Problem-Häfn Josefstadt sucht neuen Chef
Mitten in Wien liegt Österreichs größtes Gefängnis. Es ist zugleich das wohl am schwierigsten zu führende. Die Justizanstalt Josefstadt wurde zwölfeinhalb Jahre von Helene Pigl mit ruhiger Hand geleitet. Im Mai geht sie in Pension. Das stellt das Justizministerium vor eine schwierige Aufgabe: Wie der KURIER erfuhr, haben sich für die Position nur zwei Bewerber gemeldet.
Woran liegt’s?
Der Häfn wird seit jeher von der Politik vernachlässigt. Ein Hauptproblem ist der andauernde Überbelag. Das Gefängnis ist für rund 1.000 Insassen ausgelegt, oft ist es zu 120 Prozent ausgelastet. In einigen Großraumzellen, 40 Quadratmeter groß, sind bis zu zehn Insassen eingesperrt – 23 Stunden am Tag, jeden Tag.
Derzeit liegt die Auslastung beim fast historischen Tiefststand von 95,2 Prozent. Während Corona gibt es Haftaufschub für Neuverurteilte (bei Strafen von bis zu drei Jahren, Gewaltverbrecher sind ausgenommen).
So wurde Platz geschaffen. Würde das Virus beim üblichen Überbelag ausbrechen, könnte man Betroffene nicht isolieren. Das Einschleppen des Virus zu verhindern, ist eine Aufgabe für sich (siehe unten).
Ein neuer Leiter muss die dringend nötige Generalsanierung organisieren: Ursprünglich hätte sie Ende 2019 starten sollen, zuletzt wurde sie auf 2021 verschoben. Jetzt kommt die Corona-Krise dazwischen.
Dazu der Personalmangel – nicht nur bei der Justizwache, sondern auch bei der Betreuung von Süchtigen und psychisch Kranken. Seit Jahren sind sechs Arzt-Stellen offen – und das bei 61.000 Patienten im Vorjahr.
Besondere Aufmerksamkeit braucht es auch angesichts ethnischer Konflikte im Gefängnisalltag. Mehr als die Hälfte der Insassen sind Nicht-Österreicher, bis zu 60 Nationalitäten sitzen ein.
Pool an Kandidaten ist klein
Es ist aber nicht nur die Frage, wer sich den Job, die Justizanstalt zu leiten, antun will. Sondern auch, wer die Chance dazu bekommt. In der ersten Runde dürfen sich nur Juristen bewerben, sie müssen zusätzlich langjährige Erfahrung im Strafvollzug und Managementkompetenz mitbringen. Ein schwieriges Anforderungsprofil.
Friedrich Alexander Koenig, Generaldirektor des Strafvollzugs, meint, es wäre „im Sinne eines multiprofessionellen Ansatzes, der Justizwache und Fachdienste gleichermaßen würdigt“, wenn auch Offiziere der Justizwache und andere Akademiker – sofern sie die nötigen Zusatzqualifikationen aufweisen – für so eine Position infrage kämen. „Wir haben in allen Bereichen des Strafvollzugs hervorragendes Personal.“
Kommt wieder eine Frau an der Spitze?
Unter den Bewerbern soll Krista Schipper, derzeitige Leiterin der Sonderanstalt in Wien-Favoriten, gute Karten haben. Sie hat einen Jus-Abschluss und leitete zuvor die Gefängnisse Feldkirch und Wien-Simmering.
Zur Nachbesetzung äußert man sich von offizieller Seite nicht – die Entscheidung werde „zeitnah“ getroffen, heißt es.
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