Reinhold Messner: Der Mann der achttausend Geschichten wird 80 Jahre alt

Reinhold Messner ist ein großer Erzähler seiner Berggeschichten 
Reinhold Messner hat Superlative erreicht. Mit Erstbesteigungen ohne zusätzlichen Sauerstoff wurde er wohl der bekannteste Grenzgänger. Aber auch abseits der Berge beherrscht er das Spiel mit den Schlagzeilen.

Reinhold Messner ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Die meisten Geschichten handeln von ihm selbst, das ist natürlich legitim, bei den Superlativen, die er in mehr als einem halben Jahrhundert im Alpinismus erreicht hat. 

In den 60er-Jahren definiert er gemeinsam mit seinem  jüngeren Bruder Günther – oder solo – viele Kletterrouten in den Dolomiten und den Westalpen neu, zieht sehr oft eine neue, elegante, direkte Linie im damals noch schwierigsten sechsten Grad durch die Wände.  

Zum Höhenbergsteigen kommen er und sein Bruder eigentlich nur, weil die Herrligkoffer-Expedition von 1970 durch die Rupal-Wand, die höchste Wand der Erde, auf den Nanga Parpat gehen wollte. Hermann Buhl hatte 1953 noch gemeint, nachdem er während seines Gipfelgangs als erster in die Wand hinunterschauen konnte, dass diese für den Menschen unmöglich wäre. 

Reinhold Messner: Der Mann der achttausend Geschichten wird 80 Jahre alt

„Bergsteigen ist absurd“, sagte Messner. Er konnte es trotzdem nicht lassen

Nur durch Muskelkraft

Der Nanga Parbat wird Messners Schicksalsberg, nachdem sein Bruder 1970 beim Abstieg über die Diamirflanke verunglückt ist und er mit schweren Erfrierungen an den Zehen nur knapp überlebte. Als Konsequenz aus dem traumatischen Erlebnis beginnt er nun das Höhenbergsteigen auf die Spitze zu treiben. 

Die bisherigen Expeditionen an den Achttausendern waren bis dahin meist große logistische Angelegenheiten, oft getrieben von Nationalismus, für Ehre und Vaterland. Messner räumt damit auf, macht das Höhenbergsteigen in den 70ern und 80ern zum schlanken Unternehmen im Alpinstil, by fair Means – also ohne zusätzlichen Sauerstoff. Auch, weil er so schneller ist.

Höhepunkte sind 1978 die erstmalige Mount-Everest-Besteigung ohne zusätzlichen Sauerstoff, gemeinsam mit Peter Habeler, oder die kompletten Alleingänge auf den Nanga Parbat 1978 und mitten in der Monsunzeit 1980 auf den Mount Everest. Mit Hans Kammerlander gelingt ihm 1984 eine Doppelüberschreitung von zwei Achttausendern (Gasherbrum I und II). Letztendlich ist er der erste Mensch, der alle 14 Achttausender bestieg, manche mehrmals und auf neuen Routen. 

Der Alterungsprozess greift viel mehr und belastet, ich spüre, dass er galoppierend wird

von Reinhold Messner

Er hat seine Rolle aber oft hinterfragt, hat sein Tun als Eroberung des Nutzlosen beschrieben oder sich mit Sisyphos verglichen: „Der Sisyphos steht natürlich für den absurden Menschen. Und das Bergsteigen ist absurd, es muss ja nicht sein. Ein Bergsteiger, der immer wieder aufsteigt, dann wieder runtergeht, dann wieder aufsteigt, macht genau die Arbeit des Sisyphos.“  

Kickl und der Yeti

Der begnadete Geschichtenerzähler spricht aber über weit mehr als  seine Bergabenteuer, Antarktis- und Grönlandüberquerungen und den Yeti. Er ist ein Chronist der Geschichte des Bergsteigens, der Bergvölker und ihrer Mythen und Religionen geworden. Das zeigen vor allem seine mittlerweile sechs Messner-Mountain-Museen in Südtirol. Er  äußert sich zu Politischem, empört sich öffentlich über die Vereinnahmung durch die FPÖ – und nennt FPÖ-Chef Herbert Kickl kurz darauf den „gewünschten Kanzler der Österreicher“.  Er selbst saß von 1999 bis 2004 für die Grünen im EU-Parlament.

Reinhold Messner: Der Mann der achttausend Geschichten wird 80 Jahre alt

Sogar Privates teilt er freigiebig, wie  zuletzt  den Erbschaftsstreit mit seinen Kindern, seine neue Liebe oder die Schwäche zu Kuchen. Reinhold Messner steht gerne in der Öffentlichkeit und weiß, wie er für Schlagzeilen sorgt.

Nun, zu seinem 80. Geburtstag, spürt Messner, wie die Kräfte langsam nachlassen. „Der Alterungsprozess greift viel mehr und belastet, ich spüre, dass er galoppierend wird. Der Tod nähert sich, Freunde sterben langsam weg. Ich spüre die begrenzte Zeit, ohne Bedauern“, sagt er vor Kurzem in einem Interview mit der Austria Presse Agentur (APA) –  in gekonnt öffentlichkeitswirksamer Rhetorik, wie wir es von ihm gewohnt sind. 

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