Helmut Lutz hatte aus „einer Art innerer Eingebung“ im Büro alle Stempel in seine Tasche eingepackt. Dadurch konnte er auch diese finale Hürde in der kürzest möglichen Zeit nehmen: „Wer weiß, wann wir den nächsten Termin bei der MA 35 bekommen hätten.“
Im Gesichtsausdruck der Magistratsmitarbeiterin will der Manager der Malteser „eine gewisse Enttäuschung“ wahrgenommen haben.
Nicht immer kann man am Ende darüber lachen. Nicht immer halten jene, die für Mangelberufe benötigt werden, bis zum Ende durch.
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Helmut Lutz erzählt von einer jungen Bosnierin, die ihre Pflegeausbildung in Niederösterreich erfolgreich abgeschlossen hatte, de facto alle Dokumente vorweisen konnte und dann zwischen den einzelnen Behörden im Kreis geschickt worden war: „Bis wir ihr sagen mussten, dass sie nicht warten soll.“
Er könne es den jungen Leuten nicht verübeln, wenn sie nach so einem Hürdenlauf ihre berufliche Zukunft nicht in Österreich sehen. „Das ist natürlich schade. Sie könnten morgen bei uns arbeiten. In Deutschland wird ihnen dank eines Welcome-Programms ein roter Teppich ausgerollt.“ Ähnlich sei das in England, Irland und in skandinavischen Ländern.
Alles sehr kompliziert
Ebenso kafkaesk: Einem leitenden Mitarbeiter der Stadt Wien gelang es erst durch eine Finte, sein Anliegen bei der MA 35 vorzutragen. Die Finte? „Er rief von seinem Diensttelefon mit der internen Rathausnummer an.“
Für Helmut Lutz steht inzwischen fest, dass auch der aktuelle Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) die viel gescholtene Behörde nicht in den Griff bekommt.
Im Stadtrat-Büro hält man auf KURIER-Anfrage dagegen: Seit 2021 wurden 44 Prozent des Aktenrückstands abgebaut, die Verfahrensdauer konnte um ein Drittel gesenkt werden. Auf einen persönlichen Termin wartet man 13 Tage, auf ein Telefonat nur zwei Minuten.
Das kann wiederum Helmut Lutz so nicht glauben. Er möchte die Verantwortung für die langen Wartezeiten aber auch nicht nur auf die Stadt Wien schieben: „Mir ist klar, dass es strikte Vorgaben der Bundespolitik gibt.“
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In jedem Fall zeigt er sich enttäuscht: „Wenn Bauern Saisonniers zum Gurkerlbrocken benötigen, dann ist das kein Problem. Wenn es aber um die prekäre Pflege geht, wird es schnell kompliziert.“
Auch die vom Arbeitsmarktservice „seit Jahren sehr restriktiv betriebenen Verfahren zur Nostrifizierung von international durchaus anerkannten Ausbildungen im medizinischen und im Pflegebereich“ stoßen dem Chef von Malteser Care sauer auf. Er ist mit seiner Kritik an den Barrieren für die Pflegekräfte auch nicht alleine auf weiter Flur: „Die Kollegen anderer Hilfsorganisationen teilen meine Kritik.“
Nun zeigt die von Helmut Lutz schmerzlich vermisste Willkommenskultur in Österreich Wirkung: „Bei den mobilen Diensten und bei der 24-Stunden-Betreuung gibt es bereits Wartelisten. Und es gibt Menschen, die zu Hause unversorgt sind. Langsam gehen uns die Fachkräfte aus.“
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