Jahrzehntelang ist den Personenschützern der Polizei-Sondereinheit Cobra kein grober Schnitzer unterlaufen. Unter anderem bewachten sie bereits den Papst, den Dalai Lama, König Abdullah II. von Jordanien, Minister und Staatsoberhäupter. Keinem wurde ein Haar gekrümmt, keiner fiel einem Attentat zum Opfer.
Umso bitterer ist es für die Spezialeinheit, dass ein Unfall unter Alkoholeinfluss zweier Bewacher der Kanzlergattin das Ansehen der Eliteeinheit ein wenig beschädigt hat.
Vor diesem Hintergrund findet gerade eine Strukturreform des Personenschutzes statt. Der ständig steigende Bedarf an Schutzmaßnahmen hat es notwendig gemacht, die Bewachertruppe personell neu aufzustellen. Aus den Reihen der Polizei werden ab sofort Beamte ausschließlich für den Personenschutz rekrutiert und in einem Schnelldurchlauf ausgebildet.
Zehn Wochen
Zwölf Bewerber haben als erste Teilnehmer das zehnwöchige Ausbildungsmodul abgeschlossen. Sie sind seit einigen Tagen im feinen Zwirn, mit Sonnenbrille und Ohrenstöpsel an der Seite des Kanzlers, des Bundespräsidenten oder von anderen gefährdeten Personen.
Bisher wurde der Personenschutz aus dem allgemeinen Personalpool der Cobra bedient, erklärt der Leiter des Referats, Oberstleutnant Thomas Pinkel. Jeder Beamte hat in seiner sechsmonatigen Grundausbildung ein zweiwöchiges Modul für die Leibwächter-Agenden zu durchlaufen. Einige wenige spezialisieren sich komplett darauf und werden nur dafür eingesetzt.
Grundausbildung
Nach zwei Jahren Berufserfahrung als Polizist können sich Interessenten für
das Auswahlverfahren beim Einsatzkommando Cobra bewerben. Die Grundausbildung dauert sechs Monate, danach erfolgt die Spezialisierung (Einsatztaucher, Fallschirmspringer etc.).
15 Personen werden aktuell im Schnitt von den Personenschützern der Cobra laufend bewacht. Dazu kommen jene Personen und Objekte, die anlassbezogen geschützt werden müssen.
Personenschützer operieren in Teams von bis zu vier Beamten. Das Kernteam umfasst bisher 50 Beamte.
Bis vor zwei Jahren fand man damit das Auskommen. Durch die Pandemie und andere aktuelle Entwicklungen, die zu gesellschaftlichen Verwerfungen führen, hat das Sicherheitsrisiko allerdings eine neue Dimension erlangt. Wer sich beispielsweise in Sachen Impfpflicht öffentlich exponierte, erntete dafür Spott, Zorn und mitunter Drohungen. „Das hat zu einem noch nie da gewesenen Bedarf für den Personenschutz geführt“, heißt es aus der Einsatzzentrale der Cobra in Wiener Neustadt.
50 Beamte zählte das Kernteam zuletzt. Zu wenige, um den Bedarf zu decken.
Aufnahmetest
Ein Jahr nach den ersten Überlegungen stellt man die Leibgarde nun auf neue Beine. Verstärkt wird das Team durch Polizisten, die nur für den Personen- und Objektschutz herangezogen werden. Etwas mehr als 20 Bewerber gab es für den ersten Jahrgang. Im Herbst soll bereits das nächste Auswahlverfahren starten. „Bewerben kann sich jeder und jede, der oder die zumindest zwei Jahre Außendienst bei der Polizei absolviert hat“, sagt Pinkel. Es gibt aber einige Aufnahmekriterien: Die Standards liegen sehr nahe an jenen, die auch für die Cobra-Grundausbildung gelten. Allerdings wurden Abstriche gemacht. Ein reiner Personenschützer muss kein Profi für Abseiltechniken oder Tauchmanöver sein, dafür muss er dieselbe Präzision beim Schießen mitbringen. Deshalb ist das zehnwöchige Ausbildungsprogramm auch auf das Handwerk einer Leibgarde zugeschnitzt.
Die Schwerpunkte liegen beim Waffenumgang, Abwehr- und Nahkampftechniken, Rettungsszenarien und einfache Benimmregeln und Etikette – beispielsweise für Staatsbesuche. Auch die Analyse und Aufarbeitung von Attentaten steht auf dem Lehrplan.
Grundsatz
Was den Personenschützern von Anfang an eingebläut wird: „Wir sind so nahe wie nötig und so weit weg wie möglich“, nennt Pinkel einen der wichtigsten Grundsätze. Die Schutzpersonen sollen in ihren gewohnten Lebensabläufen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.
Für den Antiterror-Einsatz, Geisellagen oder das Erstürmen von Häusern, werden die neuen Personenschützer aber nicht mehr herangezogen.
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