OGH-Urteil bremst viele Einsatzfahrten bei Rot ein

Symbolbild Polizei
Die Wiener Polizei droht deshalb intern mit hohen Strafen, der ÖAMTC sieht Einsatzfahrten generell in Gefahr.

Polizei, Rettung und Feuerwehr haben im Einsatz immer Vorrang, auch wenn eine Ampel Rot zeigt - so lernt es jeder Fahrschüler. Doch das ist offensichtlich falsch. Ein neues OGH-Urteil schränkt die Rotfahrten jetzt erheblich ein. Nun gehen die Wogen hoch: Der ÖAMTC sieht Einsatzfahrten generell in Gefahr und die Wiener Polizei will bereits drakonische Strafen von ihren Beamten einheben. 

Mehrere Unfälle mit Funkstreifen

Sechs schwere Unfälle mit Personenschaden hat es heuer bereits bei Rotlichtfahrten alleine in der Bundeshauptstadt gegeben, heißt es bei der Landespolizeidirektion (LPD). Deshalb könnte in solchen Fällen nun eine Disziplinarstrafe von 1.000 Euro eingehoben werden. 

OGH-Urteil bremst viele Einsatzfahrten bei Rot ein

Polizei-Unfall in Wien

"Lenker von Einsatzfahrzeugen haben natürlich die einschlägigen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, insbesonders §26 StVO, zu beachten sowie die geltenden Dienstvorschriften bezüglich Lenken von Dienst- und Einsatzfahrzeugen", erklärt ein LPD-Sprecher. Im ersten Halbjahr habe es insgesamt 14 selbst (mit-)verschuldete gröbere Unfälle mit Funkstreifen gegeben, in einem Fall soll nun erstmals die Strafe verhängt werden, weil "ein Bediensteter bei Rotlicht der Ampel im Zuge der Einsatzfahrt nicht angehalten haben soll und dann einen Verkehrsunfall verursachte".

Aktuell ist auch der Zentralausschuss im Innenministerium mit der Causa befasst. Kritisiert wird die hohe Strafe beim ersten Vergehen, außerdem eine Ungleichbehandlung, weil die Geldbuße nur in Wien verhängt werden soll. Anfang August ist dazu bereits ein klärendes Gespräch zwischen Polizeigewerkschaft und der LPD geplant. 

Einsatzfahrten werden problematisch, warnt der ÖAMTC 

"Tatsächlich besteht bei der Einfahrt in Kreuzungen bei Rotlicht für Einsatzfahrzeuge ein Anhaltegebot. Der Lenker darf erst dann weiterfahren, wenn er sich davon überzeugt hat, dass keine Menschen gefährdet oder Sachen beschädigt werden", erklärt Matthias Nagler, ÖAMTC-Verkehrsjurist und Johanniter-Einsatzfahrer. 

"Dabei handelt es sich hauptsächlich um ein besonderes Rücksichtnahmegebot. Andere Straßenbenützer haben dem Einsatzfahrzeug Platz zu machen und dürfen vor ihm nicht in die Kreuzung einfahren – ein absoluter Vorrang des Einsatzfahrzeuges besteht auf ampelgeregelten Kreuzungen jedoch nicht, nur auf ungeregelten."

Aber die neue Rechtsprechung geht laut dem neuen OGH-Urteil zu einem Unfall an der Kreuzung Hernalser Gürtel/Hernalser Hauptstraße sogar davon aus, dass überhaupt nicht in die Kreuzung eingefahren werden darf, wenn von der Haltelinie aus nicht die gesamte Verkehrslage überblickt werden kann – nicht einmal ein Hineintasten wäre nach dieser Auslegung zulässig.

"In der Praxis ist die restriktive Rechtslage durchaus problematisch: insbesondere in Verbindung mit der jüngeren Rechtsprechung würde nahezu jede Einsatzfahrt ad absurdum geführt werden, da im städtischen Bereich auf Grund der schlechten Sichtverhältnisse meistens ein vorsichtiges Hineintasten in die Kreuzung notwendig ist",  kritisiert Nagler. "Erfahrungsgemäß führt auch das Anhalten bei übersichtlicheren Kreuzungen eher zu Verwirrung bei anderen Verkehrsteilnehmern, da die Rechtslage vermutlich kaum jemandem außerhalb der Einsatzorganisationen bekannt ist."

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