Kitzbühel: Die ruhige Seite der Streif

Nur 8.300 Einwohner zählt der Nobel-Skiort in den Kitzbüheler Alpen. Man sagt, Kitzbühel ist für  München wie die Hamptons für New York.
Viele verbinden Kitzbühel mit Party, Glanz und Glamour. Doch 51 Wochen im Jahr ist Ruhe und Entspannung angesagt.

Kitzbühel kennt ja eigentlich fast jeder – zumindest aus dem Fernsehen. In der dritten Jänner-Woche eines jeden Jahres sehen Millionen vor den TV-Geräten die Tausenden Menschen entlang der Pisten, rauschende Partys in der Innenstadt, Glanz und Glamour bei den vielen Side-Events. Es scheint, als wäre Kitzbühel irgendetwas zwischen der Weißwurstparty beim Stanglwirt in Going, der singenden Rosi Schipflinger in ihrem berühmten Wirtshaus und nicht enden wollenden Nächten in der Disco „Take Five“, in der zumindest früher auch die Teilnehmer des Hahnenkammrennens bis in die Früh abgetanzt haben sollen.

Ruhe statt Partys

Doch Kitzbühel ist anders, und davon soll hier die Rede sein. Keine wilden Après-Ski-Partys, kein Trubel während der Sommermonate. Kitzbühel ist ruhiger und entspannter als viele glauben. Der vielleicht bekannteste Skiort in den österreichischen Alpen hat in den vergangenen zehn Jahren viel investiert, mehr als 300 Millionen Euro alleine in die Bergbahnen. Kaum ein Lift ist ohne Sitzheizung, die Liftsessel sehen aus wie Sportsitze teurer Autos, die flotte Geschwindigkeit sorgt dafür, dass man sich kaum noch irgendwo anstellen muss. Mit Ausnahme von zwei Verbindungsliften zwischen dem Pass Thurn und Jochberg sind die Gondeln und Sessellifte auf dem neuesten Stand. Einer davon, der Trattenbachlift, zuckelt jedoch derart gemütlich neben einer beeindruckenden Felswand, dass man fast glauben könnte, Toni Sailer würde einem als Liftwart am Gipfel erwarten. Zurücklehnen, die Aussicht genießen, entspannen.

Kitzbühel: Die ruhige Seite der Streif

Skisessel wie Sportsitze – mit Heizung und der berühmten Gams über den Köpfen.

Atemberaubend ist hingegen die sogenannte 3S-Bahn. Sie führt von einer Bergspitze quer über ein Seitental mehr als 3,7 Kilometer lang auf eine andere Spitze – mit nur einer einzigen Stütze. Höchster Luftstand ist 400 Meter, wer nicht schwindelfrei ist, sollte nicht die Gondel mit der Nummer 1 nehmen. Sie hat teilweise Glasboden. Das jüngste Prunkstück ist die neue Fleckalmbahn, die seit diesem Winter von Kirchberg auf den Hahnenkamm führt. Die sogenannte „Skisafari“ ist damit noch bequemer zu fahren. Sie führt vom östlichsten zum westlichsten Punkt des Skigebiets und ist an einem Tag hin und zurück schaffbar.

Kitzbühel: Die ruhige Seite der Streif

92 Pisten mit insgesamt 188 Kilometern erwarten die Skifahrer in der Region Kitzbühel-Kirchberg. 90 Prozent davon sind leicht bis mittel.

Rund um die Mausefalle

Und dann gibt es die Streif, diese sagenumwobene Abfahrt vom Gipfel des „nur“ 1.670 Meter hohen Hahnenkamms bis beinahe ins Zentrum von Kitzbühel. Sie hat große Sieger hervorgebracht und Karrieren nach schweren Stürzen beendet. Sie ist vielleicht nicht die schwierigste, aber die berüchtigtste Abfahrtsstrecke der Welt. Für den Hobbyskiläufer ist sie relativ problemlos zu bewältigen. Die Mausefalle kann großräumig umfahren werden, der Steilhang ebenso, selbst den berühmten Ganslernhang zum Schluss kann man per Familienabfahrt meiden. Vorbei geht es – wenn man  möchte – an der Seidlalm, einer der  historisch bedeutsamsten Skihütten im Alpenraum. Hier wurde vor 50 Jahren der Ski-Weltcup erfunden. Vorbild für drei Herren aus England, Frankreich und den USA war der Fußball-World-Cup 1966 in England. Auf der Seidlalm wuchs Hansi Hinterseer auf, heute wird sie von drei jungen Damen geführt und ist wieder eine Empfehlung.

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Auf der Seidlalm wurde der Weltcup erfunden.

Am Ende der Streif wartet der von Tourismuschefin Signe Reisch geführte Rasmushof  auch zum Eislaufen auf dem hoteleigenen Eislaufplatz. Fantastisch ist das Hüttenangebot am Hahnenkamm: das Hahnenkammstüberl (gut und günstig), die Sonnbühel (Haubenküche mit Top-Weinen), die „Hochkitz“ (Sonnenterrasse) und auf Jochberger Seite die Bärenbadalm (schon ab dem Frühstück und mit herrlicher Aussicht).

Abseits der Piste

Wer von dieser Hütte den Blick über die verschneiten Grasberge der Kitzbüheler Alpen schweifen lässt, wird an den bekanntesten Künstler der Region erinnert. Alfons Walde (1891-1958) malte wie kein anderer Winterlandschaften und Wintersportler. Er entwarf auch die berühmte Kitzbüheler Gams, die seither das Markenzeichen der Kitzbühel-Werbung ist. Und er ist heute noch für das bunte Stadtbild mitverantwortlich.

Weil alle Häuser grau waren, setzte Alfons Walde sich sehr für neue Farben ein. Die meisten Häuser tragen bis heute die von Walde ausgewählten Farben. Im „Museum Kitzbühel“ im Ortskern ist Alfons Walde eine Dauerausstellung gewidmet.

Einkaufen, essen und relaxen

Die Kitzbüheler Innenstadt lädt im Advent zum Weihnachtsmarkt ein, ganzjährig zum Shoppen mit vielen internationalen Luxus-Labeln, aber auch mit den in Kitzbühel ansässigen Marken Frauenschuh und Sportalm (beide auch mit Ausverkaufs-Outlets zu stark reduzierten Preisen). Oder zum guten Essen. Vor wenigen Tagen hat im komplett modernisierten 5-Sterne-Hotel „Weißes Rössl“ ein Pop-up-ZUMA-Restaurant eröffnet, das erste im deutschsprachigen Raum mit feinster japanischer Küche.

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Japanische ZUMA-Küche, die man aus Weltmetropolen kennt, gibt es nun auch in Kitzbühel.

Wer eine schnelle Pizza möchte, geht in die „Hosteria“, moderne Küche bietet das „Chizzo“ (jetzt auch mit cooler Bar im Keller), das beste Schnitzel soll es im „Landhäusl“ geben. Die Geheimtipps wie das „Bärenbichl“ in Jochberg gibt es auf der Karte nebenan. Wer nicht Skifahren will, kann in Kirchberg unter Flutlicht Nachtrodeln, den Tierpark in Aurach besuchen oder in einem der großen Hotels (zum Beispiel im Arosa oder im Kempinksi) einen Tag im Spa  einchecken.

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Die Sonnbühel-Alm (rechts) bietet Haubenküche auf 1.700 Meter Seehöhe, freitags sogar bis 23 Uhr.

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Buchtipp: "Kitzbühel" von Markus Mitterer, 227 Fotografien, 55 Euro.

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Im Hotel Arosa kann man sich als Tagesgast für den Spa-Bereich einmieten.

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