Notbremse für Eltern-Taxis: Diese Schulen verbannen Autos
SUV-Türe auf. Kind samt Schultasche raus. Abschiedsbussi auf die Wange. Fuß aufs Gas. Dieses Ritual wird sich in wenigen Tagen wieder vor den Schulen abspielen. Und zwar im Minutentakt. Das Resultat: ein Verkehrschaos. Das jene gefährdet, die die Chauffeure schützen wollen: die Kinder.
Viele Eltern fahren ihre Sprösslinge nämlich zur Schule, um sie vor den Risiken des Straßenverkehrs zu bewahren. Dabei übersehen sie, dass sie selbst Teil des Problems sind. Denn jedes zusätzliche Auto macht die Straße vor der Schule gefährlicher. Doch nicht nur die Sicherheit leidet. Sondern auch das Bewegungspensum der Kinder.
Immer mehr Gemeinden und Städte versuchen daher, die sogenannten Eltern-Taxis zu verscheuchen. Der KURIER hat den Überblick, wo es im heurigen Schuljahr für Autos eng wird und was die Maßnahmen leisten.
Schulstraßen: Das einschneidendste Mittel sind Fahrverbote – auch Schulstraße genannt. Sie funktionieren in der Regel so: Etwa eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn wird vor der Schule ein Teil der Straße für Kraftfahrzeuge abgeriegelt – oft mit Scherengittern.
In der Vereinsgasse in der Wiener Leopoldstadt dürfen in dieser Zeit nicht einmal Anrainer ein- und ausfahren.
Heute in einer Woche treten in Wien drei weitere Fahrverbote in Kraft: in der Gilgegasse am Alsergrund, in der Deckergasse in Meidling und in der Fuchsröhrengasse in Simmering. Letztere wird – und das ist für die Bundeshauptstadt eine Premiere – auch zu Unterrichtsende (15.30 bis 16 Uhr) gesperrt.
Innsbruck will nachziehen: Fünf Straßen werden derzeit geprüft, sagt ein Sprecher von Mobilitätsstadträtin Uschi Schwarzl (Grüne). Konkrete Schulstraßen-Standorte verrate man nicht – bis auf einen: „In der Angerzellgasse wollen wir im heurigen Schuljahr definitiv etwas machen.“
Bregenz sperrt Eltern-Taxis morgens und mittags vor dem Kindergarten St. Gebhard in der Holzackergasse und vor der Schule Weidach an der Adresse Im Roßhimmel aus.
Für Markus Gansterer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) eignen sich Schulstraßen sowohl dazu, das Verkehrschaos aufzulösen, als auch, die Kinder zum Gehen zu bewegen: „Wo Fahrverbote möglich sind, sind sie gegenüber anderen Mitteln zu bevorzugen.“
Damit sich der Hol- und Bringverkehr aber nicht bloß an die Scherengitter verlagert, brauche es Bewusstseinsbildung. Mit dem Ziel, Alternativen zum Auto schmackhaft zu machen.
Eltern-Haltestellen
Eine sanftere Variante sind eigene Parkplätze für Eltern-Taxis in Schulnähe (auch als Kiss-and-Go-Zone bekannt). Halten dürfen dort nur Lenker, die Schulkinder chauffieren.
Die Idee dahinter: Nicht Verbote, sondern Anreize halten die Autos vom Schultor fern. Und: Das Ein- und Aussteigen wird sicherer, weil die Eltern nicht auf der Straße halten und Nachkommende zu gefährlichen Überholmanövern verleiten. Außerdem gehen die Kinder auch bei diesem Modell mehr zu Fuß. Ein Risiko besteht aber: „Dass extra ein Parkplatz reserviert ist, kann erst recht motivieren, das Auto zu nehmen“, sagt VCÖ-Experte Gansterer.
Die Volksschule Krones in Graz, die Volksschule Mureck und sieben Schulen in Oberösterreich (Mondsee, St. Lorenzen-Tiefgraben, Pettenbach, Allerheiligen im Mühlkreis, Taufkirchen an der Pram, Brunnenthal und Stadl-Paura) bekommen heuer Eltern-Haltestellen.
Geh-Busse
Eltern, die ihren Kindern den Schulweg nicht alleine zutrauen, soll der Pedi- oder Geh-Bus zum Umdenken bewegen. Er funktioniert so: Die Kinder treffen sich an fix definierten Sammelpunkten (den „Haltestellen“) und gehen – oft in Begleitung von ehrenamtlichen Erwachsenen – gemeinsam zur Schule.
Dieses Modell ist vor allem am Land verbreitet. Die Vorteile: Es reduziert die Eltern-Taxis und die Kinder bewegen sich.
Kinder sollten ihren Schulweg bereits in den letzten Ferienwochen üben. Denn: „Es braucht sechs bis zehn Wiederholungen, bis alle Gefahrensituationen am Schulweg auch als solche erkannt werden“, sagt ARBÖ-Verkehrspsychologin Patricia Prunner.
Bei der Auswahl der Route ist zu beachten: Der kürzeste Weg ist nicht automatisch der sicherste. Als Faustregel gilt: Strecken mit wenigen Kreuzungen auswählen.
Beim Üben sollten Eltern und Kinder mögliche Gefahren entlang der Route gemeinsam ausfindig machen. Wichtige Lektion: Auch wenn die Ampel „grün“ zeigt, muss sich das Kind vergewissern, dass es die Straße gefahrenlos überqueren kann. Das gilt auch auf Zebrastreifen.
Der Schulweg sollte zur medienfreie Zone erklärt werden. Denn auf dem Handy zu spielen lenkt vom Verkehrsgeschehen ab. Achtung: Eltern sind Vorbilder und sollten diese Vorgabe auch selbst beherzigen. Regeln müssen immer einen Sinn ergeben. Daher sollte man Kindern genau erklären, warum ein bestimmtes Verhalten wichtig ist.
Erhöhte Sichtbarkeit steigert die Sicherheit – daher Warnwesten, reflektierende Schnappbänder oder Anhänger tragen.
Generell gilt: Kinder lernen durch Verstärkung und Lob für richtiges Verhalten. Drohungen oder Schimpfen verunsichern dagegen.
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