Causa Heinz Schaden: Ortschefs mit einem Fuß im Kriminal
„Es kann jeden treffen.“
Alfred Riedl, Gemeindebund-Präsident, spricht aus, was Bürgermeistern im ganzen Land spätestens seit der Causa Heinz Schaden bewusst geworden ist: Ein Fehler kann einen gewählten politischen Amtsträger um seine Existenz bringen – ein Risiko, das immer weniger bereit sind einzugehen.
Das Angst-Szenario für den langjährigen Salzburger Bürgermeister ist am Dienstag ein Stück näher gerückt: Die Generalprokuratur – quasi der höchste Staatsanwalt der Republik – hat empfohlen, die Schuldsprüche gegen Schaden und sechs weitere Angeklagte, die Berufung eingelegt hatten, zu bestätigen (siehe unten).
Entschieden ist noch nichts, aber der OGH ist dem so genannten Croquis der Generalprokuratur schon oft gefolgt. Schaden hofft weiter auf die Höchstrichter: „Keiner der Betroffenen hat aus der Übertragung der Swaps persönlich profitiert, wir waren alle überzeugt, das Richtige zu tun.“
Was Schaden da sagt, war 2017 vor Gericht unumstritten – und gerade deshalb ist der Fall für seine Amtskollegen so beunruhigend: Wird Schaden schuldig gesprochen, kann der Geschädigte (das Land Salzburg) Regress fordern. Wenn ihn nicht schon die Anwaltskosten in den Ruin stürzen, dann sind es spätestens die Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe.
"Massiv abschreckend"
Wiens Bürgermeister und Städtebund-Chef Michael Ludwig erkennt einen gefährlichen Trend: „Die Verurteilungen gegen Politiker auf Gemeindeebene nehmen stark zu, auch die Haftung ist stark angewachsen.“ Dazu kommt, dass neue Gesetze und die laufende Rechtsauslegung für viele nicht zu überblicken sei.
Dass es da schwierig wird, für dieses Amt – das ohnehin nicht allzu üppig bezahlt ist – noch Anwärter zu finden, liegt auf der Hand. Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger meint gar, der Fall Schaden sei „massiv abschreckend“ – man müsse fürchten, ständig „mit einem Fuß im Kriminal zu stehen“.
So sieht es auch Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl: „Bürgermeister werden gewählt, um Entscheidungen zu treffen, und mit diesen Entscheidungen stehen sie tagtäglich auf dem Prüfstand. Aber was da abgeht, wird langsam unerträglich.“ Und da spricht er noch gar nicht über Finanzspekulationen – sondern auch über Hechtbisse und herabfallende Gegenstände, für die ein Ortschef privat haften könnte (siehe unten).
Sicherheitsnetz fehlt
Manager sind meist über das Unternehmen, für das sie Entscheidungen treffen, haftpflichtversichert. In den Kommunen ist diese „Fürsorgepflicht“ aber keine Selbstverständlichkeit.
Der Gemeindebund erarbeitet mit der Versicherungswirtschaft gerade ein Rechtsschutz-Modell. „Persönliche Bereicherungen etwa bei Korruption oder Amtsmissbrauch sind nicht drinnen, die sollen natürlich mit aller Härte strafrechtlich verfolgt werden. Aber wenn es um politische Entscheidungen geht, die sich im Nachhinein als falsch herausstellen, braucht es einen Rahmen, um unbeschadet herausgehen zu können“, erklärt Riedl.
Hechtbisse und Steinschläge
Wie schnell Bürgermeister den Schwarzen Peter ziehen können, zeigt auch ein Fall aus Hofstetten-Grünau in NÖ. Ein Bub war in einem Badeteich von einem Hecht gebissen worden, das Kind musste mehrmals operiert werden. Weil das Gericht den Ortschef als Tierhalter einstufte, musste die Gemeinde das Schmerzensgeld in Höhe von 14.000 Euro zahlen.
In Eggenburg drohte dem Bürgermeister 2009 ein Urteil wegen fahrlässiger Tötung. Eine Frau war in einem Naturlehrpfad von einer Sandsteinplatte erfasst und getötet worden. Der Politiker wurde freigesprochen.
Der Fall Schaden: Die Vorgeschichte
Die Stadt Salzburg hat 2007 negative Swaps an das Land übertragen; das war angeblich ein Deal zwischen SPÖ-Stadtchef Heinz Schaden und Ex-SPÖ-Landesrat Othmar Raus. Sie und fünf weitere Angeklagte wurden 2017 auf diesem Nebenschauplatz des Finanzskandals schuldig gesprochen – Schaden wegen „Beihilfe zur Untreue“, da nicht seiner Stadt, sondern dem Land ein Schaden entstanden sein soll.
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