Politik und Höchstgericht im Wettlauf um Rauchverbot

Eine rauchende Frau.
Bis Ende Juni sollen an zwei Schauplätzen Entscheidungen fallen. Politik und Höchstgericht sind am Zug.

„Wir wären durchaus bereit, Dinge, die wir für sinnvoll erachten und die unserer Überzeugung entsprechen, zu beschließen.“ Neue Töne von Sebastian Kurz, nunmehriger Alt-Kanzler, in Bezug auf das Rauchverbot in der Gastronomie.

Noch vor einem Jahr handelte der ÖVP-Chef genau im Gegensatz zu seiner Überzeugung und zu dem, was Gesundheitsexperten für sinnvoll erachten. Er ließ seine türkisen Abgeordneten im Parlament gemeinsam mit den Blauen das Rauchverbot kippen – ein Gesetz, das bereits 2015 vom Nationalrat beschossen worden war. In einer Koalition müsse man Kompromisse eingehen, so die Begründung. Und die FPÖ bestand eben darauf.

ÖVP und FPÖ auf Kriegsfuß

Die Koalition ist passé, ÖVP und FPÖ sind im Nationalrat auf Kriegsfuß. Und die Opposition wittert die Chance, das Rauchverbot nun doch umzusetzen. Die Neos brachten am Montag bei der Sondersitzung einen Antrag ein, das alte Gesetz wieder aufleben zu lassen, SPÖ und Liste Jetzt sind mit an Bord.

Politik und Höchstgericht im Wettlauf um Rauchverbot

Von Alt-Kanzler Kurz sind neue Töne punkto Rauchverbot zu hören.

Jetzt wird es in der Raucherfrage an zwei Schauplätzen spannend: Einmal im Parlament und einmal vorm Höchstgericht.

Der Verfassungsgerichtshof wird in seiner Juni-Session aller Voraussicht nach eine finale Entscheidung treffen. Gegen die wiedereingeführte Rauch-

Erlaubnis hatten ja die Wiener Landesregierung, zwei Gastronomiebetriebe und zwei Nichtraucher, Vater und Tochter, Beschwerde eingelegt. Bereits in der Dezember- und in der März-Sitzung berieten die 14 Verfassungsrichter darüber.

Juristen sind uneinig

Der zuständige Referent soll nach KURIER-Informationen dafür plädiert haben, die Raucherregelung aufzuheben. Er führte arbeitsrechtliche Faktoren ins Feld: Der Gesetzgeber hat bestimmt, dass Lehrlinge nur eine Stunde im Raucherbereich arbeiten dürfen, und gestehe damit ja ein, dass Rauch schädlich sei. Nach dem Gleichheitssatz müsste er dann alle Mitarbeiter schützen – nicht nur die Jungen. Das „Recht auf körperliche Unversehrtheit“ gelte für alle.

Dagegen argumentieren einige Juristen, dass Jugendliche per se schutzbedürftiger seien als Erwachsene. Wie der Verfassungsgerichtshof das bewertet, wird auch in Juristenkreisen mit Spannung erwartet.

Wirte sind zurecht verärgert.

Ein anderer Einwand ist der sogenannte „Vertrauensschutz“ – und da wären wir wieder bei der Politik: Durch das 2015 beschlossene Rauchverbot hätten sich Gastronomen darauf verlassen müssen, dass ihre Investitionen sinnvoll sind. Erst war die räumliche Trennung vorgeschrieben, durch das totale Rauchverbot wäre diese wieder obsolet gewesen, jetzt müssten Wirte wieder Trennwände aufziehen. Die Verärgerung über das Hin und Her hat so gesehen also eine rechtliche Legitimation.

Der VfGH will im Laufe seiner dreiwöchigen Session ab 11. Juni eine Entscheidung treffen, und damit in eine Art Wettrennen mit dem Parlament treten: Der Gesundheitsausschuss berät am 26. Juni über den Antrag von Neos, Jetzt und SPÖ. Fraglich ist, ob die ÖVP-Abgeordneten den Andeutungen von Parteichef Kurz, der (nebenbei bemerkt) seinen Sitz im Nationalrat abgelehnt hat, Taten folgen lassen und mitstimmen.

Die FPÖ, die mit der Ärztin Brigitte Povysil den Ausschutz-Vorsitz hat, will sich vorerst nicht dazu äußern. Man wartet mit Blick auf den doch recht unberechenbaren Ex-Partner ab.

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