Patienten-Attacken: "Die Gewaltbereitschaft nimmt zu"
Die Übergriffe von Patienten gegenüber Spitalsmitarbeitern reichen von Beleidigungen über Attacken bis hin zu sexueller Belästigung. "Wir wollten nicht mehr länger zuschauen", hatte zuletzt Sylvia Aigner, stv. Pflegedirektorin vom Krankenhaus St. Josef in Braunau (OÖ), gegenüber dem KURIER erklärt. Wie berichtet, will das Spital das Thema aus der Tabu-Zone holen und hat ein Anti-Gewalt-Projekt gestartet.
Ein Rundruf zeigt, dass das Problem ein grassierendes ist. "Die Gewaltbereitschaft nimmt zu. Die Zahl der Übergriffe auch", heißt es bei den Tiroler Landeskliniken. Auch auf Wunsch der Belegschaft wird gerade ein Folder mit Informationen zum Umgang mit aggressiven Patienten erarbeitet. Übergriffe würden aber schon längst umfassend dokumentiert. Für die Mitarbeiter gibt es unter anderem Deeskalationstrainings und psychosoziale Unterstützung.
Seit 2012 wurden am LKH Uni-Klinikum Graz 240 Mitarbeiter in Sicherheitstrainings geschult. Ziel ist, an jeder Station zumindest eine Pflegekraft zu haben, die so ein Training absolviert hat.
WLAN gibt Position an
In Kärntens Spitäler werden Übergriffe auf das Pflegepersonal nicht statistisch erfasst, obwohl die meisten Häuser von einem steigenden Aggressionspotenzial berichten. "Körperliche Attacken sind Pflegealltag", sagt Bernhard Rauter, Pflegedirektor im Klinikum Klagenfurt. Das Personal werde hauptsächlich von Alkoholisierten gekratzt, gebissen oder beschimpft. In den Landesspitälern Wolfsberg und Villach gibt es Notfallknöpfe; zusätzlich wurde in Villach eine Notfall-Karte in Betrieb genommen, die nach der Aktivierung per WLAN die exakte Position des Betroffenen angibt.
Einen offenen Umgang wünscht sich Peter Maschat, Vorsitzender des Zentralbetriebsrats der Landeskliniken in NÖ. Auch er kann keine Zahlen nennen, spricht aber von partiellen Anstiegen in manchen Spitälern. Gefordert sei derzeit das Personal im Spital Baden, weil oft emotionsgeladene Patienten aus dem Erstaufnahmezentrum Traiskirchen zur Versorgung vorbeigebracht werden.
Wien ist anders: "Ein Anstieg der Gewalt ist in den vergangenen Jahren nicht verzeichnet worden", betont ein Sprecher des Wiener Krankenanstaltenverbunds. "Im Schnitt gibt es in allen unseren Häusern nicht mehr als fünf attackierte bzw. verletzte Kollegen pro Monat." Im AKH spricht man von zwei derartigen Fällen im Monat.
Weniger rosig sieht die Lage Günter Wukovits, Betriebsrat am Wilhelminenspital. "Die Übergriffe werden mehr. Fast täglich kommt es zu Vorfällen – der Klassiker sind Patienten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss auf der Notaufnahme." Viele der Übergriffe – vor allem, wenn es zu keinen Verletzungen gekommen ist – würden aber nicht gemeldet. Wukovits fordert mehr Securities für sein Haus. Von einem Tabu-Thema spricht auch Kurt Obermülner vom Gewerkschaft der Gemeindebediensteten. Auch er ortet eine Zunahme des Problems. "Vor allem in den Ambulanzen, wo sich durch lange Wartezeiten der Stresspegel erhöht."
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