„Immer mehr Menschen leiden nach Corona an Post-Covid-Symptomen. Besonders gravierend ist die Situation, wenn bereits davor Grunderkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats vorgelegen sind“, erklärt Christian Wiederer, ärztlicher Direktor des Klinikums. Es handle sich um einen Teufelskreis. Die Bettlägerigkeit und die Erschöpfungssymptome ausgelöst durch Covid würden die Grunderkrankung verschlimmern.
Fischer musste das am eigenen Leib erfahren. „Nach einem Bandscheibenvorfall braucht es eigentlich Kräftigung, aber durch die Corona-Erkrankung war daran nicht zu denken. Ich konnte mich ja nicht einmal alleine anziehen“, berichtet die 59-Jährige. Die Symptome seien ähnlich einer schweren Lungenentzündung gewesen – aber auch noch Wochen danach war sie irrsinnig geschwächt.
Keine Fließband-Medizin
Hier liegt laut Wiederer der springende Punkt: „Normalerweise hält man sich in der Reha an die Grundprinzipien der Trainingslehre, das kann man mit Post-Covid-Patienten nicht. Das ist keine Fließbandmedizin, wir müssen uns individuell auf die Menschen einlassen.“ In Baden kümmern sich 108 Mitarbeiter um etwa genauso viele Patienten. Drei bis fünf Wochen sind die meisten von ihnen in Behandlung und machen dabei teils erstaunliche Fortschritte. Fischer ist ein Paradebeispiel: „Nach den ersten Tagen bin ich abends todmüde ins Bett gefallen, nach Woche drei konnte ich 16 Kilometer walken.“ Nur einen Monat vorher hatte die Lehrerin noch Probleme, Milch und Eier nach Hause zu tragen.
Steigender Bedarf
In Baden sieht man immer wieder ähnliche Erfolgsgeschichten. Der große Vorteil der stationären Reha sei, dass sich die Patienten nur auf sich und ihre Gesundheit konzentrieren können. Mit Atem- und Elektrotherapie, aber auch mit psychotherapeutischer Unterstützung gehe man zudem speziell auf die Folgen einer Corona-Erkrankung ein. „Letztlich ist es unser Ziel, die Patienten wieder fit für den Alltag zu machen. Bei der Reha geht es immer auch um Lebensqualität“, beschreibt Wiederer das Behandlungsziel.
Dem Facharzt für physikalische Medizin und Reha zufolge wird es in den kommenden Monaten einen Ausbau derartiger Angebote brauchen. Das sehe man schon an der großen Zahl der Corona-Erkrankten. In Baden habe man sich frühzeitig Gedanken gemacht und sich mit dem Kombi-Programm die Expertise im Herz- und Lungenbereich aber eben auch in der Orthopädie zu Nutzen gemacht. „Aufgrund von Covid wurden viele andere medizinische Probleme hintangestellt, mit einer Reha kann man aber nicht wochenlang warten“, gibt Wiederer zu bedenken.
Eine Einschätzung die Fischer teilt: „Man will doch wieder funktionieren. Man will wieder Spaß haben.“
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