Experten zur Corona-Lage: "Haben keine Zeit mehr zu verlieren"
8.594 neue Infektionen mit dem Coronavirus, 1.826 an Covid-19 erkrankte Patienten im Spital, 352 von ihnen auf Intensivstationen. Am Donnerstag wurde der diesjähriger Höchststand an Neuinfektionen gemeldet, der dritthöchste seit Beginn der Pandemie überhaupt. Zum Maximalwert fehlt auch nicht mehr viel: Am 13. November 2020 wurden 9.586 neue Fälle registriert, damals stand Österreich kurz vor dem zweiten harten Lockdown.
Niederösterreich hat am Donnerstag auch bereits diese Schwelle überschritten: In dem Bundesland wurden 1.518 neue Fälle gemeldet - so viele binnen 24 Stunden gab es noch nie. Österreichweit ist zudem die Anzahl der aktiv Infizierten weit höher als im Vorjahr: Anfang November 2020 waren es rund 42.000, jetzt rund 50.000.
Stufe 3 steht bevor
Seit Mitte September gilt jedoch die Auslastung der Intensivstationen als jenes Kriterium, an das Maßnahmen geknüpft sind aber auch diese Zahl steigt von Tag zu Tag und ist fast so hoch wie im Vorjahr zu Beginn des Lockdowns 2. Die 300er Marke wurde bereits zu Wochenbeginn überschritten. Die 400er Schwelle soll laut Prognosekonsortium der Bundesregierung spätestens am 8. November, wenn nicht gar bereits am Freitag, erreicht sein. Das hieße, Stufe 3 tritt automatisch in Kraft und fiele mit Stufe 2 zusammen.
Vorerst wurde aber die entsprechende Verordnung des Gesundheitsministeriums für eben diese Stufe 2 erlassen, sie gilt ab Montag: 2-G (geimpft, genesen) in der Nachtgastronomie und bei Großveranstaltungen ab 500 Teilnehmern ohne zugewiesene Sitzplätze (geimpft, genesen). Wohnzimmertests verlieren jegliche Gültigkeit als Eintrittskarte. Ebenso gilt 2,5-G (geimpft, genesen oder PCR-getestet) bei Veranstaltungen ohne fixe Sitzplätze, z.B. Hochzeits- oder Weihnachtsfeiern.
Allerdings könnte diese Verordnung bald obsolet sein und eine neue nötig werden: Sobald 400 Betten auf den Intensivstationen belegt sind, tritt Stufe 3 in Kraft, und das ohne Zeitverzögerung; Die bisherige 3-G-Regel wird durch 2,5-G (geimpft, genesen oder PCR-getestet) ersetzt - auch am Arbeitsplatz. Diese Verordnung fehlt allerdings noch.
Weitere Verschärfungen stehen bevor
Für den 17. November rechnen die Experten allerdings bereits mit bis zu 622 belegten Intensivbetten im absolut schlechtesten Szenario, als wahrscheinliche Mittelwert nennt das Konsortium 519 belegte Betten, im Bestfall 434. „Eine systemgefährdende Entwicklung bei Anhalten dieses Trends ist nicht ausgeschlossen“, warnt das Konsortium.
Mehr als 500 oder gar 600 schwerkranke Covid-Patienten in Österreichs Spitälern hätte massive Folgen auch abseits des bereits überlasteten Gesundheitssystems: Die erst beim Gipfel vor zwei Wochen eingeführten weiteren zwei Stufen des Maßnahmenplanes treten in Kraft.
Das bedeutet schon in Stufe 4 (500 Betten belegt) drastische Einschränkungen für all jene, die nicht immunisiert sind: Die 2-G-Regel greift für Kunden in der Gastronomie und bei körpernahen Dienstleistern. In das Wirtshaus oder zum Friseur darf dann nur noch, wer geimpft oder genesen ist. Für Arbeitnehmer in den Bereichen hieße das voraussichtlicher eine 2,5-G-Regel.
Stufe 5 (600 Betten) bringt den nächsten Lockdown, aber ausschließlich für Nicht-Immunisierte: Das hieße etwa für jenes Drittel der Österreicher ab zwölf Jahren, die nicht geimpft sind, die Wohnung nur noch aus wenigen Gründen verlassen zu dürfen, etwa um zur Arbeit oder spazieren zu gehen.
Experte mahnt Strenge ein
Virologe Norbert Nowotny mahnt indes im KURIER-Gespräch zu raschen Verschärfungen: „Die Lage finde ich absolut besorgniserregend, die Zahlen steigen blitzartig.“ Er schlägt unter anderem FFP2-Pflicht in Innenräumen, 2,5-G-Regel, kürzere Gültigkeit der PCR-Tests und Rückkehr ins Homeoffice vor: „Wir haben jetzt wirklich keine Zeit mehr zu verlieren.“
Die Bundesregierung scheint trotz hoher 7-Tages-Inzidenz sie kletterte am Donnerstag auf knapp 480 an ihrem Stufenplan festzuhalten. Aus dem Büro von Bundeskanzlers Alexander Schallenberg (ÖVP) hieß es am Donnerstag, er bleibe die „Unterkante der Maßnahmen“, allerdings durchaus mit der Möglichkeit, weiterhin regional zu verschärfen.
Das haben alle Bundesländer außer dem Burgenland zuletzt eilig gemacht, was zu einem neuerlichen Fleckerlteppich an Corona–Regeln führte. Die meisten treten am Montag, 8. November, in Kraft. Wobei diese Sonderbestimmungen ab 400 belegten Intensivbetten obsolet werden, da die Folgen deckungsgleich mit den meisten Länderregeln sind, das strengere Wien ausgenommen.
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