Ab November 2024 heißt es für den Personen- und Güterverkehr zwischen Salzburg und Kärnten: Nichts geht mehr. Der 114-jährige ÖBB-Tauerntunnel wird für acht Monate generalsaniert und komplett gesperrt.
Am Montag dieser und der vergangenen Woche hieß es deswegen vonseiten der ÖBB: Bürgermeister und Touristiker auf beiden Seiten des Tunnels über die letzten Details zu informieren. In Mallnitz und Bad Hofgastein kam es zu Informationsveranstaltungen, wie die Sperre der wichtigsten Zugverbindung zwischen den Bundesländern im Detail aussieht.
Lesen Sie im Folgenden:
Warum die Sperre 10 Tage länger als geplant dauert
Warum die ÖBB-Tauernschleuse vor dem restlichen Zugverkehr fahren darf
Wie die Lösung für Jahreskartenbesitzer der Tauernschleuse aussieht
Warum Kunden nicht mehr den 10-fachen Ticketpreis für den 18-fachen Umweg zahlen
Was dies für Radreisende bedeutet
Und: Wann die nächste Sperre droht
War bisher immer die Rede davon, dass der 8.371 Meter lange Tauerntunnel von 18. November bis 4. Juli gesperrt wird, ist in der Präsentation ein anderes Enddatum genannt. Der 14.Juli.
Tauernschleuse darf früher fahren
Dies lässt sich so erklären: Die Komplettsperre des Tunnels dauert bis 4.Juli. Ab 5. Juli gibt es dann einen eingleisigen Betrieb, der aber nur für die ÖBB-Tauernschleuse, einen Autoüberstellzug zwischen den Bundesländern, gilt. Alleine bei der Tauernschleuse wird laut ÖBB in der Zeit der Sperre ein Umsatzverlust von 3,2 Millionen Euro befürchtet.
"Die Schleuse ist mit dem Beginn der Kärntner Sommerferien in Betrieb. Ab 14. Juli ist der Tunnel dann wirklich wieder komplett offen", erklärt ÖBB-Sprecherin Rosanna Zernatto-Peschel.
"Uns ist bewusst, dass die acht Monate dauernde Sperre ein erheblicher Einschnitt für die Regionen ist, dessen negative Auswirkungen wir nicht komplett kompensieren können", erklärte auch Reinhard Wallner, ÖBB-Regionalmanager für Kärnten in der vergangenen Woche.
Keine Mitnahme für Fahrräder
Negative Folgen, die Touristiker als "existenzgefährdend" beschreiben. "Ich betreibe einen Campingplatz und ein Chaletdorf. Der Camper kommt nun einmal mit dem Auto, was ohne Tauernschleuse von Salzburg aus nur mit einem riesen Umweg möglich ist", sagt Unternehmer Toni Glantschnig aus Mallnitz.
Doch nicht nur fehlende Camper bereiten den Mallnitzern Sorgen. Denn während der Sperre kommt eines komplett zum erliegen: Die Zugverbindung für Radfahrer, die vor allem auf dem Alpe Adria Ciclovia Radweg unterwegs sind. Denn der für Bahnfahrer geplante Schienenersatzverkehr zwischen Bischofshofen und Spittal an der Drau sieht keine Fahrradmitnahme vor.
Geschäft mit Radfahrern fällt weg
"Wir können über viele Punkte reden, aber bei gewissen fährt einfach die Eisenbahn drüber", sagt Wallner. Und bei den Radlern sei dies so. In den vergangenen Jahren sind die Pedalritter allerdings zur regelrechten Cash-Cow der Region geworden. 150 Räder sollen täglich allein mit der Tauernschleuse transportiert werden.
Die Sanierung
des ÖBB-Tauerntunnels zwischen Mallnitz (Kärnten) und Böckstein (Salzburg) ist alternativlos. Durch den Druck des Berges ist im Tunnel auf einer Länge von rund 20 Metern ein Riss in der aus Granitgneis bestehenden Ausmauerung des Tunnelgewölbes entstanden. Bei diesem Riss trat auf Salzburger Seite Wasser des Höhkar-Baches ein, das im Winter zu Eisbildung geführt hat
1909 Errichtung
Der Tauerntunnel wurde im Jahr 1909 errichtet. Jener Tunneleinschnitt, bei dem es zum Wassereintritt kam, wurde seit 2018 durch eine laufende Messbeobachtung überwacht. Nachdem Anfang 2023 eine Erweiterung des Risses festgestellt wurde, kam es bereits heuer im April/Mai zu Sofortmaßnahmen in Form einer fünfwöchigen Sanierungssperre
50 Prozent der Nächtigungen im Mai, Juni und Juli in Mallnitz, aber auch in den Nachbarorten, wie etwa Obervellach, entfallen auf Radtouristen. "Diese Einnahmen werden uns wohl zu 80 Prozent ausfallen", sagt auch Günther Novak (SPÖ), Bürgermeister von Mallnitz. Man wisse, dass die Sperre alternativlos sei, aber für die Regionen sei sie eine enorme Belastung, erzählt der Ortschef.
Pendler und Therme als Problem
Wechsel auf die andere Seite des Tauerns. Nach Bad Gastein. Bürgermeister Gerhard Steinbauer (ÖVP) sieht vor allem zwei massive Probleme. Einerseits die Pendler, andererseits die Therme. "Wir haben viele Menschen aus dem Mölltal, die bei uns arbeiten. Etwa im Seniorenheim." Für Pendler bedeutet die Sperre des Tunnels, dass sie nicht mehr elf Minuten in das andere Bundesland benötigen, sondern gute zwei Stunden. In eine Richtung wohlgemerkt.
Betriebe in Bad Gastein haben für Betroffene bereits eigene Arbeitszeitmodelle entwickelt. Einige Betroffene haben dennoch bereits jetzt ihren Job gekündigt und eine neue Arbeitsstelle in Kärnten angenommen.
Sorgenkind Nummer 2: Die Felsentherme Bad Gastein. Die aufgrund ihrer perfekten Lage direkt gegenüber des Bahnhofes viele Gäste aus Kärnten anzieht. Als es bereits heuer zu einer ungeplanten fünfwöchigen Sperre des Tauerntunnels kam, brach der Umsatz von Zug-Gästen um 50 Prozent ein. "Wenn diese auch in den den 8 Monaten nicht kommen, dann wird es bitter", sagt Bürgermeister Steinbauer.
Schienenersatz im Gasteinertal von März bis Juli
Hinzukommt, dass das Gasteinertal mit dem Zug für ganze fünf Monate weder von Salzburg, noch von Kärnten aus erreichbar sein wird.
Von März bis Juli 2025 verkehrt zwischen Schwarzach St. Veit und Bad Gastein nur Schienenersatzverkehr. "Bei einer Baustelle dieser Dimension, versuchen wir auch rundherum so viel wie möglich instand zu setzen", lautet die Erklärung der ÖBB. Und so werden die Bahnhöfe Dorfgastein, Bad Hofgastein und Bad Gastein barrierefrei umgebaut. Zusätzlich Viadukte und der Lärmschutz erneuert.
Lösung für zehnfachen Ticketpreis wegen Sperre
Zwei gute Nachricht gibt es dann aber doch noch.
Erstens: Mussten Pendlern zwischen Kärnten und Salzburg bei der vorgezogenen Tunnelsperre im Frühling das zehnfache für einen 18-fachen Umweg zahlen, scheint hier nun eine Lösung gefunden. "Wir haben eine Lex-Tauerntunnel geschaffen. Der Ticketshop wurde so umprogrammiert, dass für die Fahrpreisberechnung die kürzere Strecke des Schienenersatzverkehrs herangezogen wird", erklärt Wallner.
Bei Jahreskarten-Besitzern der Tauernschleuse verlängert sich die Gültigkeit der Jahreskarte automatisch um jene Zeit, die in den Sperrzeitraum fällt.
Zweitens: Sollen Bahnreisende schneller an ihr Ziel gelangen, da Züge statt mit 100 km/h mit bis zu 160 km/h unterwegs sein können.
Wermutstropfen: Baustellenfreie-Zone wird der Tauerntunnel aber nicht. 2028/29 gibt es laut ÖBB die nächste Sanierung. Wie lange diese dauern wird, dazu könne man noch nichts sagen.
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