Politstreit um Regen-Staus in der Stadt Salzburg

Politstreit um Regen-Staus in der Stadt Salzburg
SPÖ, Grüne und Neos fordern Neuerungen, FPÖ denkt über Neuwahlen nach.

Jeden Sommer spielen sich bei Regen die gleichen Szenen in der Stadt Salzburg ab: Autos verstopfen die Straßen. Viele Touristen bevölkern das Zentrum mit Ausnahme des Sommers 2020, als wegen Corona wenige kamen. Nun hat sich erneut ein politischer Streit um das Stauchaos entfacht. SPÖ und NEOS fordern ein Mobilitätskonzept, die Grünen setzen auf eine Reduktion des Individualverkehrs und die ÖVP auf die Verbesserung des Touristen-Shuttles. Die FPÖ stellt die Koalition infrage.

Ein neuer Kreisverkehr und die angrenzende neue Einfahrt zu einem mittlerweile verkleinerten Parkplatz sorgte zuletzt für Zündstoff. "Seit kurzem wurde der Kreisverkehr am Museumsplatz fertiggestellt. Seither rollen oder besser gesagt, stauen sich noch mehr Autos durch die Innenstadt", warf die Grüne Gemeinderätin Ingeborg Haller (Bürgerliste) der Planungsstadträtin, ÖVP-Vizebürgermeisterin Barbara Unterkofler, vor.

Wegen der beengten Platzverhältnisse, insbesondere bei der Einfahrt in den Rot-Kreuz-Parkplatz, komme es aber nicht nur zu Staus, sondern auch zu gefährlichen Verkehrssituationen, insbesondere mit Radfahrern und Fußgängern. "Durch den ÖVP-Kreisverkehr wurde der Autoverkehr inmitten der Salzburger Altstadt endgültig einzementiert", ärgerte sich Haller.

SPÖ fordert runden Tisch

SPÖ-Klubvorsitzende Andrea Brandner forderte am Mittwoch einen Runden Tisch zum Thema Mobilität. "Ein Mobilitätskonzept mit funktionierender Schlecht-Wetter-Regelung ist überfällig - auch für Einsatzfahrzeuge und Öffis", den diese würden ebenfalls im Stau stecken. Diskussionen und Vorschläge in der Planungsphase seien von Unterkofler und der ÖVP blockiert worden, ergänzte Brandners Parteikollege Gemeinderat Tarik Mete. SPÖ-Landeschef David Egger forderte wegen der "Verkehrskrise" gar den Landeshauptmann auf, sich einzuschalten.

Auch die NEOS sparten nicht mit Kritik. "Es rächt sich, dass Salzburg immer noch kein Verkehrskonzept hat", meinte Gemeinderat Lukas Rößlhuber. Jedes Jahr spiele sich das gleiche Drama zur Festspielzeit ab: "Immer wenn es im August regnet und die Badegäste in die Stadt strömen, steht alles im Stau." Der neue, um 1,3 Millionen Euro errichtete Kreisverkehr bringe einen verkehrspolitischen Rückschritt. "Sogar die Busfahrer haben aushelfen müssen, um die Zufahrt zum Rotkreuzparkplatz zu regeln."

ÖVP feiert "enorme Aufwertung"

Die ÖVP ist anderer Ansicht. Die Entscheidung zum Bau des Kreisverkehrs am Museumsplatz beruhige durch das Ende des "Kranzlfahrens" die Altstadt vom Verkehr, verbessere die Verkehrssicherheit an Ort und Stelle und führe zu einer Entsiegelung und Bepflanzung von rund 1.000 Quadratmeter in der Altstadt, hatte Gemeinderätin Stefanie Essl erklärt. Jeder könne sich ein Bild davon machen, dass die Umgestaltung des Platzes in jeder Hinsicht eine enorme Aufwertung darstelle und die Verkehrslösung funktioniere.

"Stauereignisse an Tagen, an denen das Straßennetz in der gesamten Stadt überlastet ist, als vermeintliche Planungspanne des Kreisverkehrs zu nennen, entbehrt nicht nur jeglicher Grundlage, sondern ist an Unsachlichkeit kaum zu überbieten", so Essl. ÖVP-Bürgermeister Harald Preuner sagte heute zur APA, "wenn es im August drei Tage regnet, werden wir das aushalten." Eine autofreie Innenstadt komme für ihn nicht infrage. Salzburg sei eine Stadt mit Qualitätstourismus und hochwertiger Hotellerie, das individuelle Zufahren zu Hotels müsse für den Gast weiterhin möglich sein. "Die Touristen sind Gott sei Dank wieder da", allerdings seien die Hotels nur zu 50 Prozent ausgelastet.

Preuner räumte ein, es sei ihm bewusst, dass auch die geplante Erweiterung der Mönchsberggarage, für die sich seine Partei einsetzt, das Problem an den paar Schlechtwettertagen im Sommer nicht lösen könne. Er ärgere sich aber über die Rücksichtslosigkeit von Autofahrern, die trotz Rot geschalteter Einfahrt vor den Parkgaragen einfach stehenbleiben und die Straßen blockieren würden. Die Situation beim Rot-Kreuz-Parkplatz sei besser geworden, wenn auch noch nicht ganz zufriedenstellend.

Bürgermeister setzt auf Shuttle

Der Bürgermeister setzt auf die Shuttleverbindung für Touristen vom Parkplatz beim Messezentrum in die Innenstadt, die vor drei Jahren eingerichtet wurde. Für das Park & Ride Ticket zahlen Erwachsene pro Tag drei Euro und Kinder zwei Euro. Hier gebe es aber noch "Luft nach oben". Das Planungs- und Verkehrsressort arbeite derzeit an einer Internetvariante, bei der nur mehr jene Parkgaragen und Park & Ride Plätze aufleuchten, die noch freie Stellplätze haben. Das System soll womöglich noch heuer umgesetzt werden, auch mit einer App.

ÖVP-Gemeinderätin Essl sparte auch nicht Kritik an der grünen Stadträtin Martina Berthold. Die Bauabteilung habe unter deren Ressortführung eigenmächtig die Radverbindung zwischen Salzachradweg und Museumsplatz gesperrt. "Dabei wurde der Radwegkoordinator, welcher ebenfalls zur Bauabteilung gehört, nach eigener Aussage nicht eingebunden." Das sich dadurch offenbarende Chaos und die Führungslosigkeit im Ressort von Stadträtin Berthold schade dem Radverkehr.

FPÖ denkt laut über Neuwahlen nach

Der freiheitliche Klubobmann Andreas Reindl ortete am Mittwoch in der Stadt Salzburg einen "unüberhörbaren Krach in der Koalition". "Die Streitigkeiten lähmen die Salzburger Stadtpolitik. Die Leidtragenden sind die Salzburger, weil wichtige Projekte in der Stadt verschoben oder gar abgesagt werden müssen." Die SPÖ sei inhaltlich seit Jahren auf Tauchstation, und ÖVP und Grüne würden jede Gelegenheit für offen ausgetragene Streitigkeiten nützen. "Ich frage mich schön langsam, ob vorgezogene Neuwahlen nicht die bessere Alternative zur jetzigen instabilen Stadtregierung wären."

Im Laufe der Jahre wurden mehrere Konzepte für eine Schlechtwetter-Regelung im Sommer in der Stadt ausprobiert. Im Jahr 2012 wurde im Zeitraum von 16. Juli bis 17. August von 10.00 bis 14.00 Uhr die Durchfahrt durch die Innenstadt zwischen Neutor, Müllner Hügel und der Staatsbrücke mit einigen Ausnahmen gesperrt. Beschlossen wurde das mit den Stimmen von SPÖ, die damals den Bürgermeister stellte, und der Bürgerliste (die Grünen in der Stadt Salzburg). Die ÖVP hatte sich gegen diese "Mittagssperre" ausgesprochen. Sie bezeichnete diese Regelung als "wirtschafts- und standortpolitischen Wahnsinn".

Im Jahr 2016 sollten intelligente "Pförtner"-Ampeln die Staus verhindern. 2018 wurden zusätzlich zu diesen "Dosierampeln" elektronische Hinweistafeln an den Zufahrtsrouten und ein Kombi-Gruppentarif fürs Parken beim Messezentrum und Öffi-Fahren eingeführt. Trotz alldem wälzte und wälzt sich bei Regen eine Blechkolonne ins Stadtzentrum.

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