Er ist nach seiner Genesung freiwillig nach Russland zurückgekehrt und inhaftiert worden. Wissen Sie, wie es ihm geht? Haben Sie Kontakt?
Keinen regelmäßigen, das ist unmöglich. Den hat nicht einmal seine Familie. Er befindet sich unter unvorstellbaren Bedingungen in Einzelhaft. Manchmal bringen sie eine zweite Person in seine Zelle. Meistens eine, die ansteckende Krankheiten hat. Und er muss irgendwie schauen, dass er das Ganze physisch und psychisch übersteht. Aber er ist ein unglaublich kräftiger Mann und unglaublich intelligent. Wir hoffen nur, dass er nicht plötzlich über etwas Unglückliches stolpert und sich dabei das Genick bricht . . . Und da spielt der Oscar natürlich eine ganz, ganz große Rolle. Dass sein Name in aller Munde bleibt. Wenn er vergessen wird, wird er sofort umgebracht. Davon bin ich überzeugt.
Da geht es ums Überleben ...
Genau. Wenn er es überlebt, kann er in der Zukunft eine wesentliche Rolle in der Zivilgesellschaft spielen. Er ist sicherlich der anerkannteste Oppositionsführer. Und das ist sicher auch im Interesse des Westens.
Weiß Nawalny überhaupt, dass die Doku über ihn einen Oscar gewonnen hat?
Ja. Aber nur deshalb, weil er am Tag nach der Oscar-Verleihung einen Gerichtstermin hatte. Sein Anwalt konnte es ihm sagen. Er hat dann auch den Anwalt gebeten, gewisse Tweets auf Twitter zu stellen, um sich zu bedanken und das Ganze zu kommentieren. Also insofern gibt es ein bisschen Kommunikation.
Wir sind ja schon mitten in der Weltpolitik ... Auch in der Ukraine sind Sie persönlich sehr engagiert, betreiben einen Radiosender (mit wichtigen Kriegsnachrichten, Sicherheitsthemen, aber auch mit Märchenstunden für die Kinder als Ablenkung, Anm.). Gibt es den noch?
Ja. Wir haben seit dem Einmarsch im Februar 2022 nur vier Stunden lang nicht gesendet. Sonst haben wir 24/7 gesendet und versucht, unser Programm der Kriegssituation anzupassen.
Wie macht man Radio mitten im Krieg?
Mittlerweile hat sich das ziemlich normalisiert, weil sich auch das Leben in Kiew relativ normalisiert hat. Natürlich, es gibt Raketen oder Alarme. Aber dass der Strom plötzlich ausfällt, man Aggregate braucht usw., das ist mittlerweile Normalität. Am Anfang, nach dem Einmarsch, hat es natürlich anders ausgeschaut. Da hat auch das Gebäude, in dem unser Studio gewesen ist, entsprechend gelitten. Unsere Antenne wurde bombardiert. Wir haben monatelang Not-Radio gefahren, wenn man so will. Wir hatten kein Studio zur Verfügung. Das haben wir künstlich hergestellt, indem man irgendwelche Bettdecken zusammengeknotet hat. Wir hatten nur ein paar Laptops und Mikrofone. Dann haben wir auch mithilfe von Medien hier in Österreich einiges an Material bringen können. Und dann sind wir halt im Grunde genommen herumgezogen. Gesendet haben wir von kleinen Dachkammern irgendwo am Land, wo man nicht gefunden wird und genügend Internet-Verbindung hatte.
Aus Sicherheitsgründen?
Ja. Und ich kann nur meine Mitarbeiter auf das Höchste loben, sie machen fantastische Arbeit.
Sind Sie selbst auch vor Ort?
Ich war vor allem am Anfang oft dort. Mittlerweile haben wir einige Arbeiten aus der Ukraine ausgelagert. Deshalb bin ich jetzt seltener in Kiew.
Polen und die Slowakei wollen der Ukraine Kampfjets zur Verfügung stellen. Das wird nicht reichen, oder?
Das wird sicher nicht kriegsentscheidend. Aber die Symbolik ist wichtig. Grundsätzlich spielt Europa hier keine große Rolle, obwohl es das könnte. Die wirklichen Waffenlieferungen kommen aus den USA.
Wie kann dieser Krieg beendet werden?
Mit militärischer und politischer Unterstützung der Ukraine. Wenn Putin nicht bald einen territorialen Zugewinn verzeichnen kann, dann ist das seine Niederlage. Wichtig sind harte Sanktionen gegen Russland. Die arbeiten langsam, aber effizient.
Kommen wir zurück nach Österreich zu einer Diskussion auf einem völlig anderen Level – das Verbot der Adelstitel. Sie selbst betreiben die Homepage karlvonhabsburg.at. Kürzlich gab es ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dass Titel ein Teil der Identität sind. Auch für Sie?
Ich glaube schon. Warum ich mich Karl von Habsburg genannt habe und nenne, ist natürlich die Tatsache, dass mein Vater international bekannt war als Otto von Habsburg. Deswegen war es für mich eigentlich nur eine logische Konsequenz. Ich bin ja auch zum Teil in Deutschland groß geworden als Karl von Habsburg. Und so war es für mich nur logisch, dass auch meine Website dementsprechend ausschaut. Und ich sehe es natürlich als Bestandteil meiner Identität an.
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