Oje, die Gams: Kitzbühel streitet um sein berühmtes Logo

 Oje, die Gams: Kitzbühel streitet um sein berühmtes Logo
Die Chefin des Rasmushof an der Streif hat über 4.000 Unterschriften gegen das „Rebranding“ der Ortsmarke gesammelt. Kitzbühel verliere aber nicht nur seine Gams, sondern auch Gäste

Signe Reisch gilt als Grande Dame der Kitzbüheler Hotellerie. Ihre Familie prägte die Stadt im Tiroler Unterland wie keine andere. Urgroßvater Franz Reisch brachte den Skisport in den Ort und schuf damit die Basis für die Entwicklung zum Wintertourismusort. 

Er war, wie später auch sein Sohn,  Bürgermeister und gründete 1902 den Kitzbüheler Skiclub (KSC), der seit jeher die Hahnenkamm-Skirennen organisiert. Haben die besten Abfahrer der Welt die Streif bezwungen, schwingen sie auf dem Areal direkt vor dem Rasmushof von Signe Reisch ab, den sie nun seit 50 Jahren führt. 

Mit Kitzbühel eng verknüpft

Vielmehr Tradition und familiäre Verwobenheit mit dem Tourismus in der Gemeinde geht nicht. Dass die 68-Jährige mit einem im Juni vom Tourismusverband, dem sie selbst mehrere Jahre vorstand, vollzogenem „Rebranding der Marke Kitzbühel“ fremdelt, erstaunt wenig. Und sie ist damit nicht allein.

 Oje, die Gams: Kitzbühel streitet um sein berühmtes Logo

Signe Reisch führt den Rasmushof in Kitzbühel seit 50 Jahren

Der neue Werbeauftritt hat die sinnbildlich für Kitzbühel stehende Gams ihren Kopf bzw. ihren Körper gekostet. Vom weltberühmten roten Logo des Malers Alfons Walde ist nur noch das stilisierte Haupt des Tiers geblieben. „Ich werde sicher nicht ruhen, bis dieser Kopf wieder Geschichte ist“, erklärte Reisch am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.

Bei der präsentierte die Hotelbetreiberin eine Petition, für die sie in den vergangenen Wochen 4.337 Unterschriften gesammelt hat – von beinahe jedem 10. Kitzbüheler, aber auch von Unterstützern weit über die Stadt hinaus. So unter anderem von Ski-Legende Franz Klammer

 Oje, die Gams: Kitzbühel streitet um sein berühmtes Logo

„Wir wollen die originale Kitzbüheler Gams zurück“, lautet die Forderung, die am Mittwoch allerdings kein Vertreter des Tourismusverbands entgegennehmen wollte. 

Markenwert vernichtet?

Die Gastwirtin legt auch eine Stellungnahme des European Brand Institute vor, wonach das klassische Logo einen Wert von „zumindest 30 Million Euro, der auch Richtung 100 Millionen Euro und mehr gehen kann“ hat. Ein Wert, den Reisch nun vernichtet sieht. 

„Die Gams war nie weg“, sagt hingegen Christian Harisch, Tourismusobmann von Kitzbühel und als solcher Nachfolger von Reisch. „Wir haben die Gams für alle Zeiten exklusiv für Kitzbühel gesichert.“ 

 Oje, die Gams: Kitzbühel streitet um sein berühmtes Logo

Der neue Schriftzug mit dem kritisierten Gamskopf darüber

Gemeint ist, dass dem Erben des Logo-Schöpfers Alfons Walde nach zweijährigen Verhandlungen die Rechte an der roten Gams im Juni abgekauft wurden. In der Folge habe man einen neuen Markenauftritt entwickelt, zudem auch ein neuer Schriftzug gehört. In dem ersetzt der Gamskopf die Ü-Striche in „Kitzbühel“. 

Abseits davon werde aber weiterhin die ganze Gams als Logo ebenso verwendet – jeweils abhängig ob etwa analog, digital, regional oder international.

Der Streit um das Logo scheint aber auch emotionales Symbol für einen Konflikt im Ort zu sein, der viel tiefer geht: Jener um die künftige touristische Ausrichtung der Stadt. „Ich bin Kitzbühelerin mit Herzblut und halte die Tradition hoch“, sagt Reisch.

„Wir Familienbetriebe sind die Säule des Orts“, steht zudem für sie fest. Der Tourismus würde nicht nur seine Gams verlieren, sondern auch Gäste, moniert die Unternehmerin.

Weniger Gäste und Nächtigungen

Im Vergleich zur Vor-Corona-Sommersaison 2019 etwa habe Kitzbühel Tourismus heuer über 17.000 Gäste weniger verzeichnet. Damit einher geht ein Verlust von über 85.000 Nächtigungen, was ein Minus von 18,4 Prozent bedeutet. „Da sind wir an letzter Stelle bei den Tourismusverbänden“, erklärt Reisch.

Für Harisch sind nicht die Nächtigungszahlen die heiße Währung, wenn es um den Erfolg der Destination geht. Diese Zahlen würden nämlich nicht berücksichtigen, wenn Betriebe schließen, nicht mehr touristisch genutzt werden oder etwa gerade wegen Umbauarbeiten geschlossen sind. Zusätzlich bleibe der erzielte Preis pro Nächtigung dabei außer Acht.

„Kitzbühel macht im Jahr annähernd 500 Millionen Euro touristischen Gesamtumsatz. Damit sind wir eine der erfolgreichsten Tourismusdestinationen  in den Alpen“,  sagt Harisch, der selbst mehrere Hotels mit über 1.000 Betten im Ort betreibt.

Harisch gesteht aber ein: „Unser Image hat ein wenig gelitten. Deswegen haben wir gesagt, wir müssen uns als Destination auffrischen.“ Darum auch der neue Markenauftritt. Der habe, bei einem Budget des Tourismusverbands von 15 Millionen Euro, 460.000 Euro gekostet. Die Erwerbskosten der Gams-Rechte in etwa gleich viel.

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