"Petfluencing" auf Social Media: Zu süß, um wahr zu sein
Eine Katze mit Löwenmähne, ein Igel mit Hut oder doch ein Eichhörnchen mit Perlenkette – all das findet man auf Social Media. Kaum ein Inhalt klickt sich dort besser als putzige oder lustige Tiervideos.
Die sogenannten "Petfluencer", also tierische Influencer, deren Besitzer oftmals Geld für die geposteten Inhalte erhalten, sind regelrechte Social Media-Stars.
Aber eine fauchende Katze, die in eine Löwenmähne gesteckt wurde, ist eben nicht nur putzig. Sie ist kein furchteinflößendes Wildtier, wie der beigefügte Text vermitteln möchte – die Aufnahme zeigt ein gestresstes Tier, das in eine unnatürliche Situation gebracht wurde. Aber wo liegt dann die Grenze zwischen Unterhaltung und Tierleid?
Was ist in Ordnung?
"Prinzipiell gilt: Alles, was für ein Tier natürlich ist, kann in Ordnung sein", erklärt Eva Persy von der Tierombudsstelle Wien. Das heißt: Ein Video, das ein Tier im natürlichen Lebensraum oder bei üblichen Aktivitäten zeigt, ist weitaus unproblematischer als ein kostümiertes Tier, das auf einem Staubsaugerroboter durch die Gegend gefahren wird. Wer also schlichtweg Momentaufnahmen vom eigenen Haustier machen möchte, sei unbesorgt.
(K)ein Schnappschuss
Doch auch bei Schnappschüssen ist Vorsicht geboten, zumindest was das Hochladen auf Social Media-Profile betrifft, erklärt Persy: "Auch bei lustigen, oder lieben Momentaufnahmen, die natürlich entstanden sind, besteht die Gefahr, dass sich online Nachahmer finden." Dann werde versucht, die Situationen auf Zwang nachzustellen, was wiederum Stress für das jeweilige Haustier bedeuten kann.
Aber sogar scheinbar harmlose Videos können sich negativ auf das Wohlbefinden der (Online-)Vierbeiner auswirken. Man wisse nicht, wie oft eine Szene schon aufgenommen worden ist: "Man sieht nur das Endergebnis, nicht die zwanzig Entwürfe davor, in denen man nicht die gewünschte Reaktion des Tieres eingefangen hat."
Generell sei es für Konsumenten solcher Inhalte oft schwer, einzuschätzen, ob sich der "Petfluencer" wohlfühlt oder nicht. Doch was sind typische Anzeichen, die Nutzerinnen und Nutzern dabei helfen könnten, die konsumierten Videos kritisch einzuordnen?
"Kennt man das Tier nicht persönlich, gibt es dennoch Indizien, die über das Wohlbefinden Auskunft geben", sagt Persy. Typisch seien Fluchtversuche (die man natürlich aus Videos heraus schneiden kann), Panik, Schüttelbewegungen oder aufgerissene Augen.
Waschbären, die Bäder nehmen
"Es hilft, zu überlegen, wie sich das Tier fühlen könnte in der gezeigten Situation." Das gelte nicht nur für Heim-, sondern auch für Wildtiere. Diese erfreuen sich online ebenso großer Beliebtheit. So existieren auf Instagram, Tiktok und Co. zahlreiche Accounts, die Waschbären, Igel oder Füchse in Privathaushalten zeigen. Die Wildtierhaltung unterliegt in Österreich strengen Gesetzen, in anderen Ländern jedoch nur bedingt. Waschbären, die Schaumbäder nehmen, sind auf Social Media deshalb keine Seltenheit.
Werbeverbot umgangen?
"Wenn Leute ehrlich mit sich sind, dann wüssten sie, dass das für manche Tiere nicht spaßig ist, schon gar nicht, wenn das gezeigte Verhalten nicht mit Wildtierschutz übereinstimmt", so Persy. Alles, was das natürliche Habitat oder Tierverhalten zeige, sei prinzipiell in Ordnung.
Alles andere als natürlich sind Qualzuchten. Für jene besteht eigentlich ein Werbeverbot. Mit einem Like oder Kommentar unter Postings besteht aber eine unscheinbare Gefahr: Sind etwa Möpse mit ihren röchelnden Geräuschen auf Social Media noch so lieb anzusehen, verleitet das "Petfluencer"-Fans womöglich zur Anschaffung. Statt über Werbung wird über Postings – auch unbeabsichtigt – zur Tierhaltung verleitet. "Das Röcheln der Möpse ist eben nicht lieb. Sie bekommen keine Luft."
Melden bei der Ombudsstelle
Hegen Zuschauer den Verdacht, ein "Petfluencer" werde nicht artgerecht gehalten, kann das entweder auf der jeweiligen Plattform oder auch bei der Tierombudsstelle, sofern es Österreich betrifft, melden.
Doch nicht jeder Tiercontent ist fragwürdig: "Tiere sind auch Familienmitglieder, natürlich macht man Erinnerungsfotos, das gehört dazu", sagt Persy. Und dies haben positive Auswirkungen: Wie Studien zeigen, können Tiere starke Emotionen hervorrufen, Stresssymptome lindern und Angstzustände reduzieren. Wenn das gezeigte Tier dabei selbst entspannt ist, ergibt sich also eine Win-win-Situation für alle.
Kommentare