirekt via ORF auf, wieder mehr persönlichen Kontakt zu den Menschen zu suchen. Doch es war Ende der 1990-er Jahre SPÖ-Chef Stingl, der einen jungen ÖVP-Stadtrat unter seine Fittiche nahm - Nagl. Manchmal sei es eben wichtiger, zu fragen, was den Bürgern diene statt der Partei, kommentierte Stingl.

Bleibt die Regierungsperiode bei den regulären fünf Jahren, erreicht Nagl die 18 Jahre seines früheren Förderers. Doch davor braucht er eine Mehrheit im Gemeinderat: 19 Sitze hat seine ÖVP; um zum vierten Mal Bürgermeister zu werden, benötigt er 25 der 48 Stimmen.

Theoretisch hätte der Wahlsieger viel Auswahl: Sowohl mit KPÖ als auch FPÖ ginge sich ein Zweierpakt locker aus. Mit Hilfe der Grünen und Roten wäre eine Dreierkoalition machbar.

Praktisch hat sich Nagl aber im Wahlkampf die Wege dorthin steinig gemacht. Mit der KPÖ will er nicht: Daran ist sachpolitisch das Murkraftwerk in Graz-Puntigam schuld, ideologisch will er er am Kommunismus nicht anstreifen. Bei den Grünen hapert es ebenfalls am Kraftwerk: Sie sind wie die KPÖ dagegen, die ÖVP aber dafür. Dass Montag am Mur-Ufer mit Rodungen für den Bau begonnen wurde, macht die Parteienverhandlungen nicht einfacher.

Die Roten zieren sich auch, vorerst: Nagl hat vor kurzem doch glatt einen Ex-SPÖ-Stadtrat auf seine Seite gezogen. Bleibt die FPÖ. Schnittmengen gäbe es: Ja zum Kraftwerk, Ja zu mehr Sicherheit in der Stadt.

Allerdings tönte Nagl Montag in Ö1, er sehe "eine Riesenkluft" und meinte die blaue Einstellung zu Integrationsfragen.

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