Die Ernte in den rund 13.000 Hektar Weingärten im Burgenland ist zu 95 Prozent eingefahren. Die Bilanz in wenigen Worten: „Die Qualität ist sehr gut, aber die Erntemenge ist heuer um etwa 30 Prozent geringer als im Vorjahr“, sagt der Obmann der Marketingorganisation Wein Burgenland, Matthias Siess.
Auch aufgrund der Preisentwicklung am Traubenmarkt befürchtet er, dass etwa zehn Prozent der Weingärten Pannoniens in den kommenden Jahren verschwinden werden.
Für die bekannten Flaschenweinproduzenten, wie etwa den Deutschkreutzer Walter Kirnbauer, ist die heuer geringere Ausbeute „kein Problem“, wie er sagt.
Schwierig werde es allerdings für jene Weinbauern, die ihre Trauben an den Handel verkaufen, damit diese dort zu Wein weiterverarbeitet werden, weiß Kirnbauer.
Auch wenn die exakten Daten noch nicht am Tisch liegen: Die witterungsbedingten Ausfälle und die niedrigen Traubenpreise bringen vor allem jene Winzer ins Schwitzen, die Trauben bzw. im Gebinde verkaufen.
„Die Preise sind so wie jene am Ende der 1990er Jahre“, sagt Michael Lehrner, Weinbauvereinsobmann der Blaufränkischland-Gemeinde Horitschon im Mittelburgenland.
Auch Lehrner, der Flaschen füllt, hat heuer rund ein Drittel weniger Ertrag. „Ohne unser zusätzliches Angebot mit dem Vermieten von Zimmern würde es trist ausschauen.“
Dennoch hätten vor allem die traubenliefernden Betriebe zu kämpfen, räumt Lehrner ein.
„30 Cent pro Kilo zahlt der Handel für ein Kilo Qualitätstrauben – da kann man nicht überleben.“ Rodungen und Stilllegungen von Weingärten seien die Folge. „Diese Entwicklung wird unsere Kulturlandschaft nachhaltig verändern. Da tickt eine Bombe.“
Auch ein Zusammenschluss der Weinbauern in Winzergenossenschaften und Übernahmeverträge würden die Winzer nicht vor den niedrigen Preisen im Handel bewahren.
Rodung von burgenländischen Weingärten
„Rebstöcke ausgehackt“
Reagiert hat bereits Hannes Achs, Landwirt aus Gols (Bezirk Neusiedl am See). Drei seiner insgesamt 30 Hektar Rebflächen hat er jetzt „ausgehackt“.
„Ich habe heuer um 100 Tonnen, also um etwa die Hälfte weniger Trauben geerntet als im Vorjahr“, rechnet Achs vor. Dazu kämen so wie 2018 auch noch die niedrigen Traubenpreise. Rund 9.000 Kilo der Früchte dürfen pro Hektar geerntet werden. Selbst bei optimalem Ertrag würden da nur 2.700 Euro pro Hektar für den Winzer bleiben. Achs will weiter roden und stattdessen Mais anbauen.
In Pannonien sollen rund 1.000 Hektar allein im Bezirk Neusiedl gerodet werden, hört man hinter vorgehaltener Hand. Bestätigen will man das bei der Bezirkshauptmannschaft aber nicht.
Wein Burgenland-Obmann Siess sieht die Weinlandschaft in den kommenden Jahren im Wandel. „Bei vielen rentiert sich der Weinbau einfach nicht mehr, andere gehen in Pension und finden keinen Nachfolger.“
„Zuviel Altbestand“
Für die Konsumenten werde das insofern Auswirkungen haben, dass vor allem die günstigen Weine, die im Handel aus den Trauben der burgenländischen Winzer hergestellt werden, „preislich anziehen werden.“
Dass für die Früchte so wenig bezahlt worden sei, habe mehrere Gründe. „Zum einen ist zuviel Altbestand vorhanden.“ Auch der Import billiger Flaschenweine würde die Preispolitik im Inland beeinflussen. „Meine Hoffnung ist, dass wir die Exporte steigern können, um den österreichischen Markt zu entlasten“, sagt Siess.
In Niederösterreich sind geplante Rodungen so wie im Burgenland derzeit nur ein Randthema. „In den Weinregionen wie etwa Carnuntum, Traisen- und Kamptal oder Wachau ist das nicht vorstellbar.
Dort haben so gut wie alle Winzer Übernahmeverträge und einen Abnahmepreis“, erklärt Konrad Hackl, Weinbauberater bei der niederösterreichischen Landwirtschaftskammer. Die Höhe liegt dort ungefähr bei 50 bis 80 Cent pro Kilo.
Er kann sich aber vorstellen, dass vielleicht der eine oder andere Winzer im Weinviertel überlegt, einen Teil des Weingarten aufzulassen. „Das betrifft aber nur jene Weinbauern, die ihre Trauben auf dem freien Markt anbieten. Dort bekommen sie für die Sorte Grünen Veltliner nur 30 Cent pro Kilo. Das ist nicht befriedigend und nicht kostendeckend“, so Hackl.
Appell des Weinbaupräsidenten
Österreichs Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager ergänzt: „Ich richte einen dringenden Appell an den Weinhandel, vernünftige, kostendeckende Traubenpreise zu bezahlen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass in diesem Segment verstärkt gerodet wird.“
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