Probleme bei Katastropheneinsatz: Digitalfunk eigens für Kärntner Polizei soll kommen
Die Unwetterkatastrophe im Kärntner Gegendtal verlangt den rund 650 Einsatzkräften seit Tagen alles ab. Die Retter arbeiten Seite an Seite. Nur eines können sie in einer Situation, wo jede Sekunde zählt, nicht: Direkt miteinander kommunizieren. Denn Kärnten ist nach wie vor das einzige Bundesland Österreichs, das nach wie vor über keinen Digitalfunk verfügt. Auch nicht für die Polizei. Was die Geduld beim zuständigen Innenministerium in Wien nun überstrapaziert haben dürfte.
Doch der Reihe nach. Beim Digitalfunk handelt es sich um ein Funksystem, das es – vereinfacht ausgedrückt – den Rettern ermöglicht, auf einem gemeinsam Behördenkanal zu funken, auf dem alle Beteiligten mithören können, über denselben Informationsstand verfügen und das sogar einen Notfallknopf bei lebensbedrohlichen Situationen hat. Voraussetzungen, die gerade im Falle einer Katastrophe entscheidend sind.
Warten seit 14 Jahren
Seit 14 Jahren wird auf die Einführung eines Systems, das sonst überall im Land Standard ist, im Süden gewartet. Das sorgte auch für Kritik bei der Unwetterkatastrophe in den Reihen der Einsatzkräfte: „Wenn du als Retter bei so einem Einsatz selbst rasch Hilfe brauchst, und deine Kollegen hören dich nicht direkt, ist das ein Nachteil. Einer, der unser Leben kosten kann, während wir andere retten“, sagt ein Helfer, der anonym bleiben will.
Nachteile durch Digitalfunk?
Der KURIER hakte beim zuständigen Katastrophenschutz-Referenten, Daniel Fellner (SPÖ), nach, wie es um die direkte Kommunikation unter den Einsatzkräften in Kärnten steht: „Das ist für mich keine Einsatzerfordernis. Weil wir immer in der Kommunikationsstruktur nach oben kommunizieren.“ Gemeint ist damit der Austausch mit dem Einsatzstab. Fellner ist auch davon überzeugt, dass der Digitalfunk bei der Katastrophe im Bezirk Villach-Land nichts gebracht hätte: „Ich persönlich höre von Einsatzkräften keine Beschwerden. Das Konzept des Digitalfunks hätte uns nur Nachteile gebracht.“
Polizei nicht Zuständigkeit des Landes
Dass die Kritik am fehlenden gemeinsamen Behördenfunk für die Helfer gerade aus Reihen der Polizei kommt, lässt Fellner noch weiter ausholen: Denn die Polizei zähle aus der Sicht des Landesrates zum Bund und nicht zum Land. Und er werde nun nicht Geld in ein altes Digitalfunkkonzept stecken, sondern man wolle lieber auf die nächste Generation waren.
Faktisch richtig, ist die Polizei keine Ländersache. Doch es waren ausgerechnet die Polizeihubschrauber aus Kärnten, die es am Mittwoch in den frühen Morgenstunden erst möglich machten, dass Helfer von Bergrettung, Wasserrettung, Alpinpolizei, aber auch Pflegekräfte überhaupt zu den von der Außenwelt abgetrennten Menschen in das Katastrophengebiet transportiert wurden.
Faxen in Zeiten von E-Mails
Wenig erfreut über diese Äußerungen zeigt man sich naturgemäß gut 400 Kilometer entfernt vom Ort der Unwetterkatastrophe, im Innenministerium in Wien. Auf Anfrage des KURIER heißt es: „In acht Bundesländern besteht vollste Zufriedenheit mit diesem System und es werden 106.000 Endgeräte eingesetzt.“ Das Ministerium geht sogar noch einen Schritt weiter: Man könne die Situation mit den frühen 2000er Jahren vergleichen, als Faxgeräte durch E-Mail Postfächer abgelöst wurden. „Niemand würde heute noch daran denken, ein Faxgerät zu verwenden“, heißt es. Außer Kärnten.
Da sich trotz jahrelanger Gespräche zwischen Ministerium und dem Land Kärnten keine Lösung abzeichnet, will Wien nun einen eigenen Weg gehen: „Das Innenministerium ist gegenwärtig dabei, gemeinsam mit dem Netzbetreiber eine Lösung ausschließlich für die Polizei zu finden.“
Klare Aufteilung
Zum Verständnis: In Kärnten gibt es trotz jahrelanger Bemühungen und Verhandlungen zwischen Innenministerium und Land nach wie vor keine Kooperationsvereinbarung. Uneinigkeit herrscht vor allem über die Finanzierung des Ausbaus und die fehlenden Standorte. In allen anderen Bundesländern lief der Ausbau laut Innenministerium bisher so ab: Das Land finanzierte und organisierte die Standorte für die Technik, die für den Digitalfunk erforderlich sind. Das Innenministerium bzw. der Bund stattete die Standorte mit der nötigen Technik aus, betrieb und wartete sie. Aus Kärnten hieß es in der Vergangenheit immer wieder, dass die Standortsuche wegen Problemen mit den Grundbesitzern nicht vorangetrieben werden könnte.
Aber in punkto Kooperation beim Thema Digitalfunk dürfte es zwischen Land und Innenministerium aktuell ohnedies wohl eher heißen: "Over and out".
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