Omikron: Impfgremium empfiehlt vierte Impfung
Die Omikron-Variante könnte bereits in der kommenden Woche das Kommando übernehmen und rund um den Jahreswechsel wieder zu steigenden Fallzahlen führen. In der sogenannten Anwendungsempfehlung des Nationalen Impfgremiums (NIG) von gestern Abend, 23.12., heißt es dazu: "Ernstzunehmende Prognosen lassen zu Jahresbeginn 2022 eine deutliche Zunahme an Fällen erwarten – verursacht durch die Omikron-Variante."
In der Ampel-Kommission geht man davon, dass die Omikron-Variante bereits in der kommenden Woche die dominante in Österreich werden könnte. Simulationen zeigen, dass bereits demnächst Fallzahlen wie am Höhepunkt der letzten Welle (rund 15.000 Fälle) eintreten könnten.
Als Mittel der Wahl, die Pandemie hierzulande in den Griff zu bekommen, nennt das NIG neben Abstand halten, Maske-Tragen und konsequentem Testen, einmal mehr die Impfung.
Erstmals wird die vierte Impfung empfohlen - wenn vorerst auch nur in speziellen Ausnahmefällen.
Dass Omikron schön langsam das Infektionsgeschehen übernimmt, sieht man anhand der Zahlen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). In der Kalenderwoche 47 gab es sechs Omikron-Fälle und 12.165 Delta-Fälle in Österreich. In der Kalenderwoche 50 waren es bereits 522 Omikron-Fälle, die Delta-Fälle gingen auf nur noch 5.369 zurück. Die Varianten Alpha, Beta und Gamma spielten in Österreich kaum mehr eine Rolle.
Gefahr für das Gesundheitssystem
Unklar sind derzeit allerdings noch die Auswirkungen auf die Spitäler. Die Ampel-Kommission warnt aber, dass die Belagsstände auf Intensiv- und Normalstationen aufgrund der vierten Epidemiewelle nach wie vor eine hohe Belastung aufweisen, die sich langsam reduziert, so dass neuerliche starke Zugänge "nicht ohne Versorgungseinschränkungen bewältigt werden könnten".
Eine Überlastung des Gesundheitssystems sei "eine realistische Gefahr".
Vierte Impfung
Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil hat in einem Interview vor drei Tagen offen von der vierten Impfung gesprochen. März/April werde es seiner Meinung nach soweit sein, dass man sich eine auf Omikron adaptierte Impfung abholen könne.
Nun empfiehlt das Impfgremium erstmals den vierten Stich. Eine allgemeine Empfehlung wird "mangels wissenschaftlicher Daten" zwar noch nicht ausgesprochen.
Aber: "In Anbetracht einer drohenden Omikron-Welle kann diese jedoch in Hochrisikobereichen (zB. exponiertes Gesundheitspersonal) sowie in systemkritischen Bereichen ab 6 Monaten nach der 3. Impfung angeboten werden. Eine weitere Impfung soll in diesen Fällen nur nach ärztlicher Individual-Einschätzung und auf Wunsch der zu impfenden Person erfolgen (off-label). Es gibt noch keine Evidenz, dass diese zusätzliche Impfung Infektionen vermeiden kann. Es ist jedoch davon auszugehen, dass damit schwere Erkrankungen vermieden werden können."
Booster: Nicht so streng sein
Generell fordert das NIG ein, Impfungen mit "hoher Flexibilität" zu begegnen. Bei der Booster-Impfung, also dem dritten Stich, sollten "impfwillige Personen beim Impftermin nicht abgewiesen werden, auch wenn im Einzelfall empfohlene Impfintervalle um einige Tage nicht eingehalten werden können."
Kinder-Booster
Außerdem können Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren den dritten Stich off-label in Ausnahmefällen nach ärztlicher Individualeinschätzung auf ihren Wunsch bzw. den Wunsch ihrer Obsorgeberechtigten bereits vier Monate nach dem Zweitstich erhalten. Empfohlen ist der Drittstich über zwölf sechs Monate nach dem Zweitstich. Für Über-18-Jährige empfiehlt das NIG den Drittstich ausdrücklich bereits vier Monate nach der zweiten Impfung.
Dazu wurde das Vakzin Novavax - der erste Corona-Impfstoff auf Protein-Basis - in die Liste der zugelassenen Stoffe aufgenommen. Er kann bei Menschen über 18 in zwei Dosen im Abstand von drei Wochen (Intervall 16 bis 45 Tage) eingesetzt werden und ist vor allem für Erstimpfungen bzw. für Patienten mit Kontraindikationen zu den anderen bisher zugelassenen Impfstoffen gedacht.
Derzeit Lage entspannt wie lange nicht
Vorerst ist die Lage entspannt wie lange nicht. Das Burgenland wurde auf der Ampel auf "gelb" geschalten, was nur noch mittleres Risiko bedeutet. Neben Wien sind Niederösterreich, die Steiermark, Salzburg und der Gesamtstaat orange.
Das bedeutet, laut dem aktuellen Zahlenmaterial erfüllen nur noch knapp Oberösterreich und Kärnten und deutlich Tirol und Vorarlberg die Kriterien für die Einstufung in die rote Zone des sehr hohen Risikos. Ausschlaggebend dafür ist die Risikozahl, die neben den Neuinfektionen auch Alter der Betroffenen und Impfstatus berücksichtigt. Unter 50 ist man im gelben Bereich, was das Burgenland mit 45,9 schafft. Bis 100 geht die orange Zone des hohen Risikos, in der Wien nun neue Gesellschaft erhält, und darüber beginnt der Höchstrisiko-Sektor. Den schlechtesten Wert weist Vorarlberg mit 212,6 auf. Nicht viel besser liegt Tirol mit 195.
Noch ist der Trend in sämtlichen Bundesländern fallend und das deutlich. Auch in allen Bezirken gingen die Fallzahlen in den vergangenen zwei Wochen nach unten und das praktisch überall im zweistelligen Prozentbereich. Was die rohe Sieben-Tages-Fallzahl angeht, sind mittlerweile sechs Bezirke im Burgenland sowie Murau und Korneuburg unter der früher magischen Grenze von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner angelangt. Verhältnismäßig die wenigsten (aufgedeckten) Neuinfektionen gab es in Eisenstadt-Stadt. Noch immer sehr hoch, wenn man das baldige Eintreffen der Omikron-Welle bedenkt, ist die Inzidenz in Vorarlberg mit knapp 346.
Dabei wird im "Ländle" nicht gerade viel getestet. Mit 45.000 Tests auf 100.000 Einwohner hat man hier den zweitniedrigsten Wert nach Tirol. Zum Vergleich: In Wien wurden über 119.000 Testungen auf 100.000 Einwohner vorgenommen. Allerdings wurden anders als in den vergangenen Wochen in der Bundeshauptstadt nicht mehr so viele asymptomatische Erkrankungen entdeckt. Mit einem Anteil von 37 Prozent liegt man zwar noch an der Spitze, aber mit dem Burgenland gleichauf und nur knapp vor Niederösterreich. Was die Abklärung der Fälle angeht, konnte bundesweit bei 58 Prozent der Infektionen der Ursprung geklärt werden. Einzig Vorarlberg mit 41 Prozent weist einen deutlich unterdurchschnittlichen Wert auf. Im "Ländle" wird auch weiterhin das größte Systemrisiko an den Intensivstationen angenommen.
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